Wolnzach
"Ein Zug ersetzt 30 Lastwagen"

04.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:03 Uhr

Das "P"-Schild steht für "Pfeifen". Dazu sind alle Lokführer rechtlich verpflichtet, auch die Länge des Pfeiftones ist vorgeschrieben. Gerade zwischen Burgstall und Wolnzach befinden sich viele kleine Bahnübergänge, wie hier zur Kronmühle in Gosseltshausen, entsprechend hoch ist die Pfeiffrequenz der Züge, entsprechend groß der Ärger vieler Bürgerinnen und Bürger. - Foto: Trouboukis

Wolnzach (WZ) Der Altmann-Zug, das nächtliche Pfeifen, das Quietschen liegt vielen in den Ohren. Selbiges tun auch viele Bürger: Mit Anrufen haben sie sich bei Altmann, beim Bürgermeister und bei der Heimatzeitung beschwert. Die Firma Altmann erklärt, warum die Nachtfahrten unvermeidbar sind.

Seit nach Ostern die Nachtfahrten wieder zugenommen haben, stand bei Jörn Enderlein – er ist bei der Firma Altmann in der PCT-Private Car Train GmbH zuständig für den Schienenverkehr – das Telefon kaum still. Und es waren keine angenehmen Anrufe, die der Geschäftsführer entgegennehmen musste: Ob sich die Firma Altmann in Wolnzach alles erlauben dürfe? Ob die Lokführer absichtlich den Leuten den Schlaf raubten? – Nur zwei inhaltliche Beispiele, ähnliche Anrufe liefen auch bei ARS-Altmann-Vorstand Andreas Thoma, bei Bürgermeister Jens Machold und auch bei der Heimatzeitung auf. "Ja, es sind wieder mehr Fahrten", räumt Jörn Enderlein ein. Das Unternehmen habe jetzt wieder größere Auftragsvolumina und musste entsprechend reagieren. "Wir können nicht fahren, wann wir das wollen, sondern sind auch darauf angewiesen, wann die Italienzüge in München eintreffen", begründet er weiter. Die internationale Logistikkette sei ein feinmaschiges Netz, der Konkurrenzdruck hart. "Wir sind, ehrlich gesagt, auch sehr froh, dass wir wieder mehr Aufträge haben", führt ARS-Altmann Vorstand Andreas Thoma aus; schließlich habe auch Altmann die Wirtschaftskrise spüren müssen, da tue dieser Aufschwung dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern – in Wolnzach sind immerhin über 220 Personen beschäftigt – doch sehr gut.

Allerdings – ein Vorwurf, der in der Bevölkerung immer wieder laut wird – betrachte die ARS Altmann ihren Status als großer Arbeitgeber und Steuerzahler vor Ort nicht als Freibrief für Schikanen an der Bevölkerung. Im Gegenteil habe man bereits auf umfassende Gespräche auch mit dem Rathaus und den Schulen reagiert und die Zugfahrten entsprechend umgestellt. Beispielsweise würde im morgendlichen Berufs- und Schulverkehr nicht mehr gefahren, ebenso nicht beim Schulbusverkehr in der Mittagszeit. Allerdings: "Irgendwann müssen wir ja fahren", so Jörn Enderlein, entsprechend sei man auf die Nacht ausgewichen. In der Woche nach Ostern fuhr der Zug teilweise um 23 Uhr, 3 Uhr und 5 Uhr morgens. Die mit Autos bestückten Waggons wurden auf dem Gelände abgekoppelt, die abgeleerten Waggons wurden mitgenommen. Wenn es irgendwie geht, erklärt Jörn Enderlein weiter, dann würde man als erstes die 3-Uhr-Fahrt streichen, "weil das wohl die schlimmste Zeit für die Anwohner ist".

"Müssen die so laut pfeifen", die Bevölkerung meint sogar, deutliche Unterschiede in der Pfeifdauer heraushören zu können, entsprechend haben Anrufer beim Unternehmen gar schon die Herausgabe der Namen der Lokführer verlangt. Das, so Altmann-Vorstand Andreas Thoma, sei allerdings ein "Unding". Denn das Pfeifen sei rechtlich durch die so genannten "P"-Schilder an jedem unbeschrankten Bahnübergang vorgeschrieben, die Pfeiflänge ebenso, denn alles wird elektronisch registriert – und pfeift der Lokführer zu kurz, erfolgt keine Speicherung und er würde sich im Ernstfall sogar strafbar machen.

Die Bahnübergänge – alleine zwischen Burgstall und Wolnzach gibt es davon etliche, die zum Teil kaum mehr genutzte Feldwege sind, aber trotzdem "bepfiffen" werden müssen – sind ein Thema, für das der Markt derzeit eine Lösung sucht. Obwohl Bürgermeister Jens Machold schon "kleine Lichtblicke" sieht – für den Bereich Hubensteinerstraße in Gosseltshausen wird gerade über eine eventuelle Absperrung des Bahnübergangs nachgedacht – verfügt er aus gemeindlicher Sicht nicht über die Handlungsfreiheiten, die er – im Sinne der Bürger – gerne hätte. Begründung: "Alle Veränderungen im Schienenbereich liegen in der Entscheidung der DB Netze, nicht beim Markt Wolnzach". Und weil hier viele Fachstellen zusammenlaufen, brauchen die Verhandlungen viel, die Entscheidungen oft noch mehr Zeit. Dennoch verspricht er "dranzubleiben und alles zu tun, damit eine Verbesserung erreicht wird". Aber das ginge nur gemeinsam, nicht gegeneinander.

Ganz "pfeiflos" werden die Nächte aber nicht werden: "Ohne Schienenanschluss würde es den Standort Wolnzach nicht geben", begründet Andreas Thoma ganz klar und spricht sich gleichzeitig deutlich für "unseren Standort Wolnzach" aus, in den das Unternehmen viel investiert habe. Ganz bewusst habe man stärker auf die Schiene verlagert, aus umwelttechnischen und wirtschaftlichen Gründen, aber auch zum Schutz der Bevölkerung: "Mit jedem Zug sparen wir uns 30 Lastwagenladungen." Was Wolnzacher Anlieger der Autobahn schon merken. Sie bestätigen, dass das nächtliche Geratter der Altmann-Transporter deutlich weniger geworden ist. Zumindest sie können nun etwas ruhiger schlafen.