Eine Institution zerbröselt

Kommentar

16.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:02 Uhr

Überraschend kommt die Erklärung Russlands, die Unterschrift unter das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zurückzuziehen, nicht. Die USA haben diesen Schritt bereits kurz nach der Unterzeichnung vollzogen. In Syrien sehen sich die russischen Streitkräfte dem massiven Vorwurf ausgesetzt, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen.

Wie die Amerikaner sind auch die Russen nicht daran interessiert, dass sich ihre Soldaten oder andere Staatsbürger vor den internationalen Richtern im niederländischen Den Haag verantworten müssen.

Für das Weltstrafgericht ist das eine erneute Hiobsbotschaft, es zerbröselt weiter, nachdem vor wenigen Wochen bereits Südafrika, Burundi und Gambia ihren Austritt erklärt haben. Das hat sich der Strafgerichtshof teilweise selbst zuzuschreiben. Denn von den neun Verfahren, in denen das Gericht derzeit ermittelt, sind die Verdächtigen allesamt Afrikaner. Und mitunter drängt sich tatsächlich der Verdacht auf, dass die Richter nicht ganz frei von politischer Einflussnahme sind. So ist es zum Beispiel auffällig, dass viele Schurken, an deren Gunst die Europäer ökonomisch interessiert sind, verschont bleiben.

Was aber ist beispielsweise mit Verfahren gegen europäische Verantwortliche, an deren Händen Blut kleben könnte? Das trifft zum Beispiel auf den Briten Tony Blair zu, der nach Überzeugung einer Untersuchungskommission den Angriff auf den Irak 2003 wissentlich mit falschen Behauptungen begründete. Bald eineinhalb Jahrzehnte nach dem Krieg laufen noch immer bloß Vorermittlungen. Wenn das Gericht die Weltöffentlichkeit nicht davon überzeugen kann, stets die gleichen Maßstäbe anzulegen, wird sein Schicksal besiegelt sein. Doch selbst, wenn das gelingt: Ein Russland unter Putin wird wohl nicht zurückkehren - so wenig wie ein Amerika unter Trump.