Altmannstein
Ein Job, viele Aufgaben

Seit März hat Altmannstein zwei Kümmerer, die sich der Belange der Flüchtlinge annehmen

13.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:55 Uhr

In den Unterkünften nach dem Rechten sehen gehört zu den Aufgaben der Altmannsteiner Kümmerer Eva und Wolfram Pflug. Oft sind sie aber auch Vater- und Mutterersatz für die jungen Asylbewerber. - Foto: Ammer

Altmannstein (DK) Seit März hat das Landratsamt Eichstätt für Altmannstein, Mindelstetten und Oberdolling zwei Kümmerer angestellt. Sie unterstützen die Asylbewerber, sind aber auch ein wichtiges Bindeglied zu den Behörden und Hilfestellen. Ihre Arbeit hat sich in diesem Jahr grundlegend gewandelt.

Wie gehe ich mit der Waschmaschine um? Wie wird der Müll in Deutschland getrennt? Wie komme ich von der Bushaltestelle zur Unterkunft? Für solche und ähnliche Fragen sind Eva und Wolfram Pflug zuständig. "Das war die grundsätzliche Idee", erzählt Eva Pflug über die Stellenausschreibung. Die beiden Kümmerer nahmen die Neuankömmlinge in Empfang, brachten sie zu den Häusern. Wenn sie denn wie geplant ankamen.

"Viele sind zum Beispiel schon einen Bus eher gekommen - aber sie haben es bis hierher geschafft, sie schaffen es auch bis zu einem Wohnhaus", sagt sie mit einem Augenzwinkern. Manchmal mussten sie auch Freunde mobilisieren, um eine Gruppe irgendwo abzuholen, die falsch ausgestiegen war. "Es passieren immer unvorhergesehene Dinge", so Eva Pflug. Und ihr Mann fügt hinzu: "Aber die machen auch Spaß."

Schon bald ging die Arbeit der beiden über die Unterstützung des Hausmeisters hinaus. "Man ist Vater- und Mutterersatz", schildert Wolfram Pflug. Und manchmal werden die beiden von den jungen Asylbewerbern auch so genannt. Dem Landratsamt war es wichtig, einen Ansprechpartner für die Gemeinden vor Ort zu haben. Um Bürgermeister, Ehrenamtliche, Asylberater und Hausmeister zu entlasten.

"Wir sind gefragt worden", antwortet Eva Pflug auf die Frage, wie sie zu dieser Aufgabe gekommen seien. Sie und ihr Mann waren viel im Ausland - und irgendwann seien die ehrenamtliche Asylkoordinatorin Elisabeth Riegler und auch Bürgermeister Norbert Hummel (CSU) auf sie zugekommen. "Was soll's, haben wir uns gedacht, warum nicht. Wir können ja wieder aufhören", erinnert sich Eva Pflug an ihre Überlegungen. Ein Grund, zuzusagen, seien auch ihre eigenen positiven Erfahrungen im Ausland gewesen, ergänzt Wolfram Pflug: "Uns haben viele Leute geholfen - und auf diese Weise wollen wir etwas zurückgeben. Und wir machen es gerne."

Die Arbeit wird den beiden dabei nicht zu knapp. Gerade dienstags, wenn sie mit der Caritas ihre Sprechstunde im Rathaus halten, ist der Andrang groß. Inzwischen haben die beiden Routine in den verschiedenen Anliegen, von Behördenschreiben über Zahnarzttermine und defekte Lichtschalter. "Die Vielfältigkeit der Anforderungen war am Anfang schon heftig - das war kein Halbtagsjob", erzählt Wolfram Pflug. Einer der Hauptpunkte, auf den sie achten mussten, war, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Anfangs habe es immer mal wieder Probleme mit zu lauter arabischer Musik gegeben, "mittlerweile gibt es keine Beschwerden mehr", weiß Wolfram Pflug. Inzwischen wissen die jungen Männer, dass die Nachbarn früh aufstehen müssen, um in die Arbeit zu gehen - oder gehen selbst arbeiten.

Wichtig sei, dass sich die Kümmerer abgrenzen können, betont Manfred Schmidmeier, Pressesprecher des Eichstätter Landratsamts. "Am Anfang wird man mit Anfragen zugeschüttet, die Gefahr ist groß, dass man versucht, jedem Wunsch nachzukommen." Kümmerer sei eine Arbeit, ein Job - und in keinem Job sei man durchgehend erreichbar. "Aber es ist schwer, die Abgrenzung zu finden, gerade wenn man im Vorfeld viel ehrenamtlich tätig war."

Am Wochenende schalten die Pflugs ihre Handys deswegen auch gerne mal aus. Außer natürlich, es steht etwas Besonderes an, wie die Geburt eines Kindes beispielsweise. Wenn das Telefon abends noch klingelt, "dann schaue ich drauf und kann einschätzen, ob das wichtig ist", erzählt Eva Pflug. Im Urlaub sei es für sie ratsam, wegzufahren. Im gleichen Umfeld die freie Zeit zu genießen: eher schwierig. "Wenn ich in den Supermarkt gehe, komme ich nicht raus, ohne dass mich drei Menschen ansprechen, die Sorgen haben."

Ein ganz normaler Tag beginnt bei den Pflugs mit einem gemütlichen Frühstück, bei dem sie sich auch schon Gedanken machen, wie sie die Arbeit verteilen. "Es geht strukturiert los, manchmal bleibt das den ganzen Tag über so, an den meisten Tagen wird es aber ganz anders als geplant", erzählt Wolfram Pflug. Seine Frau kümmert sich um die Telefonate und den Papierkram. Wichtig ist auch die Absprache mit den Ehrenamtlichen.

Zu den Aufgaben der Kümmerer gehört es nicht nur, in den Unterkünften nach dem Rechten zu sehen, sondern auch, zu kontrollieren, wer alles da ist. Manchmal bleiben andere Asylbewerber über Nacht - oder aber es verschwinden welche. "Man muss die Intimsphäre stören und in jedes Zimmer schauen", erzählt Eva Pflug. Etwas, das sie auch erst lernen mussten. Dass Asylbewerber einfach nicht mehr auftauchen, sei nicht außergewöhnlich, weiß die Ehrenamtskoordinatorin Asyl im Landratsamt, Christine Pietsch. Holt ein Asylbewerber sein Taschengeld zweimal nicht ab, wird kontrolliert, wo er denn steckt. Ist er nicht mehr da, wird er im betreffenden Ort abgemeldet. Auch in der Großgemeinde Altmannstein hätten sie den Fall schon gehabt, bestätigen die Kümmerer. Oft sei der Grund, dass es die Menschen in die größeren Städte ziehe. Verschwindet ein Asylbewerber, gilt er als untergetaucht. "Nimmt er seine Termine beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahr, wird nach Aktenlage entschieden und das kommt einer Abschiebung gleich", so Pietsch.

Schwierig bleibt für die beiden Kümmerer die sprachliche Verständigung. "Englisch ist immer die Hoffnung", sagt Wolfram Pflug. Es gebe zwar viele Angebote für Deutschkurse in Altmannstein, doch die nutzen nicht alle. Doch das Ehepaar Pflug kennt seine Jungs, wie sie sie gerne nennen, inzwischen so gut, dass sie wissen, wen sie als Dolmetscher mitnehmen können.

Die Reaktionen der Altmannsteiner auf ihre Arbeit seien meist positiv, berichten sie. Auch wenn es, wie überall, auch andere gebe. Christine Pietsch sagt dazu: "Die Kümmerer leisten einen wichtigen Beitrag zur Harmonie im Ort." Durch sie wissen die Asylbewerber, an wen sie sich wenden können, wer ihnen hilft. "Sie kommen oft und bedanken sich", fügt Eva Pflug hinzu. Und wenn sie sehen, wie die Männer "Servus" und "Grüß Gott" sagen, freut sie das ganz besonders.