Neuburg
Ein Leben auf der Flucht

Herzogin Maria Amalie von Sachsen war erst spät ein ruhiges Dasein in Neuburg vergönnt

02.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

Maria Amalie Anna Josephina Antonia Justina Augusta Xaveria Aloysia Johanna Nepomucena Magdalena Walpurgis Katharina von Sachsen (1757-1831) - Foto: Kulturamt

Neuburg (DK) Es ist ihr Verdienst, dass uns heute die einmalige Sammlung der Wittelsbacher im Neuburger Rathaus erhalten geblieben ist: Herzogin Maria Amalie, die in Neuburg ihren Witwensitz hatte, schmückte ihr Zuhause mit Bildern ihrer Verwandtschaft.

Sie hätte die Mutter des ersten Bayerischen Königs werden können. Hätte. Das Schicksal jedoch meinte es nicht immer nur gut mit Maria Amalie von Sachsen (1757-1831). Bevor die Herzogin von Pfalz-Zweibrücken ins Neuburger Schloss zog, war ihr Leben geprägt von Flucht, ihrer Ehe mit einem Mann von zweifelhaftem Charakter – und dem Tod ihres einzigen Sohnes.

Amalie wurde in Dresden geboren. Als älteste Tochter ihrer Eltern, der hochmusikalischen Maria Antonia Walpurgis und des sächsischen Kurfürsten Friedrich Christian, war sie eine begehrte Braut für die hochgeborenen Adeligen ihrer Zeit. Doch zunächst bestimmte etwas anderes ihr Leben: Als die kleine Amalie zwei Jahre alt war, flüchtete die Familie vor den Wirren des Siebenjährigen Krieges nach München in die Heimat ihrer Mutter. Doch das sollte nicht die einzige Flucht in ihrem Leben bleiben.

1762 kehrte sie zunächst nach Dresden zurück. Ihr ältester Bruder Friedrich August, Kurfürst von Sachsen, heiratete 1769 eine Prinzessin aus der Wittelsbacher Linie Pfalz-Zweibrücken. Damals ahnte noch niemand, dass dies nur die erste Verbindung der beiden Häuser war. Denn fünf Jahre später heiratete die 16-jährige Amalie den 27-jährigen Pfalzgrafen Karl August, ebenfalls aus dem Hause Pfalz-Zweibrücken. Bruder und Schwester ehelichten somit jeweils Schwester und Bruder.

Ihr Gemahl jedoch war alles andere als ein liebevoller Ehemann und fürsorglicher Begleiter. Karl August war von höchster dynastischer Bedeutung für die Wittelsbacher – und das wusste er. In jungen Jahren wurde er von Zeitzeugen wie folgt beschrieben: „Er hatte sich daran gewöhnt, daß ihm alle Welt bei seinem Namen huldigte. Die natürliche Folge war, daß er sich über alle Menschen erhaben deuchte, sie verachtete und schließlich sogar hart gegen diejenigen wurde, die ihm wissentlich oder unwissentlich nicht den Willen taten und seinen Launen und leidenschaftlichen Neigungen nicht nachgaben.“ Amalie hingegen wurden die Attribute „große Sanftmut, ein gutes Herz, Talente“ zugeschrieben.

Das frischvermählte Ehepaar zog nach Neuburg, wo Karl August zuvor seit einem Jahr gelebt hatte. Als Amalie im sechsten Monat schwanger war, musste sie die Donaustadt allerdings schon wieder verlassen. Christian IV., ein Onkel ihres Mannes, war überraschend gestorben, und Karl August war sein Erbe. In Zweibrücken brachte sie ihren Sohn, Karl August Friedrich, zur Welt. Die Zukunft des Hauses Wittelsbach schien durch diesen männlichen Nachfolger gesichert. Die Ehe allerdings zwischen Amalie und ihrem despotischen Mann war zerrüttet. Karl August wand sich seiner Jugendliebe zu und machte diese Frau von niedrigem Adel nicht nur zu seiner Mätresse, sondern auch noch zur Oberhofmeisterin seiner Frau, die so ständig in der Nähe Amalies war.

1784 dann der große Schicksalsschlag: Ihr einziger Sohn Karl August Friedrich starb unerwartet im Alter von acht Jahren. Knapp zehn Jahre später musste Amalie zum zweiten Mal in ihrem Leben fliehen. Die Französische Revolution und ihre Folgen bedrohten das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, der Hofstaat siedelte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Mannheim über, wo der 48-jährige Karl August kurze Zeit darauf an einem Schlaganfall starb. Schon früher hatte ein preußischer Gesandter über den Herzog geschrieben: „Das Leben, das der Herzog führt, läßt kein hohes Alter erwarten.“

Wie in ihrem Heiratskontrakt beschlossen, wählte Herzogin Amalie Neuburg als ihren Witwensitz. Doch bevor sie ankam, musste am Residenzschloss noch allerhand repariert und hergerichtet werden – es war seit Jahren nicht dauerhaft bewohnt worden. Amalies Personal umfasste 31 Personen, darunter ein eigener Hausarzt und ein Konditor. Doch Ruhe war ihr noch nicht vergönnt: Zweimal noch musste sie wegen kriegerischer Auseinandersetzungen fliehen, einmal nach Dresden in ihre Heimat, einmal nach Passau. 1801, acht Jahre nach der Flucht aus Zweibrücken, kehrte vorübergehend Frieden und damit Ruhe in Amalies Leben ein. In Neuburg nahm sie an vielen gesellschaftlichen Ereignissen teil, so zum Beispiel an der Eröffnung der Elisenbrücke. Sie richtete große Bälle aus, engagierte sich für wohltätige Zwecke und förderte – wie schon ihre Mutter – die schönen Künste. Am 20. April 1831 starb die Herzogin im Alter von 73 Jahren. Ihr Leichnam liegt in der Hofkirche.

Weil ihr Sohn im Kindesalter gestorben war, trat der jüngere Bruder ihres Mannes, Maximilian, die Erbfolge der Wittelsbacher an. Er wurde später der erste Bayerische König.