Ingolstadt
Es wird eng: Werdende Zwillingsmutter sucht verzweifelt Wohnung

Viele suchen Wohnungen besonders dringend die werdende Zwillingsmutter Roxane Porada

27.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Auf Wohnungssuche: Für Roxane Porada wird die Zeit knapp. In sieben Wochen erwartet sie Zwillinge, und ihr Mietvertrag in einer WG in Großmehring läuft zum 31. März aus. Eine neue Wohnung hat sie, trotz intensiver Suche, bislang nicht. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Wohnungsmarkt in Ingolstadt und Umgebung ist nach wie vor angespannt. Berichte von manchmal jahrelanger Suche sind oft zu hören. Auch wer auf einer Warteliste steht, braucht Geduld. In Fällen wie der werdenden Zwillingsmama Roxane Porada ist die Situation besonders dramatisch.

Das Angebot von Pro Familia ist vielschichtig. Die Organisation berät unter anderem schwangere Frauen in Notlagen. Immer wieder ist auch die Wohnungssuche Thema, berichtet Evi Tietmann von der Ingolstädter Geschäftsstelle. Sie erinnert sich an eine Mutter, die ihr drittes Kind nicht austragen wollte, weil ihre Wohnsituation es offenbar nicht zugelassen hätte. "Gruselig", nennt Tietmann das, ist es doch der Anspruch von Pro Familia, zweifelnden Frauen eher Mut und Zuversicht zu vermitteln, ein Kind zu bekommen.

Die Wohnsituation spielt freilich nicht die einzige, aber unter Umständen eine gewichte Rolle in den Beratungsgesprächen. Besonders, wenn die Mütter alleinstehend und finanziell nicht gut gestellt sind. Vor allem außerhalb von Ingolstadt wird es schnell schwierig. Die Mieten sind dort eventuell niedriger, aber nicht jede kann sich ein Auto leisten, um zum Beispiel zur Arbeit in die Stadt zu kommen. Dazu ist die Kinderbetreuung manchmal unzureichend, sagt Tietmann. Vor allem in Ingolstadt erkennt sie die Bemühungen um zusätzlichen Wohnraum durchaus an. Tatsächlich steht die Stadt nicht zuletzt wegen des Engagements der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) im Vergleich nicht schlecht da (siehe Kasten), allein die Situation sei für manche Betroffene dennoch immer wieder "katastrophal".

Im Augenblick beschäftigt sie etwa der Fall von Roxane Porada. Die 21-Jährige erwartet in sieben Wochen Zwillinge - und muss bis zum 31. März aus ihrer WG in Großmehring ausziehen. Das weiß sie natürlich nicht erst seit gestern, denn ihr Mietvertrag war auf zwei Jahre befristet. "Ich bin seit April 2015 auf Wohnungssuche", sagt Porada. So lange liege ihre Anmeldung auch dem Gundekar-Werk vor sowie längst auch der GWG.

Seit Porada von ihrer Schwangerschaft erfahren hat, durchforstet sie täglich Wohnungsinserate. "Ich bekomme aber nur Absagen oder gar keine Antwort", bilanziert sie ihre erfolglose Suche. Eigentlich habe sie genaue Vorstellungen für ihre neue Wohnung: Mindestens 55 Quadratmeter sollte sie haben - und am besten in Ingolstadt liegen. "Ich bin hier aufgewachsen", erzählt sie. Mittlerweile sehe sie sich aber angesichts des nahenden Geburtstermins in der ganzen Region um.

Die werdende Mutter vermutet, dass die Zwillinge viele Vermieter abschrecken. An ihrer finanziellen Situation könne es nicht liegen. "Es ist ja nicht so, dass ich kein Geld habe", betont die gelernte Fahrzeuglackiererin, die über eine Zeitarbeitsfirma bei Audi angestellt ist. "Ich verdiene gut und bekomme bald doppeltes Elterngeld." Sie sei bereit, eine Warmmiete von bis zu 800 Euro zu zahlen.

Mit ihrer Familie pflegt die 21-Jährige nach eigenen Angaben ein gutes Verhältnis - die Eltern könnten sie aber aus Platzgründen nicht aufnehmen. Große Unterstützung erfahre sie außerdem von ihren Freunden und einer Hebamme. "Alle stehen hinter mir und freuen sich auf die Kinder", sagt Porada. "Eine Wohnung kann aber niemand herzaubern."

Bei der GWG wird Roxane Porada aufgrund ihrer Situation mit "besonders hoher Dringlichkeit" eingestuft, betont Sprecherin Bianca Stein. Sie habe Ende September erneut einen Wohnungsantrag gestellt. Derzeit sind bei der GWG 3142 Wohnungsinteressenten vorgemerkt, davon 1216 mit Wohnberechtigungsschein. Sie haben Anspruch auf eine Sozialwohnung.

Laut Stein werden die Wohnungsanträge neben dem Zeitfaktor in verschiedene Dringlichkeitsstufen eingeteilt. Darüber hinaus beeinflussen die Angaben der Interessenten nach gewünschter Lage oder Größe der Wohnung das Vergabeverfahren. "Da uns täglich neue Wohnungsanfragen erreichen, wird die Vormerkliste immer wieder neu generiert, sodass es keinen festen Platz auf einer Warteliste gibt." Stattdessen, so Stein weiter, "entscheiden wir immer wieder nach der individuellen Situation".

Der Vielzahl von Wohnungsvormerkungen stehe eine Fluktuation oder Kündigungszahl von nur rund 30 Wohnungen pro Monat gegenüber. Aufgrund des sehr umfangreichen Neubauprogramms der GWG - in den nächsten Jahren entstehen rund 1900 neue Mietwohnungen - soll die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt dauerhaft entlastet werden.

Sollte Roxane Porada tatsächlich keine Bleibe finden, bleibt ihr nur, die Hilfe von Ludwig Diepold anzunehmen: "Der Großmehringer Bürgermeister hat angeboten, mir im äußersten Notfall zwei Container zur Verfügung zu stellen, die man zusammenschieben kann", sagt sie. Die 21-Jährige möchte ihren Zwillingen aber doch ein schönes Heim bieten und appelliert nun an die Nächstenliebe der Vermieter: "Ich bitte darum, nicht nur auf das Geld zu schauen, sondern auch an die Menschen zu denken."