Pfaffenhofen
Durch die Hintertür auf die große Bühne

Quereinsteigerin Jana Axthammer startet am Wochenende bestens gerüstet bei der Judo-EM der Veteranen

24.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:55 Uhr
Training am Seilzug, Rotationsbewegungen mit der Hantel, Klimmzüge: Jana Axthammer zieht ihr Programm im Fitnessstudio schonungslos durch. Am Wochenende startet die 37-Jährige als Quereinsteigerin bei der Veteranen-EM im Judo. Seit gerade einmal fünf Jahren betreibt sie den Kampfsport. −Foto: Reichelt

Pfaffenhofen (PK) Wenn von Freitag bis Sonntag auf Gran Canaria die Europmeisterschaft der Judo-Veteranen stattfindet, gehen auch drei Ü30-Athleten vom FC Schweitenkirchen an den Start. Während die Deutsche Meisterin Julia Müller und Vize-Weltmeister Franz Dausch fast ihr ganzes Leben lang Judo betreiben und gute Chancen haben, schreibt Jana Axthammer eine andere Geschichte. Erst vor fünf Jahren begann sie mit Judo.

Jana Axthammer zuckt nur mit den Schultern. "Ich bin in allem eine Schnelle." Das ist untertrieben. Zwei Deutsche Vize-Meistertitel, dazu war sie vor zwei Jahren schon bei der WM dabei. Heuer startet sie beim europäischen Vergleich. Und das alles in den ersten fünf Karrierejahren. Die Konkurrenz ist durchaus groß - bei den Frauen sind 135 Teilnehmer im Einsatz, bei den Männern sogar über 800. Als Quereinsteigerin ist sie mit Sicherheit kein Unikat, aber trotzdem ein Exot.

Schuld war ihr Sohn. "Er hat damals mit Judo angefangen", erzählt die 37-Jährige heute. "Und ich bin keine Mutter, die gelangweilt an der Seite steht und zuschaut." Also hat sie auch mal mitgemacht. "Sport habe ich eh immer gemocht", meint sie. In der Kindheit trainierte sie Karate. "Ich habe vier Wochen trainiert, dann habe ich einen Kata-Wettkampf gewonnen." Schnell eben. Immer wieder hörte sie, dass sie Talent habe - nicht nur im Karate. Nur ging nichts voran. "Auch im Tennis wollte man mich", sagt sie. Aber ihre eigentliche Liebe ist Capoeira. "Allerdings ist das hier schwierig, und es muss ja auch das Umfeld passen", so Axthammer. Also Judo: "Ich habe dann mitgemacht - und Herbert Possenriede meinte dann, ich sollte meinen Gürtel machen." Possenriede, das Judo-Urgestein des FCS, sah großes Talent. Irgendwann reichte das Training nicht mehr: "Er sagte zu mir: ,Jana, du musst zu Wettkämpfen gehen. Ich kann dich nicht mehr trainieren.'" In Schweitenkirchen, das ist altes FCS-Gesetz, wird auf Possenriede gehört.

Fünf Jahre später steht Axthammer in einem Pfaffenhofener Fitnessstudio und schnauft. Seit drei Monaten bereitet sie sich auf die EM vor. Axthammer tritt als gebürtige Österreich für das Nachbarland an. Als sie ein Kind war, kam die Familie nach Deutschland, die Liebe führte sie nach Pfaffenhofen. Neben dem Fitnesstraining steht spezielles Judotraining, auch in Großhadern, an. "Das ist nicht das Training an Feinheiten wie in Schweitenkirchen." Dort treibt sie Trainer und ihren Abteilungsleitungskollegen Franz Dausch auch schon mal in den Wahnsinn: "Ich lerne kognitiv, muss immer alles wissen. Da kam es auch zu einem Streit." Axthammer ist auch gerne im Fitnessstudio: "Ich brauche die Mischung. Ich weiß, dass es mir gut tut." So manche Übung hat sie etwas judospezifischer gestaltet. Da hilft auch die Weiterbildung zur Personal-Trainerin: "Ich habe mir überlegt, wie ich das bewegungsspezifisch anpassen kann", sagt sie über eine Rotationsübung mit einer Hantelstange: "Später habe ich das genau so in einem Judo-Youtube-Video gesehen." Das war also nicht so verkehrt. Spaß macht die Übung nicht unbedingt, aber sie hilft. Das reicht."Ich muss ja nichts machen, was mir keinen Spaß macht." Und Freude hat sie. Auch wenn es ein zeitfressendes Hobby ist. "Der Weg nach Großhadern nervt manchmal."

Als Trainerin beim FCS verbringt sie auch viel Zeit mit ihren Kindern: "Mein Mann hält mir den Rücken frei." Außerdem kann sich die Freiberuflerin ihre Zeit einteilen, sodass sie auch am Vormittag ins Fitnessstudio geht. Dort schaut der eine oder andere Besucher auch mal komisch: "Ich fühle mich wie ein bunter Hund. Aber auch wenn die Leute sagen, ich sei ein Freak. Das ist okay." Sie lacht - das gilt für das Krafttraining, aber auch für Judo. In den letzten Tagen vor der EM geht es vor allem ums "Gewicht machen". Axthammer startet in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm. "Ich muss etwa zwei Kilo verlieren, das geht am besten über Wasser."

Große Erwartungen will sie vor der EM nicht schüren. "Ich will am Ende zufrieden sein", sagt sie. Mit einer Platzierung hat das nichts zu tun. Auch wenn sie bei der Deutschen Meisterschaft sich über Platz zwei geärgert hat: Die Meisterin verlor wie sie einen Kampf, am Ende fehlte ein halber Punkt. "Wenn ich mein Bestes abrufen kann und trotzdem verliere, dann ist das so. Dann war meine Gegnerin besser." Nach ihren Wettkämpfen am Samstag will sie von Sonntag bis Mittwoch auch noch ein wenig Urlaub machen. "Ich will Kitesurfen, Wellenreiten, vielleicht noch ein Auto mieten", sagt sie. Mental könne sie sowieso direkt nach den Wettkämpfen abschalten - sie ist eben eine von der schnellen Sorte.

Kevin Reichelt