Ingolstadt
Edler Klang aus Dänemark

Hervorragendes Chris Minh Doky's New Nordic Jazz Trio im Diagonal

24.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:08 Uhr
Chris Minh Doky ließ beim Konzert im Diagonal immer wieder samtweich seinen Bass singen. −Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Piano Trios aus Skandinavien haben Konjunktur.

Man denke nur an E. S. T. , an das Tingvall Trio, an die Bands von Helge Lien oder Espen Eriksen. Ebenso hoch im Kurs stehen die Bassisten aus dem europäischen Norden. Niels-Henning Ørsted Pedersen, Lars Danielsson, Mats Eilertsen. Bei Chris Minh Doky überschneiden sich die beiden Strömungen, denn er leitet seit Kurzem das New Nordic Jazz Trio, und das als Kontrabassist, obwohl es sich doch eigentlich um ein klassisches Piano Trio handelt.

An diesem Abend steht nun also der Mann aus Kopenhagen zusammen mit Peter Rosendal am Flügel und Jonas Johansen am Schlagzeug auf der Bühne des Ingolstädter Diagonal, das trotz des großen Namens nicht einmal ausverkauft ist, was natürlich schon einiges aussagt über die angeblich doch so sehr am Jazz interessierten Ingolstädter Konzertgänger.

Dabei macht Ninh Doky mit den Stücken aus den beiden Alben "New Nordic Jazz" und "Transparency" auch Einsteigern die Sache gar nicht schwer. Denn im Grunde spielt das Trio weder musikalisch entrückte Kompositionen, kunstvoll gedrechselte Modulationen oder Variationen oder ergeht sich in ellenlangen Soli, bei denen man durchaus als Zuhörer auch mal aussteigen könnte, nein, eigentlich geht es um "Songs", um Stücke, bei deren Themen man nach ein klein wenig Übung sogar mitsingen könnte. Nur dass hier eben hauptsächlich Minh Doky's Bass singt. Was hat dieser Mann doch für einen kraftvollen und doch so ungemein samtenen Ton. An manchen Stellen könnte man geradezu dahinschmelzen.

Viele Stücke beschäftigen sich mit familiären Dingen und tragen deswegen Titel wie "Brother", "Mother" oder "Son". Und weil es auch in dänischen Haushalten mal eher ruhig und dann wieder ausgelassen zugeht, setzt die Band die innerfamiliären Beziehungsgeflechte in Töne um. Das gibt dem Konzert eine ungeheure Dynamik. Mal schwebt man auf einem flauschigen Wolkenteppich, dann wieder auf einem rhythmischen Nagelkissen, und zwischendurch wechselt Minh Doky das Thema und begrüßt den skandinavischen Sommer mit "Lyset" (Licht) oder mit "Sommerpiger på cycel" (Sommermädchen auf dem Fahrrad), wobei die Band ihrem Chef auf überaus einfühlsame Weise folgt.

Man verliert als Zuhörer bei diesen Stücken nie die Bodenhaftung, was nicht heißt, dass vor allem Minh Doky selbst nicht auch ein exzellenter Solist wäre. Das ist er in der Tat, nur verliert er sich nie in höheren Sphären. Das Stück, die Stimmung, die inhaltliche Idee, der edle Klang seiner Band sind ihm wichtiger als vordergründig zur Schau gestellte Virtuosität, wobei er zweifelsohne über selbige verfügt. Und Witz hat er auch. Mehrfach zitiert er das berühmte "Jean Pierre" von Miles Davis und grinst sich eins. Da weiß man doch auch gleich, wer ihn einst inspiriert hat. - Nachher kann man an der Kasse die Tonträger der Band kaufen. Dass sie gut weggehen, verwundert nach diesem herausragenden Konzert nicht.

Karl Leitner