Ingolstadt (DK) Werner Koczwara schleppt sich unermüdlich ab.
Der Schönfelder und der Sartorius, die beiden Standardwerke des deutschen Rechtswesens, ergeben zusammen etliche Kilo Gewicht. Seit nunmehr 30 Jahren sind sie für ihn nicht nur unverzichtbares Arbeitsmittel, sondern auch ständiger Quell ansteckender Heiterkeit und sprachlichen Unfugs sowie steter Anlass für akribische Spitzfindigkeiten und satirische Anmerkungen und Fußnoten. Gesetzestexte sind trocken, fachchinesisches Kauderwelsch und somit für den Laien unlesbar? Von wegen. Nicht bei Werner Koczwara, denn der macht mit ihnen kurzen Prozess.
"Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie im Zustand der Bewusstlosigkeit eingegangen wurde. " "Als U-Bahn gelten auch Straßenbahnen, die keine Seilbahnen sind". "Die Regelungen des Führerscheinentzugs sind auch beim Führen einer Kuhherde anzuwenden. " "Ist eine vergiftete Suppe schmackhaft, handelt es sich um Mord, schmeckt sie schlecht, spricht man von Totschlag. " - Man kann solche Sätze nicht erfinden. Und sie sind auch nicht erfunden. Koczwara zerrt sie zur Erheiterung seines Publikums ans Licht, wälzt unermüdlich Ausführungsbestimmungen, durchforstet Urteilsbegründungen und - wodurch das Ganze erst die richtige Würze bekommt - versieht seine Fundstücke mit staubtrockenen Kommentaren.
Man könnte ihm stundenlang zuhören, auch diesmal wieder, als er anlässlich der Kabaretttage in der Neuen Welt mit seinem "Best Of"-Programm die Highlights seiner Karriere als Autor und Kabarettist vorstellt, also quasi erneut in die Beweisaufnahme eintritt. Freilich sind nicht nur Juristen bisweilen unfreiwillig komisch,, sondern auch Kläger. Was etwa soll man von jemandem halten, der nach überstandenem Abenteuerurlaub "wegen mangelnder Lebensgefahr" vor den Kadi zieht oder den Unterschied zwischen dem Konversationsgegacker und dem Legegegacker von Hühnern als ausschlaggebend für den Anteil echten Hühnereis in Frischeinudeln ins Feld führt? - Man kann ihn als nicht ganz dicht betrachten, über ihn den Kopf schütteln oder es halten wie Koczwara und sich selbst und sein Publikum in der Neuen Welt ganz einfach amüsieren über all den allenthalben beklagten grassierenden Unfug, der auch vor den Anwaltskanzleien und Gerichtssälen der Nation nicht haltmacht.
Koczwaras Paragrafenkabarett ist natürlich schon allein des Objekts seiner Häme wegen ein Sonderfall. Was es zudem so einzigartig macht, ist die Leichtigkeit, mit der er sich darin ausgerechnet des Lebensbereiches annimmt, dem man im Normalfall jedweden Bezug zu Humor und Komik komplett abspricht. Was für eine hinreißende Beweisführung, welch makellos Indizienkette, welch meisterlich vorgetragenes Plädoyer. Nach diesem herrlichen Abend in der Neuen Welt wird auf Rechtsmittel selbstverständlich verzichtet.
Karl Leitner
