Ein Herz für Kampfhunde

10.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:02 Uhr

Der Staat geht immer mit Gassi: Wenn die Mitglieder des Tierschutzvereins Kampfhunde aus dem Heim ausführen – hier die Betreuerin Jasmin Herrmann mit dem eineinhalbjährigen Red-Nose-Pitbull Tyson – beachten sie strenge Auflagen. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) MIt ihrem jüngsten Antrag, die Sondersteuer auf Kampfhunde aus dem Ingolstädter Tierheim aufzuheben, sofern sich geeignete Halter finden, haben die Grünen-Fraktion und die FDP-Stadträtin Christel Ernst eine einst kontroverse Diskussion wiederbelebt. Der Tierschutzverein begrüßt die Initiative.

Kaum einer mag sie, fast jeder fürchtet sie, und nach dem Gesetz dürfen sie in Bayern eh nicht normal leben: Hunde der Kategorie I wie Pitbull, Bullterrier oder Bandog, vereinfacht auch als Kampfhunde bezeichnet. Doch sie sind da. Im Ingolstädter Tierheim führen sie als nahezu unvermittelbare Dauerinsassen eine traurige Existenz. Wegen der hohen Auflagen für ihre Vermittlung samt der rund zehn Mal höheren Steuer droht das so zu bleiben. Ein erneuter Vorstoß der Grünen und der FDP-Stadträtin Christel Ernst hat das brisante Thema wieder auf die Tagesordnung gebracht. Sie fordern die Gleichbehandlung aller Hunde im Heim.

Ernst argumentiert in ihrem Prüfungsantrag, der vergangenen Woche den Stadtrat beschäftigte, dass Hunde der Kategorie I fast keine Chance hätten, vermittelt zu werden. "Für das Tierheim stellt das eine große finanzielle und räumliche Belastung dar." Sie beantragt daher, die Steuer für diese Hunde von 677 auf 65 Euro zu senken, sofern sie "wesensgeprüft" sind und an "geeignete Halter abgegeben werden".

Auch die Grünen wollen prüfen lassen, ob Kampfhunde aus dem Ingolstädter Tierheim wie herkömmliche Hunde besteuert werden können, um zu verhindern, "dass sie allein wegen ihrer Rasse für den Rest ihres Lebens" im Tierheim dahinvegetieren müssen. Fraktionschefin Petra Kleine beantragt, die Regelung im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes zu prüfen. Sie argumentiert: Bemühe sich ein Tierfreund trotz der Auflagen und der hohen Steuer um eine Erlaubnis, seien "nicht fragwürdige Kampfhundbegeisterung", sondern "der Tierschutzgedanke, Hundeliebe und Idealismus handlungsleitend".

Der Ingolstädter Tierschutzverein begrüßt diese Initiative, denn seine Mitglieder rührt das Schicksal eines jeden halterlosen Hundes an. Trotz aller Liebe stehen das Sicherheitsbedürfnis der Bürger und die Regeln des Staates an erster Stelle. Gemäß Artikel 37 Landesstrafrechtgesetz ist die Zucht von Kampfhunden verboten. Die Erlaubnis, sie zu halten, sei auch von der Seriosität des Antragstellers abhängig, erklärt Angelika Meyer-Kanthak, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins und examinierte Hundepsychologin. Wobei Tierschützer lieber von "Listenhunden" sprechen; das meint in etwa: Hunde, die auf dem Index stehen.

"Wir setzen intensiv auf Aufklärung", sagt Angelika Meyer-Kanthak, um das Bewusststein für das Gesetz zu schärfen. "Wir erklären: Was muss man tun, damit die Hunde nicht in falsche Hände geraten" Die Kooperation mit dem Ordnungsamt, das über jede Vermittlung entscheidet, sei den Mitgliedern des Vereins ebenfalls wichtig.

Jedoch: Den Tierschützern liegen halt alle Hunde am Herzen, die in den Zwingern an der Alfred-Brehm-Straße leben. Meyer-Kanthak zufolge wurden die Listenhunde illegal eingeführt. Oft stelle die Polizei die Tiere sicher und liefere sie im Heim ab. Diese Hunde leichter vermitteln zu können, wäre dem Verein eine große Hilfe. Es gebe genug geeignete Hundebesitzer, die die überaus strengen bayerischen Anforderungen erfüllen; dazu zählen die fachliche und charakterliche Eignung und die ordnungsgemäße Haltung. Die Expertin bestätigt, dass die hohe Steuer die Vermittlung zusätzlich erschwere.

Rainer Pietsch, Vorsitzender des Tierschutzvereins, würde eine Gleichbehandlung ebenso begrüßen. Er schränkt aber ein: "Die Sondersteuer ist gar nicht das größte Problem." Sondern die Vielzahl der Auflagen. Auch er betont: "Wir bemühen uns um Beratung und eine gute Kooperation mit der Stadt."

Zuletzt hat Angelika Meyer-Kanthak mit großem Aufwand fünf der schlecht beleumundeten Hunde an den Mann gebracht: alle in Bundesländern mit moderateren Regeln. "Wir wissen sonst echt nicht wohin mit ihnen." Die Tierschützerin wirbt um Verständnis. Die Aggressivität eines Hundes sei immer das Werk seines Herrchens. Ein böser Mensch könne sogar Dackel dazu abrichten, andere zu beißen, argumentiert sie. Mit Schäferhunden passiere viel mehr als mit Hunden, die auf der Verbotsliste stehen. Etwas resigniert fügt sie an: "Aber ein deutscher Schäferhund ist eben ein deutsches Kulturgut."

Sie schätzt vorsichtig, dass in Ingolstadt momentan mindestens 20 Kampfhunde gehalten werden. Gut möglich also, dass die Polizei bald wieder ein paar von ihnen im Heim abliefert. Ob die Vermittlung wirklich erleichtert wird, entscheidet demnächst der Stadtrat.