Landkreis Roth
"Es gibt nichts Erhabeneres"

Der Rednitzhembacher Glaskünstler Klaus-Leo Drechsel ist auch Experte für die Restauration von Kirchenfenstern

23.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:36 Uhr |
Matthias Hertlein
Höhenangst darf Leo Drechsel nicht haben und auch keine Schwindelgefühle. − Foto: Hertlein

Rednitzhembach - Klaus-Leo Drechsel, Künstler und Kirchenfensterrestaurator aus Rednitzhembach ist zweifelsohne ein gefragter Mann in der Region - und darüber hinaus. Auch nach knapp vierjähriger Tätigkeit in der katholischen Kirche St. Sebald. Der Künstler, nur Leo genannt, hat in der Goldschlägerstadt fast alle großen Kirchen in der Mangel gehabt, ist quasi der Kunstglaser der großen Schwabacher Kirchen. Aktuell hat der 57-Jährige die Bauleitung in der historischen Sandsteinkirche "Kirche Herz Jesu" in der Nürnberger Südstadt inne.

Glas und Stahl, von Entwurf bis zur Entwicklung und bis zur Umsetzung, damit befasst sich der Künstler, reflektiert über seine Kirchenprojekte, beispielswiese in Schwabach. Leo im Rückblick: Die Kirche St. Peter und Paul mit den neuen und von Leo Drechsel gestalteten neun Fenstern war ein großer Auftrag über 270 000 Euro, das sei nur mit entsprechenden Partnern möglich gewesen, sagt er. Bei der Kirche Peter und Paul habe er eine fürchterliche künstlerische Situation vorgefunden: "Da war das Wasser im Stahlrahmen gestanden." Die Arbeiten in der evangelischen Stadtkirche zogen sich über Jahre hinweg. "Da war ich für die letzte Bauphase als Subunternehmer vor Ort, für meinen früheren Ausbilder im Taunus tätig - eine insgesamt anstrengende und schwierige Konstellation mit den Entscheidungsträgern vor Ort", sagt er sein Motto: Von der angewandten Kunst kann man leben, die freie Kunst sammelt man.

Und die letzte Schwabacher Kirchenarbeitsstätte? "St. Sebald ist abgenommen und bezahlt, da freut mich das gute Vertrauensverhältnis mit der betreuenden Architektin Susanne Grad", berichtet Leo. Seit der Generalsanierung 2016 war der Künstler dort zugange, 2020 wurden die letzten zwei Fenster komplett überarbeitet. "Die letzten Arbeiten betrafen die Erweiterung des Lüftungsflügels für die Aufnahme einer zweiten Glasebene. Dazu musste geschmiedet und geschweißt werden und die besondere Aufmerksamkeit auf eine langfristige Funktionalität gelegt werden."

In ganz Deutschland gibt es nach Drechsels Auskunft nur drei Betriebe, die ganze Fenster bearbeiten. Leo, der fränkische Künstler als Ein-Mann-Betrieb macht es - ganz im Stile seiner amerikanischen Prägung - "als ein Mann für alle Dinge, der schweißen kann und die halbe Schmiede zur Hand hat". Das schätzten die Auftragsgeber auch. So hat er sich durch die Corona-Zeit gekämpft.

Und durchs Leben. 1980 siedelte er mit seiner Mutter und den Schwestern nach Colorado. Es folgten Studium, Lehrerrausbildung und vieles mehr - auch in New York. 1989 kehrte er nach Franken zurück. Es folgten kunstpädagogische Studien an der Uni Erlangen-Nürnberg sowie die Ausbildung als Kunstglaser und Glasgestalter bei der Firma Derix im Taunus. Seine Erfahrungen: "Bis du respektiert wirst, wenn du ein amerikanisches Kunststudium hast, das in Deutschland nicht anerkannt ist, das dauert. Die, die auf ihrem akademischen Grad pochen und meinen, alle anderen seien keine Künstler, die habe ich gefressen."

Die Rückkehr nach Deutschland hat Leo Drechsel aber nie bereut, auch wenn der weite Weg sehr beschwerlich war, sagt er heute. "Den Beruf als Kunstglaser darf man in Deutschland nicht ausüben, wenn man den Gesellenbrief nicht hat und nicht in der Handwerksrolle eingetragen ist." Den Brief hatte er schließlich auch inne. Sein Fazit: "Und Handwerk hat immer goldenen Boden, davon kannst du leben. Als Kunstglaser hast du ein großes Standbein als Kirchenfenstersanierer."

Am Faschingswochenende 2020 hatte Drechsel dann einen Herzinfarkt erlitten. "Da ist alles ausgebremst worden." Die weitere Karriere als Kunstglaser stand auf sehr wackeligen Beinen. "Sie hatten mich angerufen, wie es denn aussähe, weil die Gottesdienste wegen Corona ausfielen, könne ich sofort loslegen." Doch erst mal war Zwangspause in der Reha.

Resümierend über seiner Arbeit als Kirchenfensterexperte kommt Leo Drechsel gerne ins Schwärmen: "Es gibt nicht Erhabeneres wie einen Arbeitsplatz in einem Kreuzgewölbe im Dom von Wels." Da kämen die alten Frauen in der Kirche daher und sagten: "Damit ihr's wisst, wir beten regelmäßig für euch, damit euch nichts passiert." Das sei Wertschätzung und göttlicher Beistand. Leo Drechsel: "Finde mal eine Arbeitsstätte, wo die Leute für dich beten."

HK

Matthias Hertlein

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