Ingolstadt
Ein heißer Ofen für das Kunsthandwerk

27.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:49 Uhr

Mittelalterlicher Nachbau: Der Ingenieur und Keramikexperte Michael Back rekonstruiert derzeit im Stadtmuseum einen Brennofen, wie er in der glanzvollen Residenzzeit Ingolstadts von den Töpfermeistern benutzt wurde. - Foto: Stadik

Ingolstadt (DK) Im Stadtmuseum entsteht derzeit ein historischer Brennofen, der einem Ingolstädter Töpfer-Original aus dem späten 15. Jahrhundert nachempfunden ist. Damit wird ein Einblick in die Arbeitswelt der mittelalterlichen Kunsthandwerker in der Residenzstadt möglich.

Als im Herbst 2005 ein mittelalterliches Töpferzentrum mit drei Brennöfen, Tonlagerschächten und Werkgruben an der Konviktstraße entdeckt wurde, waren nicht nur Archäologen begeistert. Durch die Ausgrabung konnten die Wissenschaftler den gesamten Produktionsprozess des Hafnerhandwerks im Mittelalter rekonstruieren. Die Ausstellung "Meisterwerke in Serie – Kunst und Handwerk einer Residenzstadt" im Stadtmuseum lässt diese glanzvolle Epoche der Ingolstädter Geschichte auferstehen.

 
Neben zahlreichen Keramiken und anderen Fundstücken wird seit Februar auch die Entstehung eines Brennofens demonstriert, den der Ingenieur und Keramikexperte Michael Back vom Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim aufbaut. "Ich habe großen Respekt vor den mittelalterlichen Kunsthandwerker", erläuterte Back, der sich gestern Vormittag bei der Arbeit über die Schultern blicken ließ. Der Spezialist ist sich sicher, dass die Ingolstädter Töpfer ihre Anregungen für den damals hochmodernen Ofen in Italien geholt haben. Vorsprung durch Technik sozusagen: "Sie konnten damit viel einfacher experimentieren."

Schließlich war die Feuerstelle nicht nur stabiler als ihre Vorgänger, sondern erlaubte auch deutlich höhere Brenntemperaturen. Erst dadurch konnten die künstlerisch wertvollen Keramiken für das bayerische Herzogshaus, die Hohe Schule und die Ingolstädter Kirchen produziert werden. Der moderne Nachbau im Ingolstädter Stadtmuseum, der gut zwei Meter lang, etwa 1,40 Meter breit und bis zu 1,20 Meter hoch ist, besteht aus etwa 200 Wölbflaschen. Michael Back stellt diese Tongefäße selbst her und verbindet sie vor Ort zu einem Gewölbe. Das tragende Leergerüst aus Holz wird zum Schluss der Arbeiten entfernt. Der Clou: Der fertige Ofen kann komplett zerlegt und wieder aufgebaut werden.

Künftig könnten dann zum Beispiel Schulklassen ihre Töpferware in einem mittelalterlichen Ofen brennen. Zugleich soll auch das Museum in Bad Windsheim profitieren: Dort wird in einem historischen Gebäude, das zunächst in Eichstätt stand, ein Kachelofen für die gute Stube nachgebaut. Die herausragende Rolle der Ingolstädter Hafner in ihrer Zeit verdeutlicht der Stadtarchäologe Gerd Riedel anhand der hohen Qualität der Töpferware. Schließlich wurde in Serie und je nach Geschmack und Geldbeutel für verschiedenste Zielgruppen produziert. "Die Ingolstädter Handwerker mussten damals mehr leisten als in anderen Städten", ist sich Riedel sicher.