Neuburg
Die Nationalparkidee wird jetzt auch von links befeuert

Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter und ihre Mitstreiter sind für höchsten Schutz – weitergehende Forderungen inklusive

14.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr

−Foto: Schanz, Sebastian, Eichstätt

Neuburg (DK) Roland Keller ist im Naturschutz einer der Altgedienten im Landkreis.

Es erstaunt also nicht, wenn der Sprecher der Neuburger Linken sich für einen Nationalpark Donau-Auen stark macht. Eine überparteiliche Arbeitsgruppe hat nun in Neuburg ein Sechs-Punkte-Programm erstellt. „Weitergehend als die Idee von Horst Seehofer“, versichert Keller, der aber die Absicht des Ministerpräsidenten, einen dritten Nationalpark in Bayern auszuweisen, grundsätzlich gut findet. Das tut auch die Linke-Bundestagsabgeordnete Eva Bulling Schröter. Sie vertritt die Ansicht: „Bayern braucht mehr Nationalparks.“ Die Politikerin nutzt die Gelegenheit für einen Seitenhieb und unterstellt Seehofer, der wolle kurz vor der Bundestagswahl „endlich auch mal in der Umweltszene punkten“. Seehofer und die CSU seien keine ökologischen Saubermänner. „Im Gegenteil: Der CSU-Chef will von seiner Politik des immer größeren Wachstums, ungebremsten Straßenbaus sowie vom Ausbremsen der Energiewende im Freistaat durch seine Parteifreunde ablenken.“

Das Sechs-Punkte-Programm der Linken beinhaltet konkrete Forderungen, die Parteimitglied Gerd Elvers in einem Pressegespräch darlegt. Da wäre der Rückbau der Wasserkraftwerke und Schleusen zwischen Ingolstadt und Bertoldsheim durch die Betreiber. Die Bürger könnten nicht warten, bis die Konzession zur Stromerzeugung 2050 abgelaufen sei. „Deshalb sind die Konzessionen möglichst bald gegen Entschädigung abzulösen“, fordert der 80-jährige Archäologe und promovierte Ökonom. Damit werde die Donau wieder in einen Zustand der natürlichen Selbstregulierung versetzt. „Kiesbänke entstehen für die Vogelwelt und Fischbrut. Die Fische erhalten ihren Fluss ohne Barrieren wieder.“ Der Fluss würde nebenbei auch für den Tourismus barrierefrei werden. „Es ist eine Unmöglichkeit, dass der Staat einen Fluss privatisiert hat“, findet Elvers mit Blick auf Kraftwerke und die dafür notwendigen Verbauungen.

„Bayern braucht mehrNationalparks.“

Eva Bulling-Schröter, Bundestagsabgeordnete

 

 

Es sei, so Elvers weiter, zu prüfen, ob der Nationalpark nach Westen bis in den Raum Günzburg ausgeweitet werden könne, um an die bestehenden Auwälder anzuknüpfen. Sukzessive könnten auch die Kraftwerke am Lech abgebaut werden. Dem Linke-Arbeitskreis schwebt überdies vor, die Altarme und alten Rinnen der Donau wieder zu renaturieren, so dass ein Wassernetz entstehe, an dessen Ufer neue Aue entstehen könne. „Je flächiger Wassermassen verteilt werden, desto mehr können die Spitzen des Hochwassers gekappt werden. Eventuell werden dadurch die geplanten Polder überflüssig gemacht, und die Strömungsgeschwindigkeit wird verringert“, erklärt Elvers. Das deckt sich mit einer alten Forderung von Günter Krell, dem Kreisvorsitzenden des Bundes Naturschutz, der Breite für den Fluss fordert, um Hochwasserereignisse abzumildern. Kostspielige technische Maßnahmen zur Dynamisierung der Donau-Auen könnten dann, so Elvers weiter, entfallen. Auf die bisherige traditionelle Kulturlandschaft wie Felder, Wälder und Siedlungen müsse bei einem Nationalpark Rücksicht genommen werden.

Nach Ansicht der Linken, will Horst Seehofer das Thema noch vor den Landtagswahlen 2018 erledigt haben. Elvers und seine Mitstreiter wollen hingegen einen ergebnisoffenen Dialog und gegebenenfalls ein Volksbegehren. Dafür spricht sich auch die Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter aus. Die Ingolstädter Parlamentarierin, die ab 2018 einen Sitz im bayerischen Landtag haben möchte, fand in langen Jahren in der Bundeshauptstadt in Natur- und Umweltthemen ein großes Betätigungsfeld. Sie ist auch Mitglied in der Parlamentariergruppe „Frei fließende Flüsse“, in der nicht ausschließlich gewählte Volksvertreter sitzen und in der sie weiterhin tätig bleiben möchte.

„Unsere Vorstellungen sind nicht utopisch. Ein großer Teil der bayerischen Bevölkerung wie der Anrainer könnte sich hinter eine renaturierte Donau stellen“, findet Gerd Elvers. Die IHK Ingolstadt verspreche sich von einem Nationalpark neue Impulse für die Wirtschaft. Führungspersönlichkeiten ließen sich eher anwerben, wenn vor der Tür ein attraktiver Naherholungsraum für ihre Familien existiere. Ein Nationalpark würde, so Elvers weiter, die Attraktivität des mittelbayerischen Raumes erheblich steigern.

„Unsere Vorstellungensind nicht utopisch.“

Gerd Elvers, Mitglied der Linken

 

Ganz schutzlos sind die Donau-Auen auch heute nicht. Da wäre der Lech-Donau-Winkel, der nach der Ramsar-Konvention von 1971 als Schutzgebiet für Wasservögel ausgewiesen ist, oder die Donau-Auen als FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) und somit Teil des ökologischen Netzwerkes Natura 2000. Roland Keller urteilt jedoch aus seinen langjährigen Erfahrungen als aktiver Naturschützer: „Das reicht nicht.“ Nur der Nationalpark als höchste Kategorie könne dafür garantieren, dass Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume nicht vernichtet werden. Ebenso wie Gerd Elvers und Eva Bulling-Schröter baut er auf „ein allgemeines Umdenken im Umweltschutz“.

Nächstes Ziel Landtag

Neuburg (kpf) Nach 20 Jahren in Bonn und Berlin wird Eva Bulling-Schröter nicht mehr für den Bundestag antreten (wir berichteten) . Dennoch will sie von der großen Politik nicht lassen. „Ich werde für den Landtag kandidieren“, sagte die 61-jährige Linke-Politikerin. Ob als Direktkandidatin in Ingolstadt, im Landkreis Eichstätt oder in Neuburg-Schrobenhausen sei noch nicht entschieden. Die Parteibasis freut’s, weil sie bei einem Einzug Bulling-Schröters ins Maximilianeum automatisch viel näher an wichtigen landespolitischen Themen wäre.