Endlich geschafft

Kommentar

07.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

Zum Höhepunkt der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD wurde aus Teilnehmerkreisen verbreitet, Bundeskanzlerin Angela Merkel wirke mitunter eigenartig teilnahmslos und entrückt. Nicht anders also, als während ihrer Regierungstätigkeit in den vergangenen Jahren.

Trotzdem soll Merkel jetzt - immer die Zustimmung der SPD-Basis vorausgesetzt - noch einmal vier Jahre lang die Richtlinien der deutsche Politik bestimmen. Eine Vorstellung, die nicht unbedingt Begeisterungsstürme auslösen muss. Das gilt auch für die Grundlage der künftigen Regierungsarbeit - den Koalitionsvertrag. Zwar verspricht der viele Verbesserungen im Detail, die hoffentlich nicht wieder im Politik-Alltag zerrieben und verwässert werden, aber dem Papier geht alles ab, was begeistern und mitreißen könnte.

Interessanter ist deshalb, was gestern über die künftige Ressortverteilung und die Ministerliste bekannt wurde. Dass die CSU der Schwesterpartei das Innenministerium abnimmt und dann auch noch ausgerechnet mit Horst Seehofer besetzen kann, ist schon bemerkenswert. Denn der bayerische Noch-Landesfürst, der damit endlich den Weg für Markus Söder freigibt, war über Monate hinweg einer der schärfsten Kritiker der Kanzlerin und ließ dabei kaum eine Demütigung aus. Jetzt soll er kollegial mit Merkel zusammenarbeiten. Im neuen Amt wird Seehofer jedenfalls seine Strategie fortsetzen wollen, die AfD dadurch zu bekämpfen, dass man ihr nach dem Mund redet. Das hat zwar bisher überhaupt nicht funktioniert, aber Seehofer wäre nicht Seehofer, wenn er sich davon beeinflussen ließe.

Unbeeindruckt zufrieden gab sich gestern auch Martin Schulz. Er lobte den Koalitionsvertrag, ebenso wie er das Sondierungspapier gelobt hatte, bevor es der SPD-Sonderparteitag in Grund und Boden rammte. Danach versprach die Parteispitze Wunderdinge, die sie beim Koalitionspoker heraushandeln werde. Als daraus nichts wurde, ist Schulz ebenso zufrieden. So viel Selbstgenügsamkeit hat ihn jetzt den SPD-Vorsitz gekostet. Ob der bei der oft schrillen Andrea Nahles - bisher stets auf einer Wellenlänge mit Schulz - besser aufgehoben ist, muss sich allerdings erst noch erweisen. Fest steht hingegen, dass Schulz als Außenminister bedauerlicherweise Sigmar Gabriel verdrängt. Denn der hat es verstanden, Akzente zu setzen. Er hatte als Außenminister mehr Visionen als Steinmeier, Westerwelle und Fischer zusammen und fand auch gegenüber Autokraten und anderen unangenehmen Gesprächspartnern endlich den richtigen Ton. Für Schulz, dessen außenpolitische Aktivitäten vor allem im Beschwören des europäischen Geistes bestanden, wird es sehr schwer sein, da gleichzuziehen.