Schnee von gestern

Kommentar

07.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

Wir haben mitgefiebert, mitgelitten und mitgefeiert: Die Olympischen Winterspiele waren rot im Kalender eingezeichnet - schon Monate im voraus. Es war bislang immer einer der Höhepunkte im Sportjahr.

Und Markus Wasmeier, Jens Weißflog, Katharina Witt oder Magdalena Neuner wurden bei Olympia zu Legenden.

Aber noch etwas hat sich uns ins Gedächtnis eingebrannt: diese prächtige Stimmung, das friedvolle Miteinander und das unbeschwerte Genießen der Spiele. Lillehammer ist dafür das Paradebeispiel - Olympische Winterspiele, die seither unerreicht blieben. Die Norweger sangen "Seier €˜n Er VÃ¥r", ihre Version von "We are the Champions". 40 000 dick eingepackte Zuschauer applaudierten auf der Tribüne bei der Schlussfeier, Millionen vor dem Fernseher waren ergriffen. Lillehammer hatte damals die Welt umarmt - und Olympia schuf die Illusion einer besseren und faireren Gesellschaft. Die Bilder von den märchenhaftesten Winterspielen sind längst Geschichte. Vieles ist inzwischen passiert - in den Jahren von 1994 bis 2018. Denn dieser Spirit von Lillehammer ist längst Schnee von gestern.

Die 23. Olympischen Winterspiele in Pyeongchang unterscheiden sich stark von denen in Norwegen. Dabei sein ist alles, dieses Motto, unter dem die Olympischen Spiele eigentlich immer standen, ist längst in den Hintergrund gerückt. Bereits im Vorfeld gab es negative Schlagzeilen, die die Spiele überschatteten: Staatsdoping in Russland, der Hickhack um die ausgeladenen Sportler, die ihre Teilnahme wieder einklagten, der politische Konflikt zwischen Nord- und Südkorea und den USA, der Schlingerkurs von IOC-Präsident Thomas Bach, der gnadenlose Kommerzgedanke, der Gigantismus und, und, und. So soll also ein friedvolles, unbeschwertes Sportfest entstehen? Dies sind keine guten Vorzeichen.

Es werden neue Stars geboren in Südkorea - soviel ist klar. Vielleicht kürt sich Richard Freitag zum Olympiasieger oder Viktoria Rebensburg. Wir werden wieder mitfiebern und doch fehlt etwas Entscheidendes. Lillehammer wird - und das steht jetzt schon fest - für immer unerreicht bleiben. Denn der Olympische Gedanke ist auf der Strecke geblieben - irgendwo zwischen 1994 und jetzt. Und das ist sehr schade.