Eichstätt
Ein Mann der ersten Stunde geht

Zum Schuljahresende wird Johann Donaubauer als Rektor der Mittelschule Schottenau verabschiedet

18.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:16 Uhr

Die letzten Zeugnisse unterschrieb Johann Donaubauer dieser Tage: Aufsummiert hat er unter fast 12 000 Halbjahres- und Jahreszeugnisse seine Unterschrift gesetzt. Zum 1. August übergibt Donaubauer die Schulleitung an der Mittelschule Schottenau in Eichstätt an seinen Nachfolger Erich Kraus, bisher Konrektor an der Rudolf-Winterstein-Volksschule Kösching. - Foto: smo

Eichstätt (EK) Am 31. Juli wird Johann Donaubauer ein letztes Mal die Türe der Mittelschule Schottenau hinter sich zuziehen. Seit 1. August 2003 stand er als Rektor an der Spitze der Eichstätter Schule. Im Gespräch mit dem EICHSTÄTTER KURIER blickte Donaubauer auf die Jahre als Schulleiter, aber auch die Zeit davor – er war seit 1977 Lehrer an der damals als Teilhauptschule II gegründeten Lehranstalt tätig – zurück.

Herr Donaubauer, neun Jahre Schulleiter, 14 Jahre Konrektor, 35 Jahre Lehrer an der Schottenau. Sie haben die Schule seit ihrer Gründung begleitet. Wie blicken Sie da heute zurück?

Johann Donaubauer: Damals war ja die Klassenführung noch eine ganz andere. Wir haben heute die Mittelschule, vorher waren wir eine Teilhauptschule II: eine Sonderform, in der nur die Klassen 7 bis 9 beschult wurden. Das war damals ein Modell, das in Eichstätt eingeführt worden ist und zu einem Erfolgsmodell wurde. Der damalige Landrat Konrad Regler hat Weitsicht bewiesen, diese Schule so zu bauen – auch in Bezug auf die Gemeinden in der Umgebung von Eichstätt. Das war einfach gut.

 

Die Umsprengelung 2004 und 2006, ständig sinkende Schülerzahlen: Woran liegt das?

Donaubauer: Wissen Sie, die Anforderungen der Wirtschaft sind immer größer geworden. Die Eltern wollen, dass ihre Kinder weiterführende Schulen besuchen. Dann hat uns die Reform der Realschule Schüler gekostet. Wir haben das hier in Eichstätt aber nicht so stark gespürt wie andere Hauptschulen.

 

Sie sprechen von den gestiegenen Anforderungen der Wirtschaft. War dann die Einführung des M-Zuges und die der Praxisklasse eine richtungsweisende Entscheidung?

Donaubauer: Das begann schon mit der Einführung der F10. Ich sehe das als einschneidenden Eingriff – aber im positiven Sinne. Das hat sich vier Jahre lang bewährt. Und die daraus resultierende Einführung der M-Klassen war keine schlechte Sache, um das Image der damaligen Hauptschule zu verbessern. Aber wir dürfen die Schüler nicht vergessen, die handwerklich begabt sind und mit dem Qualifizierenden Hauptschulabschluss in vielen Betrieben wertvolle Arbeit leisten.

Auch die Praxisklasse ist ein Erfolgsmodell. Es war eine unumstößlich gute Entscheidung, dass diese Klassenform eingeführt wurde. So skeptisch ich am Anfang war, so toll finde ich es heute. Diese Kombination einer Pädagogischen Fachkraft mit dem Lehrer fördert die Schüler entsprechend ihrer Neigungen und Begabungen. Das wird auch deutlich an den guten Abschlüssen, die inzwischen hier erzielt werden.

 

Das verbesserte Image der Haupt- bzw. Mittelschule: Liegt es nur an Reformen des Schultyps oder auch an den Schülern?

Donaubauer: Nein, auch an den Eltern. Sie nehmen die Mittelschule wesentlich besser an als in den letzten sechs bis acht Jahren. Wir bekommen jetzt auch Schüler, deren Eltern zuerst überlegt haben, sie auf eine andere weiterführende Schule zu schicken. Jetzt sehen einige, dass ihre Kinder auch an der Mittelschule gut aufgehoben sind.

 

Hat zu diesem Wandel auch die Änderung von Haupt- in Mittelschule etwas Entscheidendes beigetragen?

Donaubauer: Da ist ja auch ein Konzept dahinter. Es geht hier nicht nur um die Namenshülse. Durch die Profilfächer werden die Schüler in einem Bereich speziell auf ihren Abschluss vorbereitet. Das wird auch draußen in der Wirtschaft mehr angesehen. Außerdem gehen wir ja auch vermehrt in die Öffentlichkeit. Unsere Schüler sind in den Betrieben, absolvieren ihre Praktika: Das ist eine gute Möglichkeit, ihren weiteren beruflichen Weg zu finden.

 

Mit der Zeit Ihrer Schulleitung geht nicht nur eine Zeit der Reformen zu Ende, die die Schulpolitik abverlangt hat, sondern auch eine Zeit des großen Umbaus.

Donaubauer: Das stimmt. Allerdings hatten wir den Vorteil, dass die Schule 1977 in einem großartigen Konzept entwickelt und schließlich auch weitsichtig gebaut wurde. Es war schon immer eine moderne Schule mit einer guten Raumsituation, mit einer guten Ausstattung. Der Schulverband hat uns unterstützt. Zudem wurden immer wieder neue Lern- und Lehrmittel angeschafft. Die aktuellen Baumaßnahmen waren in erster Linie ja energetischer Natur. Dass wir jetzt auch eine noch modernere Medienausstattung bekommen, ist der positive Nebeneffekt. Daher war das Ganze eigentlich jetzt gar nicht so störend, wie es von außen vielleicht aussah. Sicher, der Baulärm ist schon eine Belastung. Aber den Schülern hat es beispielsweise gar nichts ausgemacht, im Container unterrichtet zu werden – gerade, weil es ja nur eine begrenzte Zeit war.

 

Wie hat denn eigentlich die Nachbarschaft mit dem Willibald-Gymnasium funktioniert?

Donaubauer: Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein solches Schulzentrum mit solch unterschiedlichen Schultypen ein hervorragendes Verhältnis pflegt, wie wir es haben. Und zwar Schüler wie Lehrer. Wir hatten kein Probleme. Diese standardisierten Sichtweisen, dass das nicht funktioniere, das gibt es bei uns nicht. Ich bin stolz darauf, solche Schulnachbarn zu haben.

 

Erinnern Sie sich an harte Situationen in Ihrer Zeit als Schulleiter?

Donaubauer: Ja. Das sind meistens die Fälle, wenn Schüler da sind, die Probleme zu Hause haben, die durch Prüfungen fallen, die einfach nicht den Halt finden, den sie als Jugendliche brauchen. Man kann als Schulleiter nur Rat geben, Behörden einbinden, aber das ist schon etwas, was einem zusetzt.

 

Es gab sicher auch die ein oder andere Anordnung aus Schulamt oder Kultusministerium, die Ihnen nicht so gepasst hat.

Donaubauer: Da haben Sie recht. Es sind Sachen dabei gewesen, die wir so nicht von Anfang an mittragen konnten, wo wir uns gewünscht hätten, dass es anders funktioniere. Aber wir haben das Beste daraus gemacht.

 

Mit wem haben Sie lieber gestritten: mit den Kollegen oder mit den übergeordneten Behörden?

Donaubauer (schmunzelt): Mit den ,Oberen’. Es gab Diskussionspunkte, wo ich meine Meinung gesagt habe, Verbesserungen für das nächste Jahr angebracht habe. Diese Dinge wurden dann meist weitergegeben und zumeist bin ich gehört worden. Aber manchmal hätte ich immer noch was zu verbessern.

 

Sie sind aus dem Lehrerkollegium der Schottenau heraus Konrektor und später Rektor geworden. War das förderlich?

Donaubauer: Ich hatte immer Lehrer an meiner Schule, die hervorragend gearbeitet haben. Das Verhältnis zwischen Kollegium und Schulleitung war immer gut. Die Kollegen sind immer alles mitgegangen, was wir von der Schulleitung vorgeschlagen haben. Mit Kollegen/innen, die alles mittragen und die einen unterstützen, kann man beständig schulische Erfolge erzielen.

 

Jetzt brechen die letzten Tage an. Was geht Ihnen da so durch den Kopf, wenn Sie durch die Gänge gehen?

Donaubauer: Ich denke bei vielem: ,Das ist jetzt das letzte Mal.’ Es wird mir schon alles ein wenig fehlen. In der Luft liegt so eine Art Spannung. Die Kollegen bereiten die Verabschiedung vor... Man merkt schon, dass eine Zeit kommt, die nicht so normal ist, wie die an einem durchschnittlichen Schuljahresende.

 

Was wird Ihnen denn am meisten fehlen?

Donaubauer: Meine Schüler! Ich habe immer gerne unterrichtet und der tägliche Unterricht, gerade im mathematischen Bereich, war für mich ein Ausgleich zum stressigen Alltag in der Verwaltung.

 

Würden Sie die Ära Donaubauer als Erfolgsmodell bezeichnen?

Donaubauer: Ja, aber nicht von der Person her, sondern von der Schule her gesehen. Ich war immer gerne an dieser Schule. Ich bin ein Teil dieser Bildungseinrichtung und habe die Schottenau immer als „meine Schule“ bezeichnet. Unsere Schüler fühlen sich wohl und gehen gerne in unsere Schule. Auch die Eltern identifizieren sich mit der Schottenau und bestätigen uns, dass ihre Kinder hier gut aufgehoben sind.

 

Was geben Sie Ihrer Schule als ,Vermächtnis’ mit auf den Weg?

Donaubauer: Ich würde mir wünschen, dass die äußeren Verbesserungen sich auf die inneren Werte übertragen. Es ist für jede Schule wichtig, dass wir junge Menschen unterrichten und erziehen, die Perspektiven haben und die Verantwortung lernen für ihre Mitmenschen. Dies ist für mich einer der wichtigsten Erziehungsaufträge der Schule.

 

Wie geht es für Sie nach dem 31. Juli weiter?

Donaubauer: Zuerst einmal geht’s mit der Familie in den Urlaub, so richtig die Seele baumeln lassen. Dann lasse ich es langsam angehen. Auch Franz Beckenbauer sagt immer: „Schau’n mer mal“.

 

Das Gespräch führte unser Redakteur Marco Schneider.