Kipfenberg
Eine Ofenkachel aus der Renaissance

28.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:40 Uhr
Für die Ortsgeschichte von Kipfenberg ist die Kachel - hier einmal als Fragment und einmal als Rekonstruktion zu sehen - von großer Bedeutung, weil sie ein erstes greifbares Indiz für die Erstbebauung der Försterstraße liefert. −Foto: Heimbucher

Kipfenberg - Das Depot des Römer- und Bajuwarenmuseums auf der Burg Kipfenberg birgt eine Fülle einzigartiger Objekte.

Sie alle erhellen die Geschichte Kipfenbergs und der Region. Eines davon wird nun als wechselndes "Objekt des Monats" im Museum ausgestellt - den Anfang macht eine besondere Ofenkachel.

Die Erzeugung von Wärme war im Siedlungsgeschehen in der Altmühlalb im Winter ein höchst wichtiges Kulturgut. In seiner ältesten Form spielte das Lagerfeuer aus Prügelholz über Jahrtausende hinweg eine wichtige Rolle. Auch in den Häusern der frühen Bauern der Jungsteinzeit war eine Wärmequelle das abendliche Zentrum der Familie, bis hinein in die Keltenzeit. Noch heute benutzen wir das Wort "Feierabend", wobei uns oft nicht bewusst ist, dass dies nichts Anderes bedeutet, als "der Abend am Feuer", der im Kreis der Hausgemeinschaft gemeinsam verbracht wurde.

Ein Quantensprung vollzog sich zur Zeit der Römer, die ihre Wohngebäude mit einer Unterboden- und Wandheizung ausgestattet haben. Im Hochmittelalter kam eine neue Heizkultur zum Tragen: der Kachelofen. Zunächst waren es einfache Becherkacheln, die man in tönerne Kuppelöfen einsetzte. Dann folgten schmucklose Topfkacheln, die man schon bald verzierte. Es entstanden grün glasierte Nischen- und Blattkacheln, die nicht nur Wärme vermittelten, sondern auch Behaglichkeit in den Wintermonaten ausstrahlten.

Eine besondere Kachel aus Kipfenberg soll an diese Entwicklung erinnern. Im Aushub einer Großbaustelle in der Försterstraße fanden sich im Frühjahr dieses Jahres zahlreiche Fragmente von Ofenkacheln. Eine davon ließ sich vollständig ergänzen. Die in eine Model gedrückte Form zeigt eine Rosette als Wirbel, die an dünne Pflanzenblätter erinnern. Auf der Innenseite der Kachel ist noch der flächige Abdruck eines Leinengewebes zu finden, mit dem der Tonmantel in die Matrize gepresst wurde. Der renommierte Kachelforscher Harald Rosmanitz spricht diesen Typ als Fischblasenwirbel an, wenngleich hier eine Variante vorliegt. Das zentrale Motiv ist umgeben von einem akanthusbesetzten Kranz. In den Ecken finden sich Rankenbündchen, in deren Mitte sich eine Kornähre zeigt. Die quadratische Kachel mit einer Kantenlänge von 25 Zentimeter hat im Ingolstädter Neuen Schloss und an einigen anderen Fundplätzen Ingolstadts Vergleichsbeispiele. Auch im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim wurde ein Kachelofen mit dieser Form von Kachelmotiven nachgebaut.

Für die Ortsgeschichte von Kipfenberg ist die Kachel schon deshalb von großer Bedeutung, weil sie ein erstes greifbares Indiz für die Erstbebauung der Försterstraße liefert. Harald Rosmanitz vermutet, dass die Kachel in das letzte Drittel des 17. Jahrhunderts datiert. Aus einer Zeit, wo schriftliche Quellen schweigen, findet sich hier ein Beleg dafür, dass in der Försterstraße, also entlang der Limeslinie, in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg bei einer Expansion des Ortes eine Handwerkersiedlung entstand. Als Markenzeichen hierfür gelten die zweistöckigen giebelständigen Häuser, deren aufwändige Bauweise dem wirtschaftlichen Ertrag der Handwerker zu verdanken war. Einige dieser Häuser haben sich bis heute erhalten. Einen Kachelofen dieser Güte konnten sich meist nur Handwerker und Händler, aber auch Brauer und Wirte leisten. Die Zukunft und weitere wissenschaftliche Untersuchungen werden zeigen, ob diese Vermutung bestätigt werden kann.

DK

Das "Objekt des Monats" ist immer ab dem 15. des Monats kostenfrei im Eingangsbereich des Museums zu sehen. Es ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, ab dem 1. September von 10 bis 16 Uhr.