Wolnzach
Ein Heimatforscher aus Leidenschaft

WZ-Serie "Spurensuche": Josef-Reindl-Straße erinnert an bedeutenden Chronisten

22.12.2020 | Stand 23.09.2023, 16:07 Uhr
Josef Reindl schrieb zwei Wolnzacher Ortschroniken und trieb zahlreiche Vereinsgründungen voran. −Foto: Historischer Cirkel

Wolnzach - Sie ist eine der älteren Wolnzacher Straßen, hat ihren Namen bereits 1950 bekommen: Josef-Reindl-Straße.

Von der Wendenstraße zweigt sie in westlicher Richtung ab, führt über knapp 600 Meter hinauf in Richtung Lehrpfad. Etliche Familien leben hier, zum Teil alteingesessene, zum Teil neu dazu gekommene. Manche von ihnen wissen um ihre Straße, kennen auch die Geschichte ihres Namensgebers: die eines leidenschaftlichen Priesters, geselligen Zeitgenossen, umtriebigen Vereinsmenschen und akribischen Heimatforschers, der zwar kein Hiesiger war, aber dennoch tiefe Spuren hinterlassen hat.

Jung war er, als er nach Wolnzach kam. Sehr jung für einen Priester, gerade einmal 33 Jahre alt. Im Jahr 1906 war das, sieben Jahre sollte er hier als Benefiziat bleiben. Wer war dieser Josef Reindl? Mit dieser Frage hat sich auch einer befasst, der ein bisschen so ist, wie Josef Reindl war: begeistert von der Geschichte, fleißig im Zusammentragen, genau in der Recherche. Der Wolnzacher Heimatforscher Michael Geyer hat sich mit Reindls Leben befasst, es nachgezeichnet - im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Geyers Werke sind einzigartig, verfasst in gestochener Handschrift, jeder Buchstabe wie gemalt. Das Leben des Josef Reindl hat ihn fasziniert, weil es so vielfältig ist.

Am 8. Juni 1873 wurde Josef Reindl in Kelheim als Sohn eines Schreinermeisters geboren. Schon früh allerdings zeigte sich, dass aus dem Buben kein Handwerker werden würde: Seine Eltern schickten ihn auf das Gymnasium, nach dem Abitur studierte er in Regensburg und widmete sich schon sehr früh seinen großen Hobbys: dem Schreiben und der Heimatforschung. Sein erstes Werk wurde bereits 1897 gedruckt. Nach der Priesterweihe wurde Josef Reindl Kooperator in Rudelzhausen, 1906 kam er dann nach Wolnzach, wo er sieben Jahre wirkte. In dieser Zeit entstanden zwei seiner bedeutendsten Bücher, die noch heute für jeden geschichtlich Interessierten wichtige Grundlagen sind: Im Jahre 1911 erschien das Buch "Wolnzach in der Hallertau" und drei Jahre später "Das Wolnzachtal in der Geschichte". So viel Material hatte er gesammelt, dass es gleich für zwei Bücher über Wolnzach gereicht hat. Über die Zeitung hatte sich der Priester damals so an die Bevölkerung gewandt: "Man bringe mir solche Schriftstücke! Sag keiner, die in seinem Besitz befindlichen haben keinen Wert! Ungeprüft kann das keiner sagen." Seine beiden Wolnzachbücher, erschienen im Eigenverlag des Marktes Wolnzach, brachten Pfarrer Reindl hohe Anerkennung ein, sogar aus Amerika kamen Dankesbriefe. Die beiden Reindl-Chroniken sind im Original längst vergriffen und wurden deshalb im Dezember 1998 vom Historischen Cirkel Wolnzach neu aufgelegt.

Reindl selbst nahm alles Lob mit höchster Bescheidenheit entgegen. Quasi eine Selbstverständlichkeit sei es gewesen, dass auch Wolnzach eine Chronik erhalten müsse: Nachdem Nandlstadt und Au bereits Chroniken hatten, durfte doch "die Erste der Hallertauer Städte, Wolnzach" nicht außen vor bleiben. Aber Pfarrer Reindl war nicht nur leidenschaftlicher Heimatforscher und Chronist - er muss auch ein recht geselliger und recht leutseliger Zeitgenosse gewesen sein. So war er es auch, der in Wolnzach einige Vereinsgründungen vorangetrieben hat.

Pfarrer Reindl starb mit 72 Jahren in Erding - mittendrin in der Arbeit an einer weiteren Chronik. Vier Jahre nach seinem Tod wurde in Wolnzach eine Straße nach ihm benannt; in Ehrerbietung und Achtung vor einem, der hier Spuren hinterlassen hat.

WZ

Karin Trouboukis