stadtgeflüster
Einmal Landrat und zurück

23.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:10 Uhr

(reh) Demokratie ist schon ein mühsames Geschäft.

Wenn man jetzt wieder alleine sieht, welche Maschinerie anläuft, um in unserem geschätzten Nachbarlandkreis einen Landrat für Neuburg-Schrobenhausen zu wählen. Jede Partei fühlt sich auch bei noch so geringen Erfolgsaussichten bemüßigt, einen Kandidaten zu präsentieren und dann auch noch zu nominieren. In langen Sitzungen werden mehr oder weniger zähe Bewerbungsreden gehalten und Versprechungen getätigt, Wahlleiter auserkoren, es müssen Hände gehoben oder Kreuzchen gemacht werden. Alles zieht sich wie zäher Gummi. Während der Auszählung der Stimmen in diesem demokratischen Schauspiel können einem als Außenstehenden schon Allmachtfantasien kommen.

Denn der Sprung auf den Posten des Landrates kann auch sehr schnell gehen, ganz ohne diesen demokratischen Firlefanz. Man muss auch nicht einmal als Stellvertreter fungiert haben, um dann durch einen Karriereschritt des Amtsinhabers - wie ein Wechsel in die Staatsregierung - urplötzlich an die Macht zu gelangen. Es reicht in günstigen Momenten schon eine Gremiumssitzung in einem engen Raum, wie es in dieser Woche zu erleben war. Bei der Sitzung des regionalen Zweckverbandes für den Tarifverbund erlebte der Autor dieser Zeilen einen eigenen und völlig unerwarteten Karrieresprung. Was zunächst wie lediglich ein leerer und ihm mangels anderer Sitzgelegenheiten zugewiesener Stuhl am Tisch inmitten der Expertinnen und Experten für alle öffentlichen Nahverkehrsfragen anmutete, entpuppte sich vielmehr als Schlüssel zur Macht. Aus dem unabhängigen Berichterstatter über alle Fragen der urbanen Mobilität wurde im Handumdrehen der Landrat unseres ebenfalls geschätzten Landkreises Pfaffenhofen.

Der Amtsinhaber Martin Wolf hatte kurz zuvor (aus angeblich terminlichen Gründen) den Platz geräumt gehabt und sich in dieser Lesart folglich freiwillig seinem Nachfolger das Feld überlassen. Zumindest konnten wir von der Rechtmäßigkeit dieses Schrittes spätestens dann ausgehen, als der Sitznachbar an der Tafel mit dem Gruß "Herr Landrat! " an uns herantrat. Und wenn das kein Geringerer als der kommunalpolitische Oberfeldmarschall Ludwig Wayand als Bürgermeister der von uns geschätzten Umlandgemeinde Baar-Ebenhausen äußert, dann kann das nur rechtens sein.

Leider war die unverhoffte Amtszeit nur von viel zu kurzer Dauer, da die Versammlung nach der zügigen Abarbeitung der Tagesordnung bald wieder auseinander spritzte. So konnte der neue Landrat, nun ja, leider keinen seiner großartigen und gewiss segensreichen Pläne "in die Pipeline bringen", wie man so schön sagt. Schade, so gibt es nun keine Militärparade der landkreiseigenen Betriebe auf dem Pfaffenhofener Hauptplatz, keinen Ferrari als Dienstwagen, trotz des großen Erfolgs keine Wiederauflage der Landesgartenschau an der Ilm im Jahr 2020, keine ganz neue Fassade für das Landratsamt und auch keinen Anschluss Pfaffenhofens ("wegen der Synergieeffekte") an die von uns geschätzte Stadt Ingolstadt. Aber man kann ja nicht alles haben. Und so räumten wir den Stuhl wieder für die demokratisch gewählten Volksvertreter - vorerst.