Georgensgmünd
Eine neue Heimat im Landkreis Roth

Wanderausstellung "Die wilde Vertreibung der Deutschen aus Nordböhmen" in Georgensgmünd

28.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:01 Uhr

An den Schautafeln der Ausstellung im Georgensgmünder Rathausfoyer: Kurator Otokar Löbl, Hans Raithel, Zdenka Haumousová, Karl Freller, Martin Kastler und Adolf Funk (von links) - Foto: Tschapka

Georgensgmünd (tis) Vier Wochen lang ist in Georgensgmünd die Wanderausstellung „Die wilde Vertreibung der Deutschen aus Nordböhmen 1945“ zu sehen, die beim Treffens des „Heimatkreises Saaz“ im Rathausfoyer eröffnet wurde. Eine ganz besondere Ehre war es für Adolf Funk, den Vorsitzenden des Saazer Heimatkreises, die Bürgermeisterin der Stadt Zatec (auf Deutsch: Saaz), Zdenka Haumousová, zu begrüßen.

Otokar Löbl, der Kurator der Ausstellung, fungierte als Übersetzter. Musikalisch begleitet wurde die Ausstellungseröffnung von Gerhard Tschapka und seinem „bömischen Bock“, einem traditionellen Dudelsack.

Laut Funk sei „Versöhnung durch Wahrheit“ der einzige Weg, um für die tschechische Bevölkerung und die Heimatvertriebenen wieder zu einem nachbarschaftlichen Verhältnis zu kommen. „Was den Menschen in beiden Ländern schon weitgehend gelungen ist, werden Politiker nicht ewig ignorieren und torpedieren können“, so Funk. Umso schöner sei es, beim diesjährigen Saazertreffen die erste Repräsentantin der Stadt Saaz dabei zu haben. Funk fügte hinzu, dass das Saazer Heimattreffen und Georgensgmünd zusammengehören würden. Dem konnte Bürgermeister Ben Schwarz nur beipflichten, schließlich bestand die Gemeinde nach dem Krieg zu einem Viertel aus Heimatvertriebenen. „Die gemeinsame Vergangenheit und Zukunft ist das, was uns verbindet“, sagte Schwarz.

Laut Landrat Herbert Eckstein brauche Zukunft auch Herkunft, „auch wenn diese oft mit schmerzhaften Erinnerungen einhergeht“. Diese Ausstellung trage ihren Teil dazu bei, dass sich beide Seiten wieder offen und ehrlich in die Augen schauen können, so Eckstein. Sie sei ein Geschenk für den Landkreis, in dem so viele Heimatvertriebenen eine neue Heimat gefunden hätten. „Es ist ein Glück für Europa, dass man inzwischen wieder offen miteinander reden kann.“

Einen Schritt weiter gegangen ist bereits der CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler – er ist mit einer Tschechin verheiratet. Man sei nicht nur in der Politik wieder zur Normalität zurückgekehrt, dürfe jedoch trotz vieler Gemeinsamkeiten nicht die bestehenden Schwierigkeiten vernachlässigen. „Eins ist sicher, sowohl die Tschechen als auch die Deutschen leben gut gemeinsam in der EU“, so Kastler.

Es folgte eine Einführung des Initiators der Ausstellung, Otokar Löbl, für den historisches Wissen nicht nur die Kenntnis von Vergangenem bedeute, sondern vielmehr das Begreifen der Ursache, die zu den Ereignissen führte. Seine Ausstellung stelle demnach einen breiten Kontext der historischen Konfliktgemeinschaft von Deutschen und Tschechen dar, belegt mit Originaldokumenten und Aussagen von Zeitzeugen. „Um zu verhindern, dass die Geschichte in unseren Köpfen uns die Köpfe verdreht, ist es gut, sich immer wieder mit den dokumentarischen Fakten zu beschäftigen. Diese Ausstellung soll dazu beitragen“, so Löbel.