Pfaffenhofen
Durchfahrtssperre ist vom Tisch

Bürgermeister Herker und seine bunten Fraktionsführer lenken bei Hauptplatz-Debatte ein

07.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr

−Foto: Grafik: Stadt Pfaffenhofen

Pfaffenhofen (PK) Es ist ein Paukenschlag, was Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD) am Mittwochabend bekannt gegeben hat: Die Verkehrsberuhigung für die Innenstadt kommt bis 2020 - aber ohne die umstrittene Sperrung der Hauptplatzdurchfahrt. Damit dürfte sich ein Bürgerentscheid erledigt haben.

Gestern Abend haben Herker, Stadtbaumeister Gerald Baumann und Fachplaner das Verkehrskonzept im Detail bei einem Bürgerinformationsabend im Rathausfestsaal vorgestellt (ausführlicher Bericht folgt) . Allerdings mit einem gravierenden Unterschied zum Stand der vergangenen Wochen: Die Durchfahrtssperre ist bis auf Weiteres vom Tisch. Stattdessen sollen bis 2020 oder 2021 erst einmal alle übrigen verkehrsberuhigenden Maßnahmen am Altstadtring, an den Zubringern und auf dem Hauptplatz umgesetzt werden. Dieser soll komplett gepflastert, der Fußgängerbereich an der Südseite erweitert werden. Bis zu 19 Stellplätze würden dafür wegfallen. Durchfahrtsverkehr aber soll in einem verkehrsberuhigten Geschäftsbereich möglich bleiben, erklärt Herker - allerdings nur mit Tempo10.

Diese neuen Überlegungen, so unterstrich Herker gestern mehrmals, sei mit seinen Bürgermeisterstellvertretern und den Fraktionssprechern der Bunten Koalition abgestimmt. "Inhaltlich glauben wir, dass eine Verlagerung des Durchgangsverkehrs nach außen dringend notwendig ist, aber wir müssen der Entwicklung und der öffentlichen Diskussion mehr Zeit geben", fasst er knapp zusammen. Unumwunden bestätigt er, dass der Kurswechsel ein "Zugeständnis an die Öffentlichkeit" sei. Eine Reaktion auf das Bürgerbegehren der Sperrungsgegner unter Federführung der CSU.

Diese Zwischenlösung bedeute, rein rechnerisch, zumindest 1000 weniger durchfahrende Fahrzeuge am Hauptplatz - statt 5800, die laut Prognosen mit einer Sperrung verbannt würden. "Baulich ist das Ganze zu 99 Prozent identisch - nur der letzte Schritt wird nicht vollzogen", betont Herker. Poller wären nachrüstbar. Aber diese Entscheidung müsste dann 2020 oder später vom neuen Stadtrat getroffen werden.

Herker macht kein Geheimnis daraus, dass dies eine Entscheidung gegen seine Überzeugung ist: "Die Sperrung wäre der bessere Weg", sagt er. "Aber lieber so als gar nicht." Zu entscheiden hat das natürlich erst einmal der Stadtrat bei seiner Sitzung am 22. Februar. Doch der neue Kompromiss gilt als mehrheitsfähig. Sogar die oppositionelle CSU hatte schon im November angekündigt, dieser Variante zustimmen zu können. Der Bürgermeister stellt sogar in den Raum, den umstrittenen Sperrungs-Grundsatzbeschluss aufzuheben oder soweit zu modifizieren, dass die CSU ihn mittragen kann. "Man muss nicht mit Gewalt einen Keil in die Stadtgesellschaft treiben", räumt er ein. "Und der Hauptplatz ist zu wertvoll, um ihn emotional zu zerreden." Oder wie Herker frei nach Bismarck zitiert: "Politik ist die Kunst des Machbaren."

Hat sich die Bunte Koalition mit ihren hehren Verkehrsberuhigungsplänen also verzockt? Herker resümiert recht nüchtern: Bei der Bürgerbeteiligung sei ein autofreier Hauptplatz einer der am häufigsten genannten Wünsche gewesen. "Wir wollten als Zwischenschritt einen Weg finden, um oberen und unteren Hauptplatz erreichbar zu halten", so der Bürgermeister im Rückblick. "Und naiv, wie wir waren, haben wir geglaubt, dass das ein gangbarer Kompromiss für alle wäre."

Als Erfolg verbuchte noch gestern Abend der CSU-Ortsvorsitzende und Vertreter des Bürgerbegehrens, Christian Moser, den Kurswechsel im Rathaus: "Das wäre ja fast deckungsgleich mit unserer Vorstellung", sagte er. Er will sich in seiner ersten Reaktion nicht festlegen, ob das Bürgerbegehren trotzdem eingereicht wird. "Aber wenn unsere Vorstellungen umgesetzt würden, hätte sich ein Bürgerentscheid aus rechtlicher Sicht ja erledigt."

Kommentar von Michael Kraus

Das ist nicht nur das lang ersehnte Lebenszeichen einer echten Opposition im Pfaffenhofener Stadtrat. Es ist vielmehr zweifelsohne der größte politische Erfolg der CSU, seit sie das Pfaffenhofener Rathaus vor zehn Jahren an die Bunte Koalition verloren hat: Die Christsozialen zwingen mit ihrem Bürgerbegehren gegen die Sperrung der Hauptplatzdurchfahrt am Ende doch noch Bürgermeister Thomas Herker (SPD) in die Knie. Sie haben jetzt sogar sehr gute Chancen, dass ihr eigener Vorschlag zur Verkehrsberuhigung quasi eins zu eins umgesetzt wird.

Sicherlich: Das ist die schallendste kommunalpolitische Ohrfeige, die sich Bürgermeister Herker in seinen anderthalb Amtszeiten bislang abholen musste. Allerdings, und das muss man ihm zugute halten, holt er sich diese Watschn mit Würde ab: Um der Sache willen räumt er Fehler ein und gibt öffentlichem Druck nach. Denn in einem hat er sicherlich recht: Die unbestritten notwendige Verkehrsberuhigung der Kernstadt und der Hauptplatz sind für Pfaffenhofen zu wichtig, als sie aus Prinzip oder Trotz für politische Eitelkeiten oder Ideologien zu opfern.