"Es muss ein Zeichen gesetzt werden"

13.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:37 Uhr

Wiesen die Berufung Franz Josef Lerzers zurück: Der Vorsitzende Richter Peter Läpple (Mitte) sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Gerald Weber und Christine Greger - Foto: Luff

Greding/München (HK) Die unendliche Geschichte hat doch noch ein Ende gefunden: Der Fall Lerzer ist juristisch abgeschlossen. Der Gredinger Ex-Bürgermeister verliert endgültig seinen Anspruch auf Ruhestandsbezüge aus seiner Tätigkeit im Rathaus von 1996 bis 2007. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Berufungsverhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München gestern Vormittag hat zwar vergleichsweise lange gedauert, doch nichts wirklich Erhellendes zutage gefördert: Lerzer (56) war zum Zeitpunkt seiner 30 Unterschlagungen laut einem psychiatrischen Gutachten voll schuldfähig. Die Berufung, die sein Verteidiger Bernd Lippmann aus Pyrbaum deshalb angestrengt hatte, wies der Verwaltungsgerichtshof zurück. Im Oktober 2009 waren Lerzer bereits vom Verwaltungsgericht Ansbach seine Pensionsansprüche aberkannt worden. Zur Berufungsverhandlung kamen weder Lerzer noch ein Angehöriger, allerdings vier Gredinger als Zuschauer.

Ein wahrer Gerichtsmarathon findet mit der gestrigen Verhandlung ein Ende: Nachdem im Oktober 2007 Unregelmäßigkeiten in der Gredinger Stadtkasse entdeckt worden waren, wurde Franz Josef Lerzer seinerzeit erst suspendiert, dann im November 2008 vor dem Amtsgericht Schwabach zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten und einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt worden. Er hatte sich der Untreue in 30 Fällen schuldig bekannt, den Schaden bezifferte das Gericht auf rund 14 000 Euro.

Dem Straf- folgte ein Disziplinarverfahren, der Freistaat Bayern wollte den Wahlbeamten ebenfalls nicht ungeschoren davonkommen lassen und klagte auf Aberkennung der Pension. Die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren wurden im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung verwendet, sie sind laut Gesetz bindend. Zudem überstieg die Schadenssumme von 14 000 Euro die magische Grenze von 5000 Euro um fast das Dreifache, die Höchststrafe sei deshalb zwingend, wie der Verwaltungsrichter in Ansbach seinerzeit argumentierte. Dem folgte nach eingehender Erörterung nun auch das Berufungsgericht.

Bis zum jetzigen Abschluss des Verfahrens war das Ansbacher Urteil nicht rechtskräftig, Franz Josef Lerzer kassierte deshalb ein Ruhegehalt von monatlich 2420 Euro, wie Oberlandesanwältin Karin Siller, die Anklagevertreterin in München, ausführte. Hinzu kämen eine Erwerbsunfähigkeits- und eine Betriebsrente. Mit dem ersten Posten ist nun Schluss.

Lerzers Verteidiger Lippmann stützte seine Berufung im wesentlichen auf zwei Argumentationsstränge: Zum einen bezweifelte er, dass das Strafurteil als Basis für das Disziplinarverfahren dienen müsse. Zum anderen wollte er darlegen, dass der ehemalige Bürgermeister schon zum Zeitpunkt der Unterschlagungen psychisch derart angeschlagen war, dass er als vermindert schuldfähig zu gelten habe.

Eine wirkliche Beweisaufnahme habe es im Strafprozess nicht gegeben, kritisierte Lippmann: „Es gab keinen Zeugen, kein Schriftstück, nichts. Das Gericht hat keine eigenen Feststellungen getroffen.“ Im Protokoll sei außerdem nichts von einer Absprache vermerkt, die es aber gegeben habe. „Wir haben hier eine völlig verunglückte und nicht gut durchgeführte Dealerei“, hielt er nicht hinter dem Berg, was er von dem Prozess in Schwabach hält.

Dennoch hat Lerzer dort über seinen damaligen Anwalt ein Geständnis abgelegt, hielt der Vorsitzende Richter Peter Läpple in seiner Urteilsbegründung dagegen. Es gebe keine Anzeichen für ein fehlerhaftes Geständnis, umso mehr, da sich der Bürgermeister im November 2007 selbst angezeigt und nach dem Strafurteil die anfängliche Berufung zurückgezogen habe.

Blieb für Lippmann noch die verminderte Schuldfähigkeit wegen psychischer Krankheit. Dem widersprach jedoch der Gutachter Michael Osterheider, Professor für Forensische Psychiatrie. Lerzer sei „mittelgradig“ depressiv, doch das habe keinesfalls Auswirkungen auf seine Steuerungsfähigkeit. „Wenn man jemanden ein X für ein U vormacht, kann man klar denken“, brachte es der Gutachter nach langen Ausführungen auf den Punkt. Die Anklagevertreterin zog ihren Schluss daraus: „Lerzer hat sich aufgeführt wie ein Provinzfürst.“ Sie forderte: „Es muss ein Zeichen gesetzt werden gegenüber allen Wahlbeamten.“ Das sah das Gericht offenbar auch so.