Scheyern
"Die Welt ist total aus den Fugen"

Landtagspräsidentin Barbara Stamm in Scheyern: Christliche Werte wieder bewusster leben

05.04.2016 | Stand 02.12.2020, 20:00 Uhr

Auch eine Besichtigung des Wittelsbacher Saals mit seinem historischen Dachgebälk gehörte zum Besuchsprogramm von Barbara Stamm. Von Abt Markus Eller (r.) informieren ließen sich auch (v. l.) der Landtagsabgeordnete Karl Straub, Scheyerns Altbürgermeister Rudi Reimer, Hans-Joachim Lojewski und der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer. ‹Œ - Foto: Steininger

Scheyern (SZ) Von viel Zwischenbeifall der über 100 Zuhörer gekennzeichnet war das Referat der Bayerischen Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) im Saal der Klosterschenke Scheyern. Der Applaus galt auch Stamms Absage an den Münchener Nockherberg.

Auch wenn ihr das Thema "Nockherberg" "bis zun Hals steht", sagte sie mit einer bezeichnenden Geste nach der Veranstaltung, kam sie an der Politikerschelte der Kabarettistin Luise Kinseher nicht vorbei. Dafür sorgte schon der Landtagsabgeordnete und CSU-Kreisvorsitzende Karl Straub, der in seiner Begrüßung die Kritik der Kabarettistin Luise Kinseher als "komplett daneben" bezeichnete und seiner Landtagspräsidentin "Stil, Anstand und Niveau" bescheinigte. Der Freisinger Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) stieß ins selbe Horn und lobte "die klare Kante", die Stamm gezeigt habe, auch als Politiker dürfe man "sich nicht alles gefallen lassen". Somit waren die Fronten geklärt und Stamm konnte sich ihrem eigentlichen Thema widmen, dem Artikel 1 des Grundgesetzes "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Den stellte sie vor den Hintergrund einer Welt, "die total aus den Fugen" gerate. Deshalb "müssen wir unser christliches Fundament wieder in den Mittelpunkt stellen und unsere Werte wieder bewusster leben", betonte sie. Das habe unmittelbaren Einfluss auf "unsere Demokratie, unser Recht und unsere Freiheit". Zunehmend verschwinde das Vertrauen in feste Strukturen, auch aufgrund mangelnder Transparenz. "Wir haben uns immer über unsere Wahlerfolge gefreut, dabei aber den steigenden Anteil der Nichtwähler übersehen", übte Stamm Selbstkritik. Das habe zu Parteienkonstellationen geführt, die noch vor kurzer Zeit undenkbar waren. Sogar in ihrem privaten Bereich, meinte sie augenzwinkernd, denn schließlich sitzt ihre Tochter Claudia für Bündnis90/die Grünen im Bayerischen Landtag. Die Würde des Menschen beginne schon im Umgang mit den Kindern. Die dürften nicht zum Spielball von Ideologien werden. Kinder brauchen in den ersten zwei Lebensjahren die Liebe, Geborgenheit und Zuwendung ihrer Eltern, das ermögliche das Betreuungsgeld. Das sei kein "Bildungsentzug", wie von anderen behauptet, sondern eine Voraussetzung für die weitere gute Entwicklung eines Kindes. Die Würde des Menschen bedeute aber auch "fördern, fordern, aber nicht überfordern", spielte Stamm auf den Leistungsdruck an, der auf die Jugend ausgeübt werde. Überhaupt liege derjenige "völlig auf dem Holzweg", der meine, die Familie sei "out", so Stamm. Man brauche nur die jungen Väter zu beobachten, im Urlaub, am Wochenende, oder die Zunahme der Vätermonate. Hier müsse die Arbeitswelt umdenken, denn "warum müssen die Väter erst Großväter werden, um Zeit für ihre Enkel zuhaben" Wer meine, die Kinderbetreuung mache das alles wett, "der arbeitet an der Familie vorbei".