Eichstätt
Die Regenbogenpresse im Visier

Blogger Tschermark und Schönauer beobachten Klatschblätter

11.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:52 Uhr

Mats Schönauer (rechts) und Moritz Tschermark - Foto: Klenk

Eichstätt (EK) Als „systematische Lügenwelt“ bezeichnen zwei junge Berliner Journalisten die bunten Blätter der Regenbogenpresse. Moritz Tschermark und Mats Schönauer wollen in ihrem Blog „topfvollgold – Geschichten vom Ende des Regenbogens“ diese Lügen aufdecken und ihre Leser zu einem kritischen Blick sensibilisieren.

Im Rahmen des 21. Journalistischen Kolloquiums an der Katholischen Universität Eichstätt haben die Blogger am vergangenen Donnerstag zum Thema „Journalistischen Verfehlungen auf der Spur – Wie Blogger zur Medienkritik beitragen“ referiert.

Sie berichteten dabei von ihrer täglichen Arbeit als Kritiker der Klatschblätter: „Die Regenbogenpresse spielt mit den Persönlichkeitsrechten von Prominenten und mit den Erwartungen der Leser. Mit über 500 Millionen verkauften Heften pro Jahr ist sie ein mächtiger Markt. In unserem Blog wollen wir mit spielerischen Darstellungsformen Medienkritik vermitteln.“ Mit diesem Statement eröffneten Schönauer und Tschermark ihren Vortrag über „topfvollgold“.

Die Idee für ihren persönlichen Blog kam Schönauer und Tschermark während ihrer Studienzeit in Dortmund. Dort waren die beiden Journalismus-Studenten oft zusammen einkaufen und verbrachten viel Zeit vor dem Regal mit den Klatschblättern. „Anstatt wie die meisten Besucher einfach vorbeizugehen, haben wir uns die Titelseiten und die Artikel der Regenbogenpresse genau angeschaut“, erinnerte sich Tschermark. Schnell stellten beide fest, dass die meisten Geschichten der Blätter sehr bunt ausgeschmückt oder gleich ganz erfunden seien. Im Rahmen ihres Bachelorprojekts starteten die Kommilitonen im April 2013 ihren Blog „topfvollgold“.

Das Projekt erhielt schnell Zuspruch: Heute besuchen täglich zwischen 1000 und 3000 Leser „topfvollgold“ – an sehr guten Tagen sind es sogar bis zu 7000. „Durch die Multimedialität des Internets und die Interaktivität der sozialen Netzwerke erreichen wir mehr Leser, als wir uns je erträumt haben. Das motiviert uns natürlich, weiterzumachen, und zeigt, dass wir mit dem Thema ,Regenbogenpresse’ in der Bloggerszene eine Lücke füllen.“

Seit eineinhalb Jahren ist das ehemalige Bachelorprojekt für Schönauer und Tschermark mittlerweile ein Vollzeitjob. Gemeinsam mit drei Autoren sichten und kaufen sie die aktuellen Hefte der Regenbogenpresse, werten die Glaubwürdigkeit der neuesten Schlagzeilen aus und veröffentlichen in ironischer Erzählweise die skurrilsten Schwindeleien auf ihrem Blog.

Bei der Quelle nachzufragen, wieso solche Lügengeschichten überhaupt gedruckt werden, habe laut Tschermark eigentlich gar keinen Sinn: „Wir schicken regelmäßig Anfragen an die verantwortlichen Redaktionen und versuchen, die Quellen der Texte zu überprüfen. Doch in den meisten Fällen bekommen wir nicht einmal eine Antwort.“

Da ein Non-Profit-Blog wie „topfvollgold“ kaum Geld einbringt, arbeiten die beiden Blogger auch als freie Journalisten. Neben ihrem eigenen Redaktionsalltag schreiben sie deshalb auch für einige namhafte Publikationen. Mats Schönauer ist zudem verantwortlicher Redakteur für BILDblog.de, einen Internetblog, der sich kritisch mit der deutschen Presselandschaft auseinandersetzt.

„Durch unseren Blog versuchen wir, die Leute für Lügengeschichten in den Medien zu sensibilisieren, und ihnen beizubringen, nicht jedem gedruckten Wort zu glauben“, sagte Schönauer über seine Arbeit auf topfvollgold.de und BILDblog.de. „Nur so kann man die Redaktionen dieser Blätter zum Umdenken bewegen.“