Dietfurt
Die Lösung heißt Ligapokal

BFV will mit neuem Wettbewerbsformat spielfreie Zeit füllen - und Aufstiegsplätze für die Saison 2021/22 verteilen

16.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:10 Uhr
Schon lange kein Derby mehr ausgetragen haben die Fußballer des TSV Dietfurt (blaue Trikots, hier gegen den 1. FC Beilngries). Abteilungsleiter Matthias Staudigl könnte sich darum für die möglicherweise im Frühjahr 2021 frei werdende Zeit ein regionales Turnier vorstellen. −Foto: Bachhuber (Archiv)

Dietfurt - Die Fortsetzung der Fußballsaison 2019/20 im Bereich des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) ist beschlossene Sache.

 

Von der Bayern- bis zur Kreisliga sollen die ausstehenden Spiele etwa zur Hälfte noch in diesem Jahr, die andere Hälfte im kommenden Jahr ausgespielt werden. Aufgrund der fehlenden Spieltermine wird die Saison 2020/21 dann wie berichtet ausfallen, da im Sommer 2021 regulär mit der Spielzeit 2021/22 begonnen werden soll.

Die Anzahl der ausstehenden Spiele lässt indes erahnen, dass im Frühjahr ein Vakuum für die Vereine entsteht, weshalb der Verband in Lösungs-Arbeitsgruppen (LAGs) für die Bayern-, Landes- und Bezirksligen zu dem Schluss kam, einen Ligapokal ins Leben zu rufen. Für die Kreisebene ist in den kommenden Tagen eine ähnliche Lösung zu erwarten.

Ausgearbeitet hat der BFV ein Konzept für einen Pokal mit Vor-, Zwischen und Finalrunde (flexible Gestaltung je nach Pandemie-Verlauf möglich), der während der spielfreien Zeiten des Ligaspielbetriebs ausgetragen wird und zusätzliche sportliche Anreize bieten soll. In jedem Bezirk spielen die jeweiligen Ligapokal-Sieger zudem einen Bezirkssieger aus, der im Anschluss mit den sechs weiteren Bezirkssiegern in einer Relegationsrunde um insgesamt fünf direkte Aufstiegsplätze in die Landesliga kämpft.

Auf die Ergebnisse der regulären Saison hat der Zusatzwettbewerb keinen Einfluss. Sollte eine Mannschaft über den Ligapokal den Aufstieg schaffen, die bereits über die Liga den Sprung in die Landesliga erreicht hat, greift ein Nachrücker-Prinzip. Geht eine Mannschaft, die über die Liga absteigen würde, als Aufsteiger aus dem Ligapokal-Wettbewerb hervor, steigt diese nicht in die Landesliga auf, sondern hält als Belohnung die Klasse. "Wir wollen einen Wettbewerb mit hohem sportlichem Wert und vielen Spielen mit Derbycharakter, der sich zugleich flexibel gestalten lässt. All das bietet der Ligapokal. Natürlich ist der Wettbewerb kein vollständiger Ersatz für eine reguläre Saison, das ist uns bewusst. Wir befinden uns aber in einer außergewöhnlichen Situation - und aus dieser müssen wir das Beste machen", erklärte Michael Tittmann, der als Mitglied im Verbands-Spielausschuss die Arbeitsgruppe leitete.

Mit am Konzept beteiligt war auch der Spielleiter des Bezirks Mittelfranken, Thomas Jäger. "Uns war wichtig, dass wir den Vereinen dabei einen sportlichen Anreiz bieten. Man kann keinen Wettbewerb aufziehen, in dem es um die goldene Ananas geht. So können die Vereine aus meiner Sicht nur gewinnen. " Angestoßen wurde die Idee laut Jäger übrigens vom Bezirk Niederbayern. "Während Vereine in unseren Bezirksligen teilweise noch bis zu 14 Spiele zu absolvieren haben, sind es dort nur noch 8. Sollte sich die Lage wie erhofft entspannen, könnte die Saison in Niederbayern also schon früh zu Ende sein und dann hätten die Fußballer dort sehr viel Leerlauf, bis die neue Spielzeit los geht", sagt Jäger. Weil in den Bezirken noch unterschiedlich viele Spieltage zu absolvieren seien und man beispielsweise in Unterfranken witterungsbedingt noch länger spielen könne als in Niederbayern, könne jeder Bezirk für sich selbst entscheiden, wie er den Pokal genau ausgestalte. "Alles hängt selbstverständlich von den gesetzlichen Vorgaben ab und insbesondere davon, ob wir am 1. September die restliche Saison fortsetzen können oder nicht. " Erst danach können die Bezirke detaillierter in die Planung einsteigen. Jäger ist aber optimistisch: " Ich denke, dass wir Anfang Juli Bescheid wissen, wie es konkret weiter geht. Der Bayerische Innenminister Joachim Hermann hatte zuletzt darüber geredet, dass ab Herbst vielleicht wieder Zuschauer in den Stadien zugelassen sind, von daher bin ich zuversichtlich, dass sich auch für die Amateurfußballer Lockerungen ergeben. "

Unabhängig davon seien die Bezirke bezüglich des Pokal-Wettbewerbs total flexibel. "Es muss ja nicht zwingend ein Pokal mit Gruppenphase sein, notfalls tragen wir den Wettbewerb im K. O. -System aus, dann sind es nur vier Spiele, bis der mittelfränkische Sieger feststeht", sagt Jäger. "Und sollten wir doch erst im neuen Jahr mit der Restsaison 2019/20 beginnen können, fällt der Pokal eben ganz flach. In Mittelfranken würden wir dann mit Hängen und Würgen gerade so die Bezirksligasaison 2019/2020 durchbringen. "

Entfallen könnte der Wettbewerb auch, wenn die Bezirksligisten dem Lösungsvorschlag nicht zustimmen. Sehr skeptisch ist beispielsweise Matthias Staudigl, Abteilungsleiter des TSV Dietfurt. "Ich kann nachvollziehen, dass der BFV sich Gedanken macht und einen sportlichen Anreiz für die möglicherweise freie Zeit schaffen will. Ich finde den Ansatz auch in Ordnung, allerdings nicht zu Ende gedacht. " Denn bereits in der aktuellen Saison der Bezirksliga Oberpfalz Süd habe der TSV für Auswärtsspiele weite Strecken zurückzulegen. "Das wäre beim Ligapokal wieder der Fall und falls wir weiterkommen sollten, muss ich meine Jungs in der freien Zeit durch ganz Bayern schicken. " Auch der Tatsache, dass der Zusatz-Wettbewerb eine Chance auf den Aufstieg beziehungsweise Klassenerhalt biete, kann Staudigl nicht viel abgewinnen. Als Tabellen-14. - mit zwei Spielen weniger als die Konkurrenz - stehen die Dietfurter momentan zwar auf einem Abstiegsplatz, trotzdem sagt Staudigl: "Wenn man es während der regulären Saison nicht schafft, die Klasse zu halten, dann hat man es auch nicht verdient und sollte keine zusätzliche Chance bekommen. " Der Dietfurter Abteilungsleiter hätte stattdessen eine andere Idee, um die freie Zeit bis zum Start der Saison 2021/22 zu überbrücken. "Ich würde mich lieber mit den Vereinen aus der Umgebung abstimmen und beispielsweise ein regionales Turnier aufziehen. Dann hätten wir endlich auch mal wieder ein Derby und sicher würde das auch viele Zuschauer anlocken. " Staudigl gibt zudem zu bedenken, dass auf die Vereine nach Corona noch einige Schwierigkeiten zukommen könnten. "Bei uns im Verein gibt es zwar noch keinen Fall, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass vor allem jüngere Spieler mit dem Fußball aufhören und sich anderen Hobbys widmen, wenn so lange kein Wettbewerb stattfindet. "

Erst noch einmal in Ruhe zu Gemüte führen muss sich den Vorschlag des BFV Gredings Trainer Jürgen Schmid. "Zuerst wurde uns eröffnet, dass die Saison unendlich lang wird, jetzt kommt ein Bezirkspokal dazu. Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass der BFV uns bei Laune halten will. Ursprünglich wollte man die Saison 2019/2020 im Herbst in ein paar Wochen durchpeitschen, nun will man neben der Meisterschaft noch eine Pokalrunde einführen. Wann soll das Ganze über die Bühne gehen? Wie sieht das in der Praxis aus? Ist das sportlich, wenn ein hoffnungslos zurückliegender Verein mit dem Gewinn des Bezirkspokals nicht absteigen muss? Das verstehe ich ja überhaupt nicht", sagt der ehemalige Trainer des SV Breitenbrunn. "Ich befürchte zudem, dass der 30. Juni 2021 bei einigen schon älteren Spielern den Gedanken aufkommen lässt, die Karriere zu beenden. "

Am Lösungsvorschlag für die Bezirksligisten mitgearbeitet haben neben BFV-Funktionären auch Vertreter von sieben bayerischen Vereinen. Dies waren Alois Wittenzellner (SpVgg Ruhmannsfelden, Niederbayern), Oliver Dotterweich (FC Oberhaid, Oberfranken), Hans Gietl (ESV Freilassing, Oberbayern), Klaus Assum (TSV Gersthofen, Schwaben), Maximilian Biehler (SC Luhe-Wildenau, Oberpfalz), Fabian Lämmermann (FC Hersbruck, Mittelfranken) und Heike Stephan (TSV Forst, Unterfranken). "Uns war wichtig, dass aus jedem Bezirk jemand dabei ist", sagt Jäger. "Die Vereine konnten sich entweder selbst bei uns melden und sagen, dass sie gerne daran mitarbeiten würden, andernfalls gab es die Möglichkeit, über die Ligasprecher jemanden zu finden. "

Vorstellbar sei laut Jäger im Übrigen auch ein Ligapokal auf Kreisebene. "Hier gestaltet sich die Umsetzung allerdings etwas komplexer, weil wir beispielsweise im Kreis Neumarkt/Jura insgesamt 22 Staffeln haben und auch sehr viele zweite Mannschaften dabei sind. " Die Vereine sollen in diesen Tagen dazu informiert werden.

DK