Dystopische Zustände?

Das Stadttheater Ingolstadt schickt aus dem Lockdown einen musikalischen Silvestergruß

22.12.2020 | Stand 23.09.2023, 16:09 Uhr
Silvesterfeier im Lockdown: Am 31. Dezember stellt das Stadttheater ein kleines Überraschungsvideo online - ein musikalisch-theatraler Gruß des Ensembles. −Foto: Stadttheater Ingolstadt, privat

Ingolstadt - "Silvester-Überraschung geplant!

", liest man auf der Homepage des Stadttheaters Ingolstadt. Was sich genau dahinter verbirgt, erfährt, wer am 31. Dezember um 17 Uhr auf die Website klickt. Im digitalen Raum findet nämlich eine ganz besondere "White-Christmas-Silvester-Feier" statt: Schauspieler mit Mund-Nasenschutz, Abstand, ohne Alkohol und Böllerei und mit Plexiglaswänden zwischen den Dinner-Tellern. Ein tristes Fest also? Könnte man meinen, wüsste man nicht, dass Regisseur Philipp Moschitz hinter dem Video-Gruß steckt. Er hatte vergangene Spielzeit den knallbunten, wild-fantastischen, apokalyptischen "Kleinen Horrorladen" auf die kleine Bühne des Stadttheaters Ingolstadt gezaubert. Weil der stets ausverkauft war, sollte die Inszenierung ins Große Haus übernommen- und jetzt zu Silvester gezeigt werden. Unter Corona-Bedingungen und auf Abstand hatte sich Philipp Moschitz an die Arbeit gemacht. Allein: Das Theater befindet sich im Lockdown. Vorstellungen dürfen derzeit nicht stattfinden.

Ganz ohne Theater wollte das Theater das Jahr allerdings nicht ausklingen lassen. Und so hat man einen kleinen theatralen Gruß ans Publikum ersonnen. Ausgangssituation ist die aktuelle: Feiern unter Lockdownbedingungen. "Aber dann gehen wir mit der Kamera in den Kopf einer Schauspielerin. Und auf einmal entsteht eine Utopie, die an Silvester der vergangenen Jahre erinnert - wilde Partys ohne Beschränkungen. " Basis ist der "Silvester"-Song von Rainald Grebe, der mit den schönen Zeilen beginnt: "Erster Januar, 6 Uhr früh, da liegt ein Kondom im Fondue - war ein schönes Silvester. . . " Schon wie Philipp Moschitz am Telefon den Anfang singt, verspricht das eine interessante Produktion zu werden. Das Lied wurde - mit dem Einverständnis von Rainald Grebe - auf das heimische Ensemble umgedichtet. "In dieser schönen Welt tauchen die Figuren der vergangenen Spielzeit auf", erklärt Moschitz: Figuren von "Hunger und Gier" und dem "Kleiner Horrorladen" treffen auf Figuren aus "Drei Schwestern", "Welt am Draht", "(R)Evoltion" und "Gatte gegrillt". Auch Hildegard Knef feiert mit. Tobias Hofmann ist für das musikalische Arrangement und die musikalische Einstudierung verantwortlich - und sitzt am Klavier. Kamera und Technik haben Paul Voigt und Esteban Nuñez übernommen. Etwa zwei Wochen hat die Arbeit daran ingesamt gedauert. "Auf der Probebühne wurde eine Art Sitcom-Setting eingerichtet - mit Partytisch, Sofa, Klavier und dem Dinner-for-one-Teppich. Alle Abteilungen haben mitgemacht, weil sie natürlich alle fürs Theater brennen und diese Grußbotschaft ans Publikum senden wollen", erzählt Philipp Moschitz. Für ihn war neben dem Spaß an der Arbeit wichtig, dass die Kulturschaffenden sichtbar bleiben - auch unter Lockdownbedingungen. Das Video wird unter #ohnekunstwirdesstill und #wirsindda promoted.

Philipp Moschitz sehnt die Öffnung der Theater herbei, dann kann man den fertig geprobten "Kleinen Horrorladen" im Großen Haus noch mal erleben. Und dann beginnen irgendwann auch die Arbeiten an seiner nächsten Produktion für das Stadttheater Ingolstadt. Nach derzeitigen Planungen hat "Hedwig and the Angry Inch" Ende März Premiere. "Das Kultmusical thematisiert den tragisch-komischen Lebenslauf eines Transgenders, der in Ostberlin beginnt. Absurderweise platzen ausgerechnet im Land der unbegrenzten Möglichkeiten alle Träume. Es ist eine anrührende, kuriose und rockige Story, die nicht nur wegen der aktuellen Gender-Debatten inspirierend ist. Das Musical erzählt von den Mechanismen eines knallharten Showbizz und davon, wie es Hedwig gelingt, sich trotz aller Rückschläge immer wieder neu zu erfinden", so Philipp Moschitz. In der Hauptrolle wird neben Sarah Horak als Yitzhak Marc Simon Delfs als Hedwig zu sehen sein.

DK


Das Video ist am 31. Dezember ab 17 Uhr auf der Theater-Webseite und in Social-Media-Kanälen verfügbar.

Anja Witzke