Zierlmühle
Durch den Beton gebissen

Staatsstraße wieder frei befahrbar: Vier Stunden dauert der nächtliche Abriss des Brücken-Mittelteils

10.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:56 Uhr

In der Nacht auf Sonntag wurde das Mittelstück der seit einem Kranunfall Mitte Juli einsturzgefährdeten Zierlmühlbrücke innerhalb von nur vier Stunden abgerissen.

Zierlmühle (DK) Vier Stunden haben die nächtlichen Baggerarbeiten gedauert – dann lag das Mittelteil der Zierlmühlbrücke in großen Trümmern am Rande der Staatsstraße zwischen Uttenhofen und Rohrbach. Nach der wochenlangen Sperrung ist diese seit Sonntag somit wieder frei befahrbar.

Es war ein beeindruckendes Szenario, das die Arbeiter der Fachfirmen aus Oberstdorf und Bergheim, die Verantwortlichen vom Staatlichen Bauamt und einige Schaulustige in der Nacht auf Sonntag an der Staatsstraße miterlebt haben. Mit Presslufthämmern und Betonscheren bewaffnet, bissen sich zwei gewaltige Baumaschinen durch den Beton. Stück für Stück. Unaufhörlich. Bis vom maroden Mittelteil der Brücke nichts mehr übrig war und an seine Stelle ein großes Loch trat.

Die Straße darunter war mit Holz ausgelegt. „Das sind Baggermatratzen“, erklärt Arne Schönbrodt, Abteilungsleiter am Staatlichen Bauamt Ingolstadt. „Sie sollen verhindern, dass die herabstürzenden Betonbrocken die Fahrbahn beschädigen.“ Zuvor hatten Bahnmitarbeiter die Oberleitungen vor der Baustelle geerdet, um die Arbeiter vor Hochspannungsstrom zu schützen. Und noch eine weitere Sicherheitsmaßnahme kam zum Einsatz: Die Randfelder der Brücke, die – zumindest vorübergehend, wenn nicht sogar dauerhaft – stehen blieben, wurden fest in den Widerlagern verankert. Sicher ist sicher.

Zur Erinnerung: Am 16. Juli krachte ein Tieflader, der mit einem Bagger beladen war, in voller Fahrt gegen das Bauwerk. Seine Fracht war für das 4,80 Meter hohe Bauwerk schlichtweg zu hoch. Der Baggerarm rammte den Oberbau der Brücke, ein nachfolgendes Auto wurde von Betontrümmern getroffen, zwei Insassen wurden verletzt. Der Unfall legte den Zugverkehr für 24 Stunden lahm – und seither war die Staatsstraße an dieser Stelle unpassierbar. Die Autofahrer wichen auf die Umleitungsstrecken über Geroldshausen oder Ossenzhausen aus.

Damit ist seit Sonntagnachmittag jedoch Schluss. Nachdem der Mittelteil der Brücke abgerissen war, räumten die Arbeiter den tonnenschweren Bauschutt von der Strecke. Mitarbeiter des Staatlichen Bauamtes stellten kurz vor Mittag die Absperrungen zur Seite. Dann fuhr noch einmal die Kehrmaschine durch, um die Reste der Abbrucharbeiten zu beseitigen. Und dann wurde die Strecke bereits am Nachmittag wieder für den Verkehr freigegeben. Allerdings: In nächster Zeit ist im Bereich der Brücke das Tempo noch auf 50 Stundenkilometer limitiert. „Schnel-ler darf niemand fahren, weil die Schutzplanken zu beiden Seiten noch fehlen“, so Schönbrodt.

Noch in der selben Nacht nahm der Baurat zusammen mit einem Statiker und einem Brückensachverständigen die beiden Seitenteile in Augenschein. „Im ersten Moment haben wir keine größeren Schäden entdecken können“, berichtet er. Was aber nicht bedeuten muss, dass die Seitenteile tatsächlich stehen bleiben können. Im Laufe dieser Woche nehmen Fachleute eine exakte statische Prüfung vor. „Danach wird entschieden, ob auch die Randstücke weichen müssen“, fügt Schönbrodt an. Sollte das passieren, geht diese neuerliche Maßnahme wohl am vierten Augustwochenende über die Bühne. „Nach Rücksprache mit der Bahn wäre das wohl der beste Zeitpunkt für eine Sperrung“, berichtet Schönbrodt.

Es kommt übrigens gar nicht so selten vor, dass ein Kran gegen eine Brücke donnert. Im Zuständigkeitsbereich des Staatlichen Bauamtes Ingolstadt spricht Schönbrodt von einer annähernd fixen Quote: „Einmal pro Jahr, zumindest im Schnitt.“ Was aber nicht bedeutet, dass auch eine Brücke pro Jahr abgerissen werden muss. „Meist bricht nur ein faustgroßes Betonteil heraus, und das war es dann auch schon.“ Im Fall der Zierlmühlbrücke ging es aber nicht so glimpflich ab. Was daran liegt, dass sie im Jahr 1974 errichtet wurde – und damals für den Oberbau 36 sogenannte Dendlträger verwendet wurden. Mit ebenso vielen Fugen dazwischen. Und genau darin liegt auch das Problem. „Das war damals halt Stand der Zeit. Eine moderne Brücke besteht aus etwa fünf Betonträgern. Die sind stabiler, da passiert nicht so viel“, erläutert Schönbrodt.

Im Landkreis gibt es nur noch eine weitere Brücke mit Dendlträgern, die über eine Staatsstraße führt. „Die ist bei Ilmmünster. Und da kann niemand dagegenbrettern, weil die Ilm darunter durchfließt“, fügt der Baurat beruhigend an. Wie hoch der Schaden an der Zierlmühlbrücke ist, kann er hingegen immer noch nicht beziffern. „Je nachdem, ob die Randbauwerke abgerissen werden müssen oder nicht“, sagt er. Und damit bleibt nur noch eine Frage offen: Wann die Brücke neu gebaut wird? Da schweigt Schönbrodt kurz. Geht in sich. Und blickt etwas unschlüssig, als er antwortet: „Das kann dauern, vermutlich noch eine ganze Weile.“