Washington
Donald Trumps "Konsensstifter"

Neuer US-Notenbankchef Jerome Powell steht für eine moderate Zinspolitik

05.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr

Washington (AFP) Ein neuer Kopf, aber nicht unbedingt ein neuer Kurs: Mit Jerome Powell steht seit gestern ein Mann an der Spitze der US-Notenbank Fed, mit dem die US-Regierung auf ein hohes Maß an Kontinuität setzt. Er dürfte die behutsame Zinspolitik seiner Vorgängerin Janet Yellen fortsetzen.

US-Präsident Donald Trump hatte Powell Anfang November vergangenen Jahres nominiert. Bei der Präsentation seines Kandidaten für die Topposition bei der Federal Reserve (Fed) im Rosengarten des Weißen Hauses hatte der US-Präsident den heute 65-Jährigen Powell als "Konsensstifter für die vernünftige Geldpolitik, an die er glaubt" präsentiert.

Die Personalentscheidung des Präsidenten kann als Ausdruck seines Wunsches nach einer weiterhin lockeren Geldpolitik gedeutet werden. Trump hat deutlich gemacht, dass er sich niedrige Zinsen zur Stimulierung der US-Wirtschaft wünscht. Powell gehört seit 2012 dem Gouverneursrat der Notenbank an.

Für Yellen, die er im Wahlkampf noch als Erfüllungsgehilfin von Präsident Barack Obama gescholten hatte, hat Trump seit seinem Amtsantritt viele warme Worte gefunden. So lobte er sie als "wunderbare Frau, die einen blendenden Job gemacht" habe. Zwar schraubte die Fed seit Trumps Wahlsieg den Leitzins bereits mehrmals hoch, dies aber in nur sehr moderatem Ausmaß.

Powell, ein steinreicher früherer Finanzinvestor, gehört zwar parteipolitisch einem anderen Lager an als Yellen - sie ist Demokratin, er Republikaner -, für ihre Zusammenarbeit war dies aber kein Problem.

Powell handelte sich den Ruf einer "Taube" ein, weil er Yellens moderaten Zinskurs bei allen Abstimmungen im zuständigen Fed-Ausschuss unterstützte. Zugleich trug er auch die vorsichtige Reduzierung des gigantischen Anleihekaufprogramms mit, mit dem die Notenbank nach der Finanzmarktkrise von 2008 die US-Wirtschaft gestützt hat.

Powell genießt den Ruf eines Moderaten, der seine Entscheidungen gründlich abwägt und seine Worte sorgfältig wählt - Eigenschaften, die ihm den Job als Fed-Direktor zweifellos erleichtern werden. Schließlich können auf dieser mächtigen Position selbst kleine verbale Ausrutscher große Börsenturbulenzen auslösen.

Powell ist nun zudem der erste Fed-Chef seit Jahrzehnten ohne einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften. Er bringt aber Berufserfahrung nicht nur aus den Finanzmärkten, sondern auch aus dem Regierungsapparat mit.

Der dreifache Vater stammt aus der Hauptstadt Washington und studierte an der Eliteschmiede Princeton in Neuengland, bevor er an der Georgetown University in seiner Heimatstadt einen Jura-Abschluss machte. Danach wurde er Investmentbanker.

1990 wechselte Powell ins US-Finanzministerium, wo er als Abteilungsleiter für die Regulierung von Finanzinstitutionen und den Staatsanleihenmarkt zuständig war. Später stieg er bei der Anlagefirma Carlyle Group ein und machte ein Vermögen. Es liegt nach Zeitungsberichten bei bis zu 55 Millionen Dollar.

Auch wenn Powell für Kontinuität steht, bricht Trump doch mit einem jahrzehntelangen Brauch. Denn üblicherweise belassen die US-Präsidenten die von ihrem Vorgänger ernannten Notenbankdirektoren auf ihrem Posten. Trump hätte die Option gehabt, Yellen für eine weitere Amtszeit zu ernennen. Als Präsident "will man gerne seinen Stempel aufdrücken", kommentierte er seine Personalentscheidung jedoch bereits im Vorfeld. Denkbar ist, dass Trump sich vor allem deshalb gegen Yellen entschied, weil sie von Obama ausgewählt wurde. Trump ist von dem Ehrgeiz besessen, mit den Hinterlassenschaften seines Vorgängers aufzuräumen.

Von Powell verspricht sich der US-Präsident zudem offenbar zumindest in einem Punkt eine gewisse Neujustierung - nämlich die Bereitschaft, bei Lockerungen der nach der Finanzkrise eingeführten Bankenregulierungen mitzumachen. Powell werde Trump wahrscheinlich bei diesem Vorhaben unterstützen, sagten Insider der "Washington Post". In einer Rede Anfang Oktober hatte Powell schon durchblicken lassen, dass er ein gewisses Maß an Deregulierung befürwortet: "Mehr Regulierung ist nicht die beste Antwort auf jedes Problem", sagte er.