Eichstätt
Die Lust am Quälen

Eichstätterin Eva Schien will in diesem Jahr mit dem Rad nonstop 560 Kilometer beim Race around Austria fahren

02.06.2021 | Stand 23.09.2023, 18:58 Uhr
Timo Schoch
Für den TSV Gaimersheim startet die Eichstätterin Eva Schien bei den Radsportwettbewerben: So wird sie im August beim Race around Austria teilnehmen. Bereits am Sonntag steht die 22-Jährige bei den deutschen Meisterschaften im Mixed-Relay in Berlin am Start. −Foto: Schoch

Eichstätt - Der Sport ist ihre große Leidenschaft: Die gebürtige Kelheimerin Eva Schien zählte zu den deutschen Nachwuchshoffnungen in der Leichtathletik.

Nach ihrem Umzug nach Eichstätt vor vier Jahren wechselte sie zum Triathlon und zum Radsport. Auch dort hat die 22-Jährige nun ambitionierte Ziele.

Vielleicht zehn, vielleicht auch 15 Meter leuchtet der Lichtkegel die Straße aus. Der Asphalt spiegelt. Nässe. Ringsherum ist alles dunkel. Nur die Laufräder surren. Ansonsten Stille. Ein paar Kilometer weiter bietet sich ein völlig anderes Bild. Über Pflastersteinen führt der Weg in ein vollbesetztes Festzelt. Blasmusik, feiernde Menschen prosten sich zu und feuern die vorbeiflitzenden Radfahrer an. Diese Mischung aus Volksfest und Radsport machen die 24 Stunden von Kelheim jedes Jahr so außergewöhnlich. Der extreme Gegensatz aus Party in der Stadt und der Einsamkeit beim Anstieg zum Col de Stausacker. Über 1200 Einzelstarter und Teams kommen jedes Jahr nach Kelheim - zuletzt 2019.

Wegen Corona fiel das Rennen 2020 aus und wird auch 2021 nicht stattfinden. Doch 2019 ist für Eva Schien noch sehr präsent. Vor zwei Jahren belegte die Lokalmatadorin den zweiten Rang und legte als Solostarterin in 24 Stunden rund 560 Kilometer und knapp 8000 Höhenmeter zurück.

"UltraCycling fasziniert mich einfach", erzählt die 22-Jährige. "Es stellt sich dabei immer die Frage: Wie weit komme ich mit meiner Körperkraft? " 560 Kilometer an einem Tag - das wäre in etwa die Strecke von Eichstätt an den Gardasee. Dazu sind die Sportler allen Elementen der Natur ausgesetzt und kommen an die Grenzen. Diese extremen Radfahrten erfordern deshalb eine mentale Stärke. Schien mangelt es daran nicht. Mehr noch: Sie hat einfach Lust sich zu quälen. Deshalb startet sie im August beim "Race around Austria". 560 Kilometer rund um Oberösterreich, mit Start und Ziel in St. Georgen im Attergau. "Das ist mein diesjähriges Highlight", sagt sie. Die Frage: "Warum macht man so etwas? " drängt sich da zwangsläufig auf. "Das frage ich mich auch immer", sagt sie und lacht. Der Ausdauersport liegt ihr einfach im Blut.

Schiens Eltern waren und sind selbst begeisterte Radsportler und Läufer. Auch Eva Schiens Geschwister sind sehr aktiv. Der drei Jahre ältere Bruder betreibt Triathlon in der Regionalliga. Mit der sechs Jahre älteren Schwester meisterte Schien einen Alpencross über mehrere Tausend Höhenmetern vor sechs Jahren. Wobei eine Alpenüberquerung fast schon Tradition bei Schien ist. Mit acht Jahren fuhr sie das erste Mal mit dem Mountainbike über die Alpen. "Die typische Route von Garmisch an den Gardasee. Ich bin damals sogar alles allein gefahren", erinnert sich Schien. Nach dem bestandenen Abitur folgte als Belohnung die nächste Alpenüberquerung - aber zu Fuß. In drei Wochen wanderte sie mit einer Freundin von München nach Venedig. Und vergangenes Jahr fuhr sie an einem Tag von Kiefersfelden bei Rosenheim an den Gardasee. Mit dem Rennrad.

Als Ausdauertalent sieht sich Schien aber nicht. "Da steckt schon auch viel Training dahinter", sagt die 1,63 Meter große Athletin. Rund 9000 Kilometer legte sie im vergangenen Jahr mit dem Rennrad zurück. 3000 bis 4000 Kilometer nochmals laufend. Bis zu 20 Wochenstunden kommen da schon einmal zusammen. Dazu studiert Schien in Eichstätt Geografie: Umweltprozesse und Naturgefahren, das sie wohl in eineinhalb Jahren mit dem Master beenden wird. Und nebenbei arbeitet sie noch 20 Stunden pro Woche als Werksstudentin beim Landschaftspflegeverband. "Manchmal wird das schon etwas stressig", erzählt sie.

Ursprünglich kommt Schien vom Laufsport. Aber seit ihrem Umzug nach Eichstätt vor vier Jahren hat sie sich mehr auf den Triathlon und den Radsport konzentriert. Die größeren Erfolge feierte sie allerdings zu Fuß. Bei der LG Telis Finanz Regensburg wurde sie zu einer ambitionierten Läuferin im Jugend- und Juniorenbereich. Podestplätze bei deutschen Meisterschaften im Team und ein vierter Rang bei den deutschen Halbmarathonmeisterschaften waren ihre größten Erfolge. Auch ein dritter Platz beim Ingolstädter Halbmarathon 2019 zählt dazu.

Aber die umfangreichen Einheiten von bis zu 100 Kilometern pro Woche minderten ihre Freude am Laufsport. Es folgte der Wechsel. Für Tristar Regensburg startet sie nun in der 2. Triathlon-Bundesliga. Deshalb stehen auch im Triathlonbereich in diesem Jahr schon zwei Wettkampftermine fest. Am vergangenen Sonntag startete sie in St. Pölten über die Mitteldistanz und landete in ihrer Altersklasse der 18- bis 24-Jährigen auf Platz vier. Am kommenden Sonntag finden nun die deutschen Meisterschaften im Mixed-Relay in Berlin statt. Eigentlich ist es gar nicht ihre Distanz: 250 Meter Schwimmen, 6,5 Kilometer Radfahren und 1,5 Kilometer Laufen - viel zu kurz.

DK

Timo Schoch