Pietenfeld
Ehemaliges Schulhaus wird 110

Seit 1719 gab es im Adelschlager Ortsteil Pietenfeld Schulhäuser

07.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:02 Uhr
  −Foto: Volnhals/Archiv

Pietenfeld - Das erste Pietenfelder Schulhaus wurde im Jahr 1719 in der Nähe der Kirche gebaut oder eingerichtet.

Die Schule hatte zu dieser Zeit keinen hohen Stellenwert in den Gemeinden, wie im Pietenfelder Heimatbuch zu lesen ist: Die Lehrer waren schlecht bezahlt und mussten oft durch einen Nebenverdienst für den Lebensunterhalt für sich und seine Familie sorgen. Manchmal konnte wegen der schlechten Beheizung kein Unterricht abgehalten werden.

Bereits 1852 verkaufte die Gemeinde das erste Schulhaus. Auf dem Grund eines ehemaligen Zehentstadels an der Kirchenstraße, wo jetzt das Leichenhaus steht, fand das zweite Pietenfelder Schulhaus seinen Platz. Im Erdgeschoss befand sich der Schulsaal und im Obergeschoss die Lehrerwohnung. Im Jahre 1887 wurde ein weiteres Schulzimmer in südlicher Richtung angebaut. Das Schulhaus wurde bis 1911 genutzt. Danach fanden verschiedene Familien und vor allem Flüchtlinge und Heimatvertriebene darin eine Wohnung. 1969 wurde das Haus wegen der Erweiterung des Friedhofes und dem Bau des Leichenhauses abgebrochen.

1911, vor 110 Jahren, begann der Unterricht in dem stattlichen Gebäude an der jetzigen Hauptstraße: mit zwei großen Klassenzimmern im Erdgeschoss. Im Obergeschoss befanden sich zwei Lehrerwohnungen. Ein weiteres kleines Gebäude wurde im selben Baustil errichtet und diente als Waschküche und Vorratsraum. 78 Jahre lang - mit einer neunjährigen Unterbrechung - war die Schule "in Betrieb". In den beiden Schulräumen wurden oft bis zu hundert Kinder in acht Klassen unterrichtet.

Das massive und etwa 20 Meter lange Gebäude wurde in den 110 Jahren seiner Geschichte mehrmals saniert und umgebaut, aber in seinem ursprünglichen Aussehen nicht wesentlich verändert. Im Zuge der Gemeindegebietsreform 1978 kam Pietenfeld zur Gemeinde Adelschlag. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Pietenfelder Kinder in den anderen Orten unterrichtet. Das Schulhaus wurde für Sport und Gymnastik sowie verschiedene Veranstaltungen genutzt. Allerdings gab es in der jetzigen Gemeinde Adelschlag mit den Ortsteilen Möckenlohe, Ochsenfeld und Pietenfeld so viele Kinder, dass das Pietenfelder Schulhaus noch einmal gebraucht wurde: Von 1986 bis 1989 fand in den beiden Klassenzimmern wieder Unterricht in den unteren Jahrgangsstufen statt. Erst mit der Fertigstellung der damaligen Grund- und Teilhauptschule in Adelschlag 1989 wurde das Haus frei für eine andere Verwendung. Durch einen aufwendigen An- und Umbau sind dort jetzt ein Kindergarten sowie eine Kinderkrippe untergebracht.

Viele ältere Pietenfelder erinnern sich an ihre Schulzeit, oft mit einem weinenden und einem lachenden Auge. So waren im Sportunterricht das Herrichten des Brennholzes für die Kachelöfen und das Arbeiten im Schulgarten selbstverständlich. Der Musikunterricht war auf gemeinschaftliches Singen beschränkt. Lange Zeit waren körperliche Züchtigungen nicht selten. Die Bubenstreiche, auch außerhalb der Schule, wurden vom Lehrer mit "Übergelegten" oder mit "Watschen" geahndet. Die Zurechtweisung der Mädchen geschah meist durch Schläge mit einer dünnen Rute auf die zierlichen Finger, was "Tatzen" genannt wurde. Körperliche Züchtigungen durch Lehrkräfte sind nicht mehr vorstellbar. Anderes kommt vielleicht auch heutigen Lehrern noch bekannt vor - etwa eine Notiz aus dem Schuljahr 1953/54 vom damaligen Schulleiter der Volksschule, Hans Lutz.

Im Pietenfelder Heimatbuch ist zu lesen: "Die Schuldisziplin hat sich nur geringfügig verbessert, ebenso lässt der (. . . ) Fortgang bei manchen Schülern noch viel zu wünschen übrig. Der häusliche Fleiß der Kinder ist gleich Null. "

EK

Willi Volnhals