Pfaffenhofen
Dörfler weiter an der DGB-Spitze

Delegierte diskutieren Ergebnisse der Bundestagswahl

26.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr
DGB-Regionsgeschäftsführer Günter Zellner (rechts) gratuliert dem wiedergewählten Kreisverbandsvorsitzenden Roland Dörfler. Links Dörflers Stellvertreter, der IG-Metaller Franz Müller. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Ohne Gegenstimme wählten die Delegierten der acht Einzelgewerkschaften unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbunds Roland Dörfler, 3. Bürgermeister von Pfaffenhofen (Grüne), für weitere vier Jahre zum Vorsitzenden des DGB-Kreisverbands.

Die Gewerkschafter scheinen von den Regierungen und Parteien nicht mehr allzu viel zu erwarten, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Kein Wort zum Niedergang der SPD, keine Abrechnung mit den Berliner Spitzengenossen. Die Enttäuschung scheint sehr tief zu sitzen, denn in den Reden wurde klar: Dass die soziale Ungleichheit wächst und Arbeitnehmer immer schwierigeren Arbeitsbedingungen ausgesetzt werden, sei keine Entwicklung der letzten zwei, drei Jahre, sondern eine von anderthalb Jahrzehnten – in denen bis auf eine Legislaturperiode die SPD in der Regierungsverantwortung war.

„Wir werden weiter den Finger in die Wunde legen“, versprach Dörfler in seinem Rechenschaftsbericht und erinnerte an die DGB-Maikundgebung auf dem Hauptplatz, wo er den Mindestlohn anprangerte. „8,84 Euro sichern kaum das Überleben“, und bei den Mieten in Pfaffenhofen sei das „zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig“. An Tankstellen und im Einzelhandel werde nicht mal der Mindestlohn gezahlt, Tarifverträge würden unterlaufen, die Zahl der Minijobber nehme überhand, Friseurinnen und Arzthelferinnen etwa können oft von ihrem Gehalt nicht leben. Ein weiteres Problem: 20 bis 25 Prozent aller Jobs seien nur befristetet. „Das gehört abgebaut“, genauso wie Leiharbeit und Werkverträge mit Subunternehmern, die Scheinselbstständige beschäftigen. Dorn im Auge ist ihm auch das „Homeoffice“ – Heimarbeit, bei der die Beschäftigten für den selben Lohn mehr arbeiten. Übel auch, wenn Arbeitgeber ihnen samstagnachts eine E-Mail schicken und bitten, bis Montagfrüh um neun Vorlagen fertigzustellen. Mehr oder weniger prekäre Beschäftigungsverhältnisse führten zu Renten, die hinten und vorn nicht reichen.

„Fast keine Partei hat sich zu Rentenproblematik geäußert“, so Dörfler. Die AfD habe überhaupt kein Rentenkonzept im Parteiprogramm. Und dennoch ist sie in vielen Pfaffenhofener Wahlbezirken die zweitstärkste Partei geworden. „Für mich“, meint Dörfler, „ein Unding.“ Offenbar hätten viele Menschen den Zusammenhang zwischen Niedriglöhnen und Rentenhöhe noch nicht überblickt. Denn: „Die Arbeitsmarktlage auch in Pfaffenhofen ist gut bis sehr gut“, so Dörfler. „Wir haben Vollbeschäftigung.“ Weshalb er oft Reaktionen höre wie: „Was wollt ihr denn? Es läuft doch gut.“

Auch bei der Arbeitnehmerbeteiligung hakt es. Im Aufsichtsrat der Ilmtalklinik sei kein einziger Arbeitnehmer. Möglicherweise wäre es sonst nämlich nicht passiert, dass bei den Umbauplänen der Klinik ein ganzes Stockwerk vergessen worden sei, so Dörfler. In seinem Vortrag stellte Günter Zellner, Geschäftsführer der DGB-Region Oberbayern, Konzepte der Gewerkschaft vor. Etwa zur Rentensicherung. Da müsse der Rentenbeitrag langsam von 20 auf 22 Prozent angehoben werden. Auch ein gerechteres Steuerkonzept habe der DGB durchgerechnet. „Es funktioniert!“ Wenn fünf Prozent der Erwerbstätigen mit Jahresgehältern über 300 000 Euro mehr Steuern zahlen, würden 95 Prozent entlastet. Botschaften, die von den Genossen in Berlin entweder nicht gehört oder nicht durchgesetzt werden konnten. Auch Zellner scheint sich da nicht mehr viel zu erhoffen: „Wir sind nicht die Regierung und wollen es auch nicht sein. Wir haben“, appellierte er an die Delegierten, „die Interessen der Beschäftigten zu vertreten.“