Ingolstadt
Einen Fan schreckt nichts

18.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:51 Uhr

In Personalunion: Benjamin Hille als Jacko und Fan. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Es ist heiß in der Bürgerhauskneipe Diagonal. Schwülheiß. Doch einen echten Michael-Jackson-Fan schreckt das nicht. So sitzen am Freitagabend zwar nur ein gutes Dutzend Fans an den Tischen, doch die wollen mit Benjamin Hille eintauchen in die ebenso schwülheißen Welten des vor gut einem Jahr gestorbenen King of Pop.

Sie grooven, klatschen und tanzen mit, wenn der 33-Jährige in die Tasten seines Synthesizers greift, die Stücke von "Bad" oder "Thriller" spielt, dazu auf der kleinen Bühne mit Schwarzhaar-Perücke tanzt und immer wieder Szenen aus dem Leben des Stars nachspielt und kommentiert.

 
Einmal ist Hille Fan, dann wieder Jacko und am Ende der erwachsene Kommentator, der es wagt, Zweifel an der Lauterbarkeit des Stars anklingen zu lassen. Doch nur schwach.

"Die Menschen haben Michael Jackson nie verstanden. Er hat nie etwas Böses mit den Kindern im Sinn gehabt, die er auf seinen Landsitz Neverland eingeladen hat. Das waren nur Romanzen", sind Mandy und Kristina überzeugt. Die beiden jungen Frauen werden am Freitagabend zu kongenialen Mitspielern Hilles. Denn dieser zieht sein Publikum in sein Programm hinein, lässt sie beispielsweise den Gospel "Hold me" singen – eine Hommage an die Mutter von Michael, Catherine Jackson, die ihre Familie über alles liebt, und Gott. Und so erst das möglich macht, von dem Benjamin Hille erzählt: Die Gewalt-, Drogen- und Missbrauchsprobleme der Familie, aus denen Michael Jackson in die Musik flüchtet und doch nie richtig loskommt, sondern im Entertainment-Geschäft erst recht damit konfrontiert wird. Hille spielt und zeigt, wie Jacko entdeckt wird, wie mit ihm gespielt wird, wie er versucht, die Fäden selbst in die Hand zu nehmen und doch nur das wirre Knäuel aus Unverarbeitetem der Kindheit neu verknotet und so selbst als 50-Jähriger nie richtig erwachsen wird.

So jedenfalls vermittelt es Benjamin Hille in seinem gut zweistündigen Programm, dieser Mischung aus Songs, Tanz, Szenigem und Kommentar. Die Faszination Jackson macht er eingangs an sich selbst fest. Er bekam als Elfjähriger 1987 die Schallplatte "Bad" geschenkt, jubelte mit seinem Vater 1988 im Hamburger Volksparkstadion – wie 70 000 andere auch – Michael Jackson zu. Doch diese Eingangsszene ist nur dazu da, die Faszination der Fans glaubhaft zu vermitteln.

Danach zieht der Schauspieler Hille alle Register, wechselt schnell zwischen der Rolle des Stars, der Fans sowie der Berichterstatter. Letztere bleiben blass, was aber genau diese Hommage an den King of Pop ausmacht, dem seine Fans so viel Wahnsinniges verziehen haben. Und das heute noch: Trotz der Hitze tanzen Mandy und Kristina am Ende des Auftritts von Hille zur Jackson-Musik im Diagonal, und die Älteren im Publikum grooven auf ihren Plätzen.