Stauf
Erinnerungen an ein bescheidenes Leben

Michael-Kirschner-Museum in Stauf startet mit Fest in die Saison - Bis Oktober jeden Sonntag geöffnet

02.05.2019 | Stand 23.09.2023, 6:50 Uhr
  −Foto: Tschapka

Stauf (HK) Normalerweise geht es im kleinen Dörfchen Stauf ja eher ruhig und beschaulich zu, aber immer am 1. Mai zieht es hunderte von Besucher in den Thalmässinger Gemeindeteil, denn traditionell wird am Tag der Arbeit im Michael-Kirschner-Kulturmuseum die Saison eröffnet.

Der Termin passt gut, denn Arbeit gab es augenscheinlich mehr als genug auf den Anwesen des Namensgebers Michael Kirschner, der im Jahr 2000 verstorben ist und das mehrere Gebäude umfassende Grundstück der Dorfgemeinschaft Stauf vermacht hat. In seinem Testament hatte Kirschner festgelegt, dass die Dorfgemeinschaft sein Anwesen Stauf Nummer 16 erben und als museale Einrichtung nachkommenden Generationen erhalten soll, um Zeugnis von der damaligen Zeit zugeben. Die Dorfgemeinschaft hat dieses Erbe gern angenommen. In elfjähriger ehrenamtlicher Arbeit und mit Hilfe öffentlicher Gelder wurde das Anwesen zu einem sehenswerten kleinbäuerlichen Museum aufgebaut, in dem das ländliche Leben des 19. und 20. Jahrhunderts wieder auflebt. Davon erzählen zum Beispiel die vielen landwirtschaftlichen Geräte in der alten Scheune, gegen die Werkzeuge, die man heute in Baumärkten erwerben kann, wie futuristisches High-Tech wirken - und vermutlich auch sind. "Schön alt hier! ", entfuhr es einem etwa dreijährigen Jungen, der mit seinem Vater die in akribischer Kleinarbeit sanierte Scheune betrat, in der man Pflüge, Karren, Flaschenzüge, Fallen und diverse andere Utensilien bewundern konnte.

Neben der alten Scheune, in deren ersten Stock im Verlauf des überaus sonnigen Nachmittags auch noch der Thalmässinger Zauberkünstler Sebastian Lehmeier einen Zauberworkshop für Kinder veranstaltete, füllten sich auch alle anderen Gebäude mit Leben. Im Wohnstallhaus sind die einzelnen Räume mit den Alltagsgegenständen von Michael Kirschner, der zusammen mit seiner Schwester und seiner Ehefrau Kuni dort lebte, im Originalzustand belassen worden. Da liegt noch die aufgeschlagene Bibel samt Lesebrille auf dem Tisch der alten Stube (übrigens der einzige Raum, der beheizt wurde), es hängen alte Schwarzweiß-Fotos an den Wänden und die Socken vor dem längst erkalteten Kachelofen von der Decke, und bei jedem Schritt lassen die alten Holzdielen ein lauten Knarzen erklingen. In der neuen Scheune knarzt nichts, denn dort wurde aufwendig renoviert und im Zuge dessen auch ein Café eingerichtet, in dem die Dorfgemeinschaft ihre Gäste mit Kaffee und selbst gebackenen Kuchen verwöhnt.

Dort unterhielt das Duo Pfanna-Flicka mit Akkordeon, Gitarre, Mundharmonika und Gesang. Später waren die beiden mit ihren Instrumenten auch im Freien anzutreffen, wo sie sich unter die Gäste mischten und ihre Lieder erklingen ließen. Im ersten Stock des Gebäudes konnten die Besucher in aufwendig eingerichteten Kammern ganz tief in die damalige sehr bescheidene und einfache Lebensweise eintauchen - eine Zeit, lange bevor es Kaltschaum-Matratzen, Fernseher oder fließend warmes Wasser gab. Neben Musik gab es auch Tanz, denn die Steindler Volkstanzgruppe führte mehrere traditionelle Tänze auf. Der weite Blick ins Tal, der sich hinter den Tänzerinnen und Tänzern auftat, bot dafür eine wunderbare Kulisse. Auch wenn die Arbeit auf dem ehemaligen landwirtschaftlichen Hof schon lange ruht, so hörte man vor dem Museum doch laute Hammerschläge. Der Staufer Künstler Tevauha alias Thomas Volkmar Held ließ Kinder an seiner Feueresse Marke Eigenbau Pfeilspitzen zum Umhängen schmieden, und dieses Angebot wurde reichlich genutzt. Aber auch an anderer Stelle wurde gewerkelt, denn auf dem Gelände verteilt konnte man überall Handwerkerinnen und Handwerkern beim Filzen, Klöppeln und Spinnen über die Schulter schauen und auch selber Hand anlegen.

Spannend wurde es auch, als Edith Lutz im Halbdunkel des ersten Stocks der alten Scheune den Mädchen und Buben Geschichten erzählte. Und als erneut die langen Hörner der Obermässinger-Staufer Alphornbläser ertönten, die das Museumsfest am Mittag schon eingeläutet hatten, wussten die Besucher, jetzt neigt sich das bunte Fest langsam, aber sicher dem Ende entgegen. Aber das muss nicht der einzige Besuch im Michael-Kirschner-Museum in diesem Jahr bleiben. Das Kulturmuseum hat nun wieder in den Monaten Juni bis Oktober jeweils am Sonntag von 13 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Außerdem können Gruppen (ab zwölf Personen) nach Absprache auch außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten eine Führung bekommen und das Leben des 19. und 20. Jahrhunderts hautnah erleben.

Tobias Tschapka