Königmoos
"Ein Schlag unter die Gürtellinie"

Friseurmeisterin aus dem Donaumoos sieht ihren Berufsstand durch eine Kondomwerbung verunglimpft

13.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:23 Uhr
Die Königsmooser Friseurmeisterin Tatjana Heigl wehrt sich gegen einen Kondomwerbeclip, der in einem Friseursalon spielt. −Foto: Richter

Königsmoos (DK) Der Werbeclip eines Kondomherstellers, aufgenommen in den Räumen eines Frisiersalons, bringt eine Friseurmeisterin aus dem Donaumoos auf die Palme. Die Aufnahmen würden den ganzen Berufsstand in Misskredit bringen, findet die 34-Jährige und hat das Unternehmen Durex aufgefordert, diese Art des Marketings einzustellen.

Worum geht es eigentlich? Das auch im Fernsehen ausgestrahlte Video zeigt scheinbar alltägliche Szenen aus einem Friseurbetrieb, spielt aber klar auf sinnliche Momente an. Da ist eine junge Coiffeurin, die sich betont genüsslich Gel auf den Händen verreibt, um es dann fast zärtlich im Haar eines Kunden zu verteilen. "Erlebe extra feucht", fordert gleichzeitig eine Frauenstimme auf, der Text ist in dicken Lettern eingeblendet. Andere Einstellungen vermitteln knisternde Spannung zwischen Kundschaft und Personal, um am Ende fünf Durex-Produkte zu präsentieren.

Nun ist Erotik ein gängiges Mittel in der Werbung, wie es vielfach in diesem Genre zum Einsatz kommt - was also stört die 34-jährige Handwerksmeisterin aus Königsmoos im Neuburger Land gerade in diesem Fall? "Ich habe grundsätzlich gar nichts gegen Kondome und diese Marke, im Gegenteil. Ich finde es gut, dass man heute über solche Themen ganz offen reden kann. Aber das bringt ein schiefes Bild unseres Berufs herüber."

In einer E-Mail an Durex und unter anderem auch an die bayerische Handwerkskammer und den Deutschen Frauenrat moniert sie "Szenen, die in Teilen unmissverständlich einen inhaltlichen Zusammenhang der Tätigkeit von Friseurinnen oder Friseuren und dem Vorhandensein beziehungsweise der Bevorratung von Kondomen herstellen. Damit erinnert diese Werbung fatal an einen Song von Micky Krause mit dem Titel ,10 nackte Friseusen', der in breiten Bevölkerungsschichten dazu führte, den Beruf der Friseurin mit dem professioneller Liebesdienerinnen gleichzustellen", schreibt sie. Das sei kontraproduktiv, erklärte sie unserer Zeitung, denn die Friseurinnungen würden seit Jahren darum kämpfen, ihre Tätigkeit als qualitativ hochwertig, seriös und für die Allgemeinheit notwendig darzustellen. "Nur so kann die Jugend bewogen werden, sich für unseren schönen und kreativen Beruf zu interessieren."

Die im Clip hergestellte Verbindung von Friseurinnen und Kondomen werde von Kunden nicht nur potenziell, sondern real missverstanden. Sie selbst sei bereits Opfer von Anfragen geworden, "ob sich meine Tätigkeit auch auf den Bereich der käuflichen Liebe bezieht oder es wird gar nach gezielten Aktivitäten aus diesem Bereich gefragt", sagt Tatjana Heigl. Sie sieht das 30-Sekunden-Video als Diskriminierung für den Berufsstand an und hält es für "in höchstem Maße geschäftsschädigend", es solle entfernt werden.

Durex schickte vorgestern zumindest eine kurze Antwort: "Wir bedauern es sehr, dass Sie die Werbung als störend empfinden", heißt es darin nur. Ein Anruf und eine Mail unserer Zeitung mit Bitte um eine Stellungnahme blieben ohne Resonanz. Die Friseurmeisterin macht keinen Hehl daraus, dass sie auf ihren Vorstoß hin zum Teil wenig erfreuliche Kommentare in einem Fachforum erhielt, eine Plattform sperrte sie gar. "Aber gut die Hälfte der Reaktionen waren positiv", sagte sie. "Klasse Aktion von dir", schreibt etwa eine Kollegin, "sehr gut geschrieben", lobt eine andere. Tatjana Heigl bleibt dabei: "In einer Zeit, in der wir Frauen gezwungen sind, über die MeToo-Bewegung um unsere sexuelle Selbstbestimmung zu kämpfen, ist eine solche Werbung nicht nur völlig daneben, sondern ein Schlag unter die Gürtellinie."
 

Horst Richter