Ingolstadt
Die Nerven liegen blank

Sportdirektor Jim Boni rastet im Training aus

24.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:34 Uhr
Starker Mann beim ERC: Sportdirektor Jim Boni. −Foto: Mundt

Ingolstadt (DK) Am Ende des gestrigen Trainings platzte Jim Boni der Kragen. Er warf den Schläger gegen die Bande, verschwand fluchend in der Kabine und ließ seine Spieler verdutzt auf dem Eis zurück. Die Nerven beim ERC Ingolstadt liegen blank vor der heutigen Partie gegen die Krefeld Pinguine.

Wundern braucht einen das nicht. Schließlich musste Boni mit dem Ausfall von DEL-Topscorer Thomas Greilinger die nächste Hiobsbotschaft verkraften, nachdem auch in der Abwehr mit Michel Periard eine Stütze länger ausfällt. Und nach der unbefriedigenden Punktausbeute am vergangenen Wochenende und dem Stimmungsprotest der Fans genügte wohl der berühmte Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen.

„Es ist nicht das erste Mal, dass mir das passiert. Aber wenn dieselben Spieler immer wieder die gleichen Fehler machen, habe ich auch irgendwann die Schnauze voll“, sagte Boni später in der Trainerkabine schon wieder gefasster. „Es wartet viel Arbeit auf uns.“ Vergleiche mit seinem Vorgänger Rich Chernomaz will Boni nicht zulassen. „Früher haben zehn oder zwölf Spieler nicht zugehört, jetzt sind es vielleicht zwei“, meint Boni und beeilt sich, die Einstellung der Mannschaft zu loben. „Mein Ausraster hat sich auf eine bestimmte Trainingssituation bezogen, insgesamt arbeiten die Jungs gut mit.“

Als Hauptproblem sieht der Sportdirektor die Defensive. „Wenn wir weiter so viele Gegentore bekommen, werden wir nicht weit kommen. Es wird Zeit, dass die Stürmer immer mit zurückarbeiten. Das erfordert viel Laufbereitschaft, aber das muss sein“, erklärt Boni und appelliert an den Teamgeist. „Für mich stand die Teamarbeit immer im Vordergrund. Das war schon so, als ich noch Spieler war. Ich war nicht das große Talent, aber ich war immer ein Teamplayer. Das habe ich auch als Trainer immer von meinen Mannschaften gefordert.“

Kapitän Tim Conboy versteht den 49-Jährigen. „Es ist nichts Besonderes, dass ein Trainer mal ausflippt. Er war nicht zufrieden mit unserer Aufmerksamkeit, da kann er schon mal laut werden“, meint Conboy, versichert aber, dass es im Team nach wie vor stimmt. „Ich bin ja noch nicht lange beim ERC, aber ich fühle mich so wohl, als ob ich schon Jahre hier wäre. Vielleicht ist das Problem, dass wir uns manchmal zu sehr auf unser Talent verlassen und dann zu egoistisch spielen, das darf uns nicht passieren“, sagt der Verteidiger und bleibt optimistisch. „Wir können die Dinge noch drehen. Es hat schon Teams gegeben, die gerade so die Play-offs erreichten und dann Meister wurden.“

So viel Optimismus teilen derzeit nicht viele. Selbst die Anhänger, die zuletzt im Heimspiel gegen München scharenweise den Fanblock verließen, zweifeln und mussten erst bei einem Treffen während der Woche überzeugt werden, wie sehr das Team jetzt ihre Unterstützung nötig hat.

Die Verletzungsmisere trifft Boni nicht nur als Trainer, sondern auch als Sportdirektor. Denn entgegen seinen ursprünglichen Planungen, die letzte Ausländerlizenz an einen Verteidiger zu vergeben, steht nun die Suche nach einem Stürmer im Vordergrund. „Das muss nicht unbedingt ein Scorer sein. Wir brauchen einen Stürmer, der nach hinten arbeitet“, sagt Boni. Ein Ausweg aus der Misere wäre natürlich ein Comeback des früheren ERC-Gaststars Marco Sturm. Aber der 34-Jährige hofft laut Boni immer noch auf einen Vertrag in der NHL und will (noch) nicht aus Florida nach Bayern kommen.

Vorerst sollen Sean O’Connor und Christoph Gawlik an der Seite von Center Derek Hahn stürmen. Letzteren trifft der Ausfall seines Sturmpartners hart. „Thomas’ Ausfall ist natürlich ein großer Verlust für unser Team. Aber jetzt müssen eben alle anderen einspringen und noch mehr geben. Für uns zählt jetzt einfach jeder Punkt“, sagt Hahn, der auch um einen neuen Vertrag kämpft. „Ich will meine Karriere noch nicht beenden und am liebsten in Ingolstadt weiterspielen“, erklärt der 35-Jährige, der nach Greilinger mit 16 Toren und 16 Vorlagen bester Scorer der Panther ist.

Gestern studierte Boni neue Powerplay-Formationen ein. „Wenn der beste Torschütze und der beste Offensivverteidiger ausfallen, wirkt sich das natürlich auf das Powerplay aus. Dafür müssen wir Lösungen finden“, sagt Boni. Der nominelle Chefcoach, Rick Nasheim, beobachtet derweil die Torhüter genau. „Nach der Länderspielpause will ich eine Nummer eins für die Play-offs haben. Der soll dann seinen Rhythmus finden“, sagt Nasheim. Heute Abend erhält Ian Gordon erneut den Vorzug, am Sonntag im Derby bei den Straubing Tigers (16.30 Uhr) soll dann Markus Janka wieder dran sein. Fraglich ist noch der Einsatz von Chris Heid, der möglicherweise an einer Bauchmuskelverletzung laboriert. Dafür kehrt der zuletzt grippegeschwächte Jakub Ficenec ins Team zurück.