Erschütternde E-Mails aus Sri Lanka

01.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:44 Uhr

Die Kinder von Little Smile, die hier ihren "Lokuthatha" nach dessen Freilassung aus dem Gefängnis begrüßen, fürchten, das Michael Kreitmeir sie verlassen könnte. Der Eichstätter betonte gestern gegenüber dem EK: "Das werde ich nicht tun." - Foto: privat

Eichstätt/Koslanda (EK) "Wir sind abgrundtief müde, eine Müdigkeit, die weit über das Physische hinausgeht. Jetzt, wo der Adrenalinspiegel etwas runter geht, meldet sich der Körper." Der Eichstätter Michael Kreitmeir (53) und sein Sohn Manuel (23) machen auf Sri Lanka noch immer die Hölle durch.

Kreitmeir sieht sein Leben, seine Freiheit und sein Lebenswerk, das Kinderdorf Little Smile, das er 1999 auf Sri Lanka gegründet hat, gefährdet. Jetzt bekommt der 53-Jährige Unterstützung von der asiatischen Abteilung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, der Asian Human Rights Commission.

Sie lobt Kreitmeir als einen "Wohltäter", bestätigt, dass der Deutsche von einer Spezialeinheit zu Unrecht festgenommen und eingesperrt worden und ihm gefälschte Beweismittel (nämlich mutmaßlich 1,8 Gramm Heroin, weswegen ihm jetzt auch ein Prozess droht) untergeschoben worden seien. "Special Task Force illegally arrest, detain and file fabricated charges against a German philanthropist" heißt es auf der offiziellen Homepage der Menschenrechtsorganisation. Der Eichstätter hofft nun, dass Hilfe aus der Heimat kommt, indem eine aktuelle dringende Petition der AHRC ("Urgent Appeals") per Mail möglichst oft unterschrieben beziehungsweise angeklickt wird (siehe dazu auch Seite 14).

Kreitmeir sieht sich wie mehrfach berichtet massiven Repressalien und Morddrohungen durch einen korrupten Provinzminister und dessen Spezialeinheit ausgesetzt. Der EICHSTÄTTER KURIER steht mit ihm in Kontakt und bekam gestern per Mail erschütternde Antworten auch auf die Frage, wie es ihm aktuell gehe: "Ich selbst stelle mir immer wieder die Frage, ob das, was ich seit mehr als zehn Jahren getan habe, vor dem Hintergrund solcher Lügen und Intrigen überhaupt auf Dauer Sinn machen kann? Dann aber fällt mir Gott sei Dank doch wieder der Rat ein, den mir mein Vater vor langer Zeit mit auf den Weg ins Leben gegeben hat, und der ursprünglich, glaube ich, von Martin Luther stammt: Und wenn morgen die Welt untergeht, sollst du heute einen Apfelbaum pflanzen.‘"

Seit gestern kommt noch eine weitere Sorge auf Kreitmeir und das Kinderdorf zu: "Heute wurde Feuer gelegt, der Buschbrand bedroht unser Naturschutzgebiet, heute wurden wieder die Betreuerinnen vernommen, nur ein verschwindend geringer Teil unserer Arbeiter kam, die Angst und Verunsicherung ist fast greifbar", schrieb Kreitmeir gestern.

Auch sein Sohn Manuel (23), der derzeit auf Sri Lanka ist und ebenfalls festgenommen worden war, hat sich jetzt per Mail beim EICHSTÄTTER KURIER gemeldet und betont: "Es geht um viel mehr als das Schicksal meines Vaters oder das von Little Smile. Es geht darum, ob nachhaltige und ehrliche Hilfe möglich ist oder nicht. Mein Vater hat vergeblich versucht, die leitenden Elitesoldaten anzuzeigen, keine Polizeistation war bereit, diese Anzeige entgegenzunehmen, auch die haben Angst."

In wenigen Tagen beginnt nach den Ferien auch in Koslanda die Schule, schreibt Manuel Kreitmeir: "Mein Vater möchte versuchen, hier so viel Normalität wie irgend möglich reinzubringen. Die Kinder wollen jeden nur möglichen Moment mit ihrem ,Lokuthatha‘ (,großen Vater‘, so nennt hier jeder meinen Vater) zusammen sein und wollen ihn nicht mehr weglassen. Ihre größte Angst ist, dass ihm etwas passiert oder er nun nach Deutschland zurückgehen könnte und sie ihn verlieren."

Natürlich werde ihm geraten, so schnell wie möglich nach Deutschland zu gelangen, bestätigt Michael Kreitmeir: "Aber ich kann nicht das tun, die mir anvertrauten Menschen jetzt im Stich lassen."

Es gehe nicht "so sehr um mich, und ob die mich wieder ins Gefängnis schicken oder Schlimmeres tun (was sie ganz sicher versuchen werden). Es geht darum, ob man mit Einschüchterung und nicht legitimierter Gewalt ganze Organisationen wie Little Smile einfach zerstören kann. Wie ist dann in einem solchen Land echte Sozialarbeit überhaupt noch möglich? Muss man jeder Erpressung nachgeben, damit man dann mit dem Rest den Armen helfen darf? Was mir passierte, kann wirklich jedem passieren, und es gibt auch keinen Schutz. Wenn die mit mir durchkommen, ist das nicht gleichsam eine Aufforderung an jeden Provinzfürsten, sich an den Organisationen, aber auch Investoren in seinem Machtbereich schamlos zu bereichern"

Der Eichstätter bittet die Menschen in seiner Heimat, "alle möglichen Kontakte zu nutzen. Es geht um die Freiheit des Rechts in diesem von so viel Unrecht und Gewalt heimgesuchten Land."