München (DK) Es war ein mittelschweres Erdbeben, das die deutsche Hip-Hop-Szene im Sommer erfasste. Die Beginner, Ikonen des Deutschraps um die Jahrtausendwende, hatten ihr Comeback angekündigt. 13 Jahre nach ihrer letzten Tour füllen sie nun wieder problemlos die großen Hallen der Republik - so auch in München am Freitagabend.
Für die meisten der 6000 Fans im Zenith war der Auftritt der Hamburger eine Reise zurück in die eigene Jugend: Kaum Teenies, sondern ein durch die Bank erwachsenes Publikum stand den drei Beginnern Jan Delay, Denyo und DJ Mad gegenüber. Kein Wunder, liegen ihre Alben "Bambule" (1998) und "Blast Action Heros" (2003), mit denen die Formation das Genre Deutschrap hierzulande endgültig salonfähig machte, doch schon eine Weile zurück.
Die wilden Jahre der Band und ihrer Fans sind vorbei - hätte man meinen können. Der knapp zweistündige Auftritt in München bewies das Gegenteil. Es wurde Ekstase für Erwachsene. Dabei war schon zu erwarten gewesen, dass es nur selten die Songs des aktuellen Albums "Advanced Chemistry" waren, die zu überbordenden Begeisterungsstürmen führten. Der wilde Sound-Mix aus Elektrobeats, Reggae- und Dancehall-Elementen und sogar dem düster-aggressiven, das Trommelfell massiv fordernden amerikanischen Hip-Hop-Stils Trap, den die neue Platte bietet, hatte den einen oder anderen eingefleischten Fan überfordert.
Und das, obwohl auch "Advanced Chemistry" schnell auf Platz eins der deutschen Albumcharts landete. Als dies den Hamburgern 2003 mit "Blast Action Heroes" - das erste Nummer-eins-Album im Genre Deutschrap - gelungen war, war das noch eine Sensation. Inzwischen gehört ein Hip-Hop-Album an der Chart-Spitze fast schon zum guten Ton.
Ausgelassen und schweißtreibend wurde es immer dann, wenn die Beginner einen ihrer früheren Klassiker auspackten - und von denen haben sie beileibe zur Genüge. Nach 13 Jahren wieder einmal Songs wie "Hammerhart", "Gustav Gans", "City Blues" oder natürlich das Kuschel-Rap-Stück "Liebeslied" live zu hören, wurde für die Fans zur musikalisch-nostalgischen Fahrt in die gute alte Zeit. Dass die Beginner genau darauf aus waren, machten auch ihre Gäste, die sie auf die Bühne baten, deutlich. Mit dem Rapper Torch zeigte sich ein Gründungsmitglied der Band Advanced Chemistry. Neben dem gleichnamigen Titel des neuen Beginner-Albums war dies eine weitere Hommage an die Heidelberger Gruppe, die für den Beginn des Deutschrap Ende der 1980er-Jahre steht. Torchs Kurzauftritt allerdings war im Vergleich zu den frischen und energiegeladenen Jan Delay und Denyo zu vernachlässigen. Ganz im Gegenteil zur Performance des zweiten Gastes, der, gemessen am Applaus, ohnehin der Star des Abends war. Als Samy Deluxe die Bühne betrat, war die fast schon romantische Wiedervereinigung der deutschen Rap-Ikonen perfekt. Zwar präsentierte sich der 38-Jährige körperlich nicht in überragender Verfassung, doch wen stört das schon bei einem Mann, der in Sachen präziser Hochgeschwindigkeits-Rap immer noch eine Klasse für sich ist. So gab es letztlich vor allem bei den Songs, bei denen Samy Deluxe mitwirkte - "K zwo", "Grüne Brille" und besonders das legendäre "Füchse" - kein Halten mehr.
