Ingolstadt
Ein ganz stiller Abschied

Elmar Tittes zieht sich nach 30 Jahren als Schulleiter ohne jedes Aufsehen zurück

27.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Festliche Gewänder, prächtige Stimmung: Der zweite Abschlussjahrgang der Tilly-Realschule bekam am Montag im Spiegelsaal des Kolpinghauses die Zeugnisse überreicht. Die Jugendlichen ließen ihren Schulleiter Elmar Tittes (l.) hochleben. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt als Rektor. - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Elmar Tittes war 24 Jahre lang Rektor der Wirtschaftsschule. Seit 2010 leitet er die neu gegründete Tilly-Realschule. Jetzt hört der 71-Jährige auf. Die Verabschiedung der Tilly-Absolventen am Montag war sein letzter öffentlicher Auftritt als Schulleiter, aber Tittes macht kein Aufsehen darum.

Er nahm leise Abschied. Wirklich sehr leise. Genau gesagt ließ er darüber kein einziges Wort fallen. Bei der feierlichen Verabschiedung des Abschlussjahrgangs der Tilly-Realschule am Montagabend im Spiegelsaal des Kolpinghauses hatte Elmar Tittes seinen letzten öffentlichen Auftritt als Schulleiter. Aber er erwähnte es nicht; das mit ihm sei doch völlig unwichtig, hatte er in den Tagen vor der Feier gesagt, der Abend sollte ganz seinen Schülerinnen und Schülern gehören, sie allein gelte es zu verabschieden. So war sein angekündigter Rückzug von der Führung der Realschule während des überaus emotionalen und musikalisch sehr niveauvollen Festakts kein Thema, doch die 18 Zehntklässler ließen ihren Rektor erst recht mit allen Kräften hochleben.

Er wird im nächsten Schuljahr noch einige administrative Aufgaben für die Wirtschafts- und die Tilly-Realschule erfüllen, zudem wird er als Mitglied im Vorstand des Verbandes Bayerischer Privatschulen und als Vorsitzender der Direktorenvereinigung der Bayerischen Wirtschaftsschulen "alles unternehmen, um den Modellversuch "Wirtschaftsschule ab der 6. Jahrgangsstufe" so abzusichern, dass er "zum Regelfall wird", wie er am Tag nach der Abschlussfeier erzählte.

Aufhören war lange nicht seine Sache. Elmar Tittes wird im Dezember 72 Jahre alt; an einer Privatschule ist das möglich. Er ist der dienstälteste Schulleiter der Stadt. Von 1986 bis 2010 war er Rektor der Wirtschaftsschule, die er maßgeblich geprägt hat. Dann tauschte er mit seiner Stellvertreterin Sabine Pannwitz den Posten und übernahm die Führung der privaten Tilly-Realschule im selben Gebäude, die auf seine Initiative gegründet wurde. Er baute die Schule mit Gelassenheit und Routine auf, gewann sofort das Vertrauen der Eltern - bei einer Neugründung ist das nicht selbstverständlich - und das der Kinder, die 2010 an die Schwesterschule der Wirtschaftsschule übertraten, sowieso. Die Tilly-Realschule startete damals mit einer sechsten und einer fünften Klasse. Aus den Kindern wurden Jugendliche. Der erste Jahrgang ist vor einem Jahr ebenfalls sehr feierlich verabschiedet worden, am Montag nun bekamen die Fünftklässler des Jahres 2010 ihre Abschlusszeugnisse überreicht.

Alle 18 haben bestanden. Die Durchschnittsnote darf mit 2,36 als "großer Erfolg" gelten, sagte die stellvertretende Schulleiterin Marion Chmielewski. Sechs Absolventen wollen auf die FOS gehen, die anderen beginnen eine Ausbildung "in ihrem Wunschberuf". Eine Konstellation, die OB Christian Lösel in seinem Grußwort besonders hervorhob. Er erinnerte an die Zeit seines Schulabschlusses vor 22 Jahren, als die Bundesrepublik auf fünf Millionen Arbeitslose zusteuerte, und die Prognosen noch viel Düsteres in Aussicht stellten. "Das war keine schöne Zeit, da war man nur einer unter vielen, da habt ihr es heute viel besser, euch stehen viele Stellen offen - und das gönne ich euch!" Lösel forderte die Jugendlichen dazu auf, ihre "Ideen immer selbstbewusst einzubringen, denn das hält die Gesellschaft jung". Sein Rat: "Greift zu den Sternen!" Um erfolgreich zu sein, müsse man aber auch Tugenden wie Fleiß und Anstand einbringen, das sei wichtig, sagte der OB, "auch wenn es spießig klingt". Doch da besteht bei den Tilly-Absolventen - zumindest dem ersten Eindruck nach - kein Anlass zur Sorge, Lösel lobte nämlich auch ausdrücklich, "wie ordentlich alle angezogen sind", das sei heute nicht selbstverständlich.

Wie gesagt: Elmar Tittes erwähnte seinen Abschied als Schulleiter an diesem Abend mit keinem Wort. Ein einziges Mal benutzte er das Wort "ich": "Ich wünsche mir, dass ihr die Tilly-Realschule und die Zeit, die ihr hier verbracht habt, in guter Erinnerung behaltet." Er würde sich über Besuche Ehemaliger immer freuen. Das ist angesichts des innigen Finales der Feier zu erwarten: Die Schüler bedachten alle Lehrer, besonders ihren "herzlichen, gerechten Rektor", mit Blumen, Geschenken und wortreichen Komplimenten. Auch das ist nicht selbstverständlich.