In unserer Serie "Liebeserklärung" formulieren einige Künstler, Musiker und andere bekannte Persönlichkeiten ihre Gefühle. In dieser Folge schreibt die Designerin Ute Patel-Mißfeldt über ihre Liebe zu den Bürgern der Stadt Neuburg, ihrer neuen Heimat.
Neuburg (DK) Obwohl ich das kulturelle Programm dieser Region liebe, sind es vor allem die Menschen, die mein Herz hier halten. Es ist die Freundlichkeit der Neuburger, die mich besonders berührt, das hat sich vor allem nach dem Tod meines Mannes im September 2017 gezeigt. Spätestens dann sind mir wieder die Toleranz und enorme Offenheit bewusst geworden, die in diesem kleinen Städtchen herrschen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, wie viel Zuneigung man hier von den Menschen bekommen kann.
Schon als mein Mann und ich vor 35 Jahren nach Neuburg kamen, wurden wir mit Neugierde und offenen Armen empfangen. Mein Mann stammte offensichtlich aus einem anderen Land, er ist Inder. Sein Äußeres zog die Augen auf sich. Doch die Freundschaften, die wir hier schnell aufgebaut haben, die auch mein Mann aufgebaut hat, sind sehr schnell entstanden. Dass ich hier, und das muss ich so sagen, mit einem Menschen, der ein wenig dunklere Haut hatte, herkam, wurde von den Neuburgern immer ganz selbstverständlich akzeptiert. Ich habe nie gehört, dass man darüber negativ spricht. Im Gegenteil, schließlich wurde mein Mann mit überwältigender Mehrheit zum Stadtrat gewählt. Und das, obwohl wir auch als Paar immer auffielen. Schließlich trage ich oft sehr auffällige Hutkreationen, bin immer mal wieder im Sari unterwegs und nie der Norm entsprechend gekleidet. Doch uns schlug nie Ablehnung entgegen. Die Toleranz und die Akzeptanz der Menschen hier ist wirklich fantastisch, ganz so, wie wir es uns als überzeugte Humanisten immer gewünscht haben. Schließlich ist die Offenheit für uns eine der obersten Maximen. Viele meiner liebsten Erinnerungen spielen auf dem Wochenmarkt in Neuburg. Wenn ich früher in die Stadt fuhr und mein Mann mich fragte, wann ich denn heim komme, konnte ich ihm nie eine genaue Zeit sagen. Denn ich wusste, auf dem Wochenmarkt werde ich mit vielen Menschen reden. Die Neuburger kamen, und tun es immer noch, gerne auf mich zu, ständig lerne ich völlig unkompliziert neue Leute kennen. Bis heute liebe ich daher den Wochenmarkt und ich glaube, die Menschen auf dem Wochenmarkt liebten es auch, wenn ich kam.
Auch meine Kunst haben die Städter dieser kleinen Renaissance-Perle immer geschätzt, die zwei wunderschönen Schlösser und die historische Verbundenheit sind Teil meiner Inspirationsquelle. Das einzige, was ich manchmal vermisse, sind die malerischen Landschaften des Nordens, die hohen Himmel und klaren Farben und die einsamen Moore. Hier bei uns lässt sich die Natur schwer auf Seide oder mit Aquarellen einfangen. Doch in der malerischen Altstadt, der romantischen Abgeschiedenheit im Jagdschloss und mitten in dieser freundschaftlichen Umarmung der Bevölkerung fließt trotzdem unaufhörlich mein künstlerischer Ideenquell. Dadurch, dass wir hier alles haben, sowohl kulturell als auch zwischenmenschlich, habe ich niemals das Bedürfnis gehabt, in eine größere Stadt zu gehen.
An ein Erlebnis erinnere ich mich besonders gerne, da es mir auch die Hilfsbereitschaft der Menschen vor Augen führte, die hier leben. Es gab eine Zeit, als ich ein neues Domizil suchte, das hat sich in der Region schnell herumgesprochen. Einmal kam eine Frau auf mich zu, die mir ein Haus anbot, in dem ich wohnen könnte. Am meisten freute sich diese Dame, dass sie mir anbieten konnte, ihre Nachbarin zu werden, das hat mich sehr berührt. Auch diese Wohnung, einen Teil des Jagdschlosses Grünau in Neuburg, haben wir bekommen, weil ein Bekannter, dessen Enkel erfolgreich von meinem Mann operiert wurde, davon erfuhr, dass wir umziehen möchten, und uns angeboten hat, hier ein neues Zuhause zu finden. Von diesen Momenten der Herzlichkeit zehrt man lange.
Eigentlich, wenn ich nachdenke, besteht mein ganzes Leben aus solchen Geschichten. Es sind viele kleine Augenblicke, die dazu beitrugen, dass ich mich als ein Teil Neuburgs und der ganzen Region sehe und die Stadt mit meiner Kunst sehr gerne bereichere. Generell ist es wunderbar, hier Künstlerin zu sein, da man nicht alleine ist. Es besteht ein reger Austausch, auch in den anderen umliegenden Städten findet man die interessantesten Menschen, die Kunst schaffen. Obwohl ich in der ganzen Welt unterwegs bin, Kontakte zu den Großen in der Kunstwelt, sei es bildende Kunst, musikalischer Natur wie Oper und Konzert, oder Schauspiel habe, ist es immer wieder schön, in mein geliebtes kleines Neuburg als Rückzugsort zurückzukommen.
Aufgezeichnet von Anna Hecker.
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