(rh) Mit fortschreitendem Alter ist ausnahmslos jeder Mann einem natürlichen Prozess der internen Gewichtsverlagerung unterworfen, gegen den sich zu stemmen ebenso ehrenwert wie ohne jede Aussicht auf Erfolg ist.
Während die idealtypische Gestalt des Jünglings von einem schlanken, muskulösen Oberkörper mit breiten Schultern geprägt wird, tendiert die Körpersilhouette ab dem mittleren Mannesalter nach und nach ins Birnenförmige, wobei der regelmäßige Verzehr von Bier und Schweinsbraten als Katalysatoreffekt häufig noch hinzukommt. Das stetige Volumenwachstum in der Bauch- und Hüftregion ist gleichzeitig eine überaus weise Vorsichtsmaßnahme von Mutter Natur. Könnte doch so mancher Zeitgenosse mit seinem konsequent angesammelten Speckvorrat auch eine längere Hungersnot mühelos überstehen.
Um wenigstens in der Kunst dem Body-Mass-Index dauerhaft Genüge tun zu können, haben die Menschen die Bildhauerei erfunden. Jugendliche Schönheit aus Marmor wie etwa Michelangelos Davidskulptur in Florenz hat auch nach 500 Jahren noch kein Gramm Fett angesetzt, sondern erfreut mit klassischem Stand- und Spielbein die Herzen von Kunstliebhabern und Touristen. Ein schwer adipöser David in der Midlife-Crisis liegt außerhalb jeder Vorstellungskraft.
Doch halt, am Ingolstädter Paradeplatz wird das Unvorstellbare zum Ereignis und das Marmorstandbild zur übergewichtigen Miniaturkopie (Foto: Eberl). Was will uns der Wirt des Straßencafés wohl damit sagen? Dass auch biblische Helden mit ansonsten tadellosem Lebenswandel den Versuchungen von Sahnetorte, Apfelstrudel und Bienenstich erliegen dürfen? Dass David nach seinem Triumph über Goliath eine Karriere als Sternekoch hingelegt hat? Oder dass auch in dieser Branche nicht alles Gold ist, was glänzt? Einzelne Passanten am Paradeplatz sollen sich sogar zu der Einschätzung verstiegen haben, der kräftig gebaute Ein-Meter-Mann verkörpere angemessen die historische Größe des derzeit regierenden Immobilienhändlers im Weißen Haus. Die steile Fönwelle würde schon mal dazu passen.
