Ingolstadt
Die Politik im Dorf lassen

Ralf Netter hört als Brunnenreuther Ortssprecher auf - auch in anderen Ingolstädter Ortsteilen stehen Änderungen bevor

10.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:34 Uhr
Die Arbeit ist getan: Ortssprecher Ralf Netter vor dem Brunnenreuther Dorfstadel, der auch durch seine Initiative entstanden ist. −Foto: Hauser

Ingolstadt - Die Kombination von direkter und repräsentativer Demokratie heißt in Ingolstadt Ortssprecher.

Bevor die Bürger einen aus ihren Reihen zum Vertreter ihrer Interessen wählen, muss sich erst einmal ein Drittel der Ortsbewohner entscheiden, ob sie überhaupt einen Sprecher wollen. In Brunnenreuth und Spitalhof zum Beispiel war Ralf Netter (63) seit 18 Jahren der gewählte Ansprechpartner. Jetzt geht seine Amtszeit zu Ende. Zwangsweise. "Ich hätt's schon weitergemacht", sagt der Brunnenreuther.

Zufällig endet für den Audianer im Mai nicht nur die Zeit als Ortssprecher, sondern auch die Berufstätigkeit. Netter hat noch bei der Despag Modellbauer gelernt und geht jetzt in Rente. Sein langjähriges Ehrenamt als Ortssprecher war für ihn eine "super Sach'", wie er sagt. Wenn die Leute zu einem kommen und man ihnen irgendwie helfen kann, weiß Netter, dann bekomme man auch selber "ein bisserl Einblick" in die Abläufe in der Politik und der Stadtverwaltung. Es gehe zwar meist nur um Kleinigkeiten, etwa um die Müllabfuhr, aber "für die Leit' san des koane Kleinigkeiten".

Dass es beispielsweise seit 2007 den Brunnenreuther Dorfstadel gibt, entstanden unter tätiger Mithilfe des Ortssprechers, ist für das Gemeinschaftsleben der Bürger alles andere als eine Kleinigkeit. Das Haus ist zum Treffpunkt für Vereine, für Veranstaltungen aller Art, aber auch für private Familienfeiern geworden. Aber warum wird dann der Brunnenreuther Ortssprecher, der auch für Spitalhof zuständig ist und gern weitermachen würde, in den politischen Ruhestand geschickt? Weil Ortssprecher prinzipiell nur in den Ortsteilen gewählt werden können, die nicht durch einen Stadtrat vertreten sind. Im Süden hat sich das bei der Kommunalwahl geändert, denn der FDP-Spitzenkandidat Jakob Schäuble, wohnhaft in Spitalhof, hat es als einer von zwei Liberalen in den Stadtrat geschafft. Außer Ralf Netter waren bislang zwei weitere Ortssprecher im Amt: Alexander Bayerle für Irgertsheim und Alois Haas für Hagau. Für beide Ortsteile können die Bürger auch diesmal ihre Sprecher wählen, sofern der Antrag von einem Drittel unterstützt wird. Dazu wird dann eine eigene Ortsversammlung einberufen.

Änderungen sind in Zuchering, Dünzlau und Mühlhausen zu erwarten, weil die örtlichen Stadträte Franz Liepold (CSU), Robert Bechstädt (SPD) und Jürgen Siebicke (BGI) ausscheiden. Immerhin haben gewählte Ortssprecher das Recht, an Sitzungen des Stadtrates und der Ausschüsse teilzunehmen und Anträge zu stellen, so weit es die Belange des eigenen Ortes betrifft. Sie müssen auch, so schreibt es zumindest die Geschäftsordnung vor, "in bedeutsamen Angelegenheiten der Ortsteile" gehört werden.

Netter wird im Sitzungssaal des Stadtrates wohl nicht mehr oft zu sehen sein. Aber es gibt ja noch den Bezirksausschuss, dort werden tatkräftige Bürger ebenfalls gebraucht. Der Brunnenreuther hat ja auf der CSU-Stadtratsliste bei der Kommunalwahl beachtliche 10014 Stimmen eingefahren. Und außerdem steht daheim im Haus für den Familienvater und Opa von drei Enkeln ein größerer Umbau an.

DK