Meckenhausen
Ein Missionar entführt nach Afrika

Pater Josef Gerner aus Meckenhausen erzählt aus seinem Leben und von seinen Hilfsprojekten

30.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:17 Uhr

Pater Josef Gerner fühlt sich unter seinen Schützlingen sichtlich wohl und hilft, wo er kann. - Foto: Gerner

Meckenhausen (HK) Von den wichtigen Stationen seines Lebens hat Comboni-Missionar Josef Gerner am Freitag im Meckenhausener Pfarrheim erzählt. Er hat mittlerweile über 36 Jahre seines Lebens in Afrika verbracht, um dort den Menschen zu helfen.

Die meiste Zeit davon verbrachte Josef Gerner davon in Uganda, in einem von Bürgerkrieg gezeichneten Land. Eigentlich wollte der 82-Jährige nie von Meckenhausen weggehen. Trotzdem ließ er sich überreden ins Internat nach Ellwangen zu gehen, um dort Abitur zu machen. Auch ins darauf folgende Noviziat wollte er eigentlich nicht, ließ sich jedoch auch hier überreden.

So wurde er nach seinem Theologiestudium in Bamberg am 19. März 1962 zum Priester geweiht. Seinen Primizgottesdienst feierte er eine Woche später in seiner Heimatpfarrei Sankt Martin in Meckenhausen. Das liegt 55 Jahre zurück.

Er selbst bezeichnet sich als "störrischen Menschen", der hin und wieder Anschubser von "Oben" gebraucht habe, denn immer wieder plagten ihn Zweifel, ob es der richtige Werdegang für ihn sei. Nach seiner Priesterweihe war er neun Jahre lang als Erzieher im Missionsseminar St. Paulus und Lehrer am Gymnasium in Neumarkt. Dann sollte es nach Südafrika gehen, was aber an der dort regierenden weißen Minderheit scheiterte, die die Genehmigungen verweigerte.

Das Schicksal führte ihn dann allerdings nach Uganda, einem armen, von der brutalen Militärdiktatur Idi Amins geprägten Land. Für Gerner eine harte Zeit, denn schon die Sprachbarrieren waren für ihn zunächst ein Problem. Die Amtssprache war zwar englisch, doch seine Mitbrüder, die allesamt aus Italien stammten, unterhielten sich miteinander nur in ihrer Landessprache. Dazu kamen zahlreiche Stammessprachen der dortigen Bevölkerung.

Lange Zeit verbrachte er dort zunächst im Busch unter einfachsten Lebensverhältnissen, bis er sehr krank wurde. Als er sich erholt hatte, sollte es nach Kenia gehen, um dort eine neue Pfarrei aufzubauen. Wieder musste er neue Sprachen lernen. Die Menschen vor Ort waren hauptsächlich Fabrikarbeiter, die unter schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen zu leiden hatten. Im weitläufigen Hinterland lebten Bewohner, die einem anderen Stamm angehörten und wo er nur wenige Christen fand.

Gerner berichtete, wie misstrauisch ihm die Menschen zunächst gegenübertraten. Das Hirtenvolk rührte beim Bau von Häusern und der Schule zunächst keinen Stein an und schaute nur zu, bis er eines Tages vom Häuptling einbestellt wurde. Nachdem Gerner ihm gegenüber bekräftigte, dass er nicht vorhabe, die Kinder oder die Ziegen mitzunehmen, beschloss der Häuptling, dass diese "Location", wie er es bezeichnete, ab sofort der katholischen Kirche gehöre. Fortan wurde den Missionaren aber erlaubt, die Kinder zu unterrichten.

Eine Bandscheibenoperation bescherte ihm dann die Versetzung nach Nairobi. Eine erschreckende Erfahrung für ihn, der nach der Freiheit im Busch schlimmste Lebensumstände in den Elendsvierteln vorfand. Die erste Zeit dort war für ihn nicht leicht, da er dort vor großen Herausforderungen wie Gewalt und bitterer Armut stand. Gerner wollte am liebsten gleich wieder gehen. "Es war aber dann, als ob ich in das Gesicht des Gekreuzigten gesehen hätte", beschrieb Gerner seine ersten Erfahrungen und wusste von da an "hier gehörst du her". In dieser Zeit gründete er viele kleine christliche Gemeinschaften. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm die Hausbesuche bei den Menschen und der Austausch mit ihnen. Den Abschied nach fünf Jahren beschrieb er als den schwersten seines Lebens und die Nacht im Flugzeug als die dunkelste seines Lebens.

Die darauf folgenden zehn Jahre nach Zwischenstationen in den USA und in Innsbruck beschreibt er als schwierige Zeit und irgendwann flammte seine Sehnsucht nach Uganda wieder auf, wohin es ihn 1996 verschlug. Er bezeichnete die Zustände dort als das größte Chaos, was er je erlebt hatte. Die Zeit war geprägt von Brutalität und Grausamkeit. Kinder wurden von Rebellen eingefangen und zu Soldaten ausgebildet. Wenn diese Kinder fliehen wollten, wurden sie getötet.

Er berichtet von Müttern, die von den Rebellen gezwungen wurden, ihre Kleinkinder solange gegen Bäume zu schlagen, bis sie tot waren, von unter Zehnjährigen, die schwer bewaffnet gezwungen wurden, ihre Eltern umzubringen.

Hunderte flüchteten sich in seine Missionsstation. Es war nicht nur eine logistische Meisterleistung alle aufzunehmen und zu versorgen, sondern er hatte auch große Angst, da Racheakte von Rebellen drohten. Es kam außerhalb der Station immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen und Überfällen, bei denen im Laufe der Zeit auch 13 Comboni-Missionare getötet wurden. Die verunsicherte und verängstigte Bevölkerung suchte in dieser Zeit in den Nächten Schutz und Sicherheit innerhalb der Missionsstation, die teilweise mit über 7000 Menschen hoffnungslos überfüllt war.

Nach elf Jahren in der Station war für ihn die Zeit gekommen, wieder etwas Neues zu wagen und zurück in den Busch zu gehen. Auch hier war er in ständiger Gefahr, berichtete von Situationen, wo er direkt in eine Gewehrmündung schaute. Die Gefahren gingen hier weniger von den Rebellen aus, sondern von räuberischen Überfällen. Er berichtete von den Gegebenheiten in unvorstellbar großen Lagern, in die die Bevölkerung gesperrt wurde und von den unmenschlichen, chaotischen Zuständen.

Gerner erzählt von Opfern, denen in der Bürgerkriegszeit Finger, Ohren und Lippen abgeschnitten wurden, die aber heute neben ihren damaligen Peinigern leben und ihnen vergeben haben. Er zeigt Bilder von ehemaligen Kindersoldaten, die durch ihr Erlebtes noch immer verstört wirken und berichtet von Eltern, die ihre Kinder nicht zurückhaben wollten, weil sie sich vor ihnen fürchteten. Aus diesem Grund war es Gerner wichtig, dass Pfarreien und Schulen aufgebaut wurden, damit die Menschen wieder eine Heimat finden.

Gerners Motto ist immer die Hilfe zur Selbsthilfe. So machen die Menschen dort alles selber, brennen Ziegel und bauen Gebäude auf. Und in den Ruhestand möchte Pater Gerner noch nicht. Es zieht ihn wieder nach Afrika. "Man spürt dort die lebendige Kraft, die aus den Menschen kommt."