Regensburg
"Es hat keinerlei Absprachen gegeben"

Christian Keller, Geschäftsführer des SSV Jahn Regensburg, sagt im Wolbergs-Prozess aus

01.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:32 Uhr

Regensburg (DK) In Regensburg geht der Prozess gegen den suspendierten Oberbürgermeister in die zweite Woche. Der Hauptangeklagte Joachim Wolbergs (SPD) hatte in der vergangenen Woche in einer fast fünfstündigen Rede seinen Standpunkt erklärt. In dieser Woche werden die ersten Zeugen gehört. Gestern begann das Gericht mit der Monate andauernden Beweisaufnahme.

Als erster von 65 Zeugen sagte Jahn-Geschäftsführer Christian Keller aus. Die Kammer untersucht, ob der angeklagte Bauunternehmer Volker Tretzel mit seinem finanziellen Engagement beim damals massiv verschuldeten SSV Jahn Regensburg die Gunst der Politik erkaufen wollte. Tretzel investierte in den knapp der Insolvenz entgangenen Verein über mehrere Jahre hinweg Millionenbeträge. Die Anklage wirft ihm vor, dies vor allem vor dem Hintergrund seiner Immobiliengeschäfte getan zu haben. Tretzel habe um die Bedeutung des Profifußballs für die Stadtspitze gewusst und durch sein Engagement die politische Führung beeinflussen wollen, lautet der Vorwurf.

Der Bauunternehmer hatte dem angeschlagenen Fußball-klub seit 2005 finanziell immer wieder unter die Arme gegriffen und ihn vor der Insolvenz bewahrt. Das Gericht interessierte sich besonders für die Zahlungen, die unter Wolbergs Regierung geleistet wurden. Die Anklage sieht einen Zusammenhang zwischen der Vergabe des Areals um die Nibelungenkaserne und Tretzels Engagement beim Zweitligisten SSV Jahn. Wolbergs hatte das bereits in seiner Eröffnungsrede bestritten. "Niemals hat es irgendein Junktim gegeben. Niemals!", sagte der suspendierte Stadtchef. Dem schloss sich Jahn-Geschäftsführer Keller inhaltlich an. Es habe nach seiner Kenntnis keinerlei Absprachen gegeben, sagte er in seinem selbstbewussten und zum Teil verbal sportlichen Auftritt vor Gericht. Er erklärte der Kammer den Profifußball, seine Position in der Gesellschaft und die Bedeutung der Politik als Türöffner zu Sponsoren und Investoren. Kellers Karriere als Sportmanager hängt eng mit dem Engagement Tretzels zusammen.

An Einzelheiten konnte sich der Sportmanager nicht immer erinnern. Wohl aber daran, dass er weder in einer der "hitzigen Aufsichtsratssitzungen", in denen die Spannungen zwischen den Aufsichtsgremien damals offen zu Tage traten, noch in Pausengesprächen je etwas gehört zu haben, das einen Zusammenhang zwischen Jahn Investment und den Immobiliengeschäften der BTT, also Tretzels Firma, zuließe. Der ehemalige CSU-OB-Kandidat Christian Schlegel hatte Ermittlern gegenüber andere Aussagen gemacht. Keller kann sich diese nicht erklären. Sowohl der Regensburger Stadtspitze als auch dem Investor sei es darum gegangen dem Klub eine neue Perspektive zu geben, so Keller. Wolbergs und auch sein Vorgänger Hans Schaidinger (CSU) hätten mit ihrem Engagement ein "politisches Signal" für Jahn setzen wollen.

Am 9. Oktober wird Jahn-Präsident Hans Rothammer selbst als Zeuge aussagen. Er hatte sich während der Ermittlungen öffentlich bei Wolbergs und Tretzel bedankt. "Ohne sie stünde der Jahn nicht dort, wo er heute steht."

Flora Jädicke