Ingolstadt
Die Liegewiese ist sein Revier

23.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:29 Uhr

Ballspiele sind nicht erlaubt, wenn es auf der Liegewiese eng wird wie gestern Nachmittag.

Ingolstadt (DK) Über 32 Grad im Schatten, die Sonne brennt, der Schweiß rinnt: Glücklich, wer da ins Freibad gehen kann. Dort herrscht Trubel in diesen Tagen, gestern wurde mit 5666 Besuchern der Spitzenwert der Saison erzielt. Bei dem Massenansturm ist ein Sicherheitsdienst wichtiger denn je.

Wenn das Wetter so schön ist, so wie jetzt, geht Erkan Dikilitas, 25 Jahre alt, täglich ins Freibad – allerdings nicht zum Vergnügen, sondern zur Arbeit. Deshalb muss er auch in Uniform erscheinen: rotes Polohemd mit Secura-Aufdruck und schwarze Hose, an deren Bund der Ausweis baumelt. Nicht gerade das perfekte Hochsommer-Outfit, aber eines, das Wirkung zeigt: Allein die Anwesenheit des geschulten Sicherheitsmannes schreckt potenzielle Täter ab. So wird im Freibad kaum noch geklaut, und auch Schlägereien sind selten geworden. Die Besucher können sich sorglos dem Sommer-Vergnügen hingeben.

Das war früher anders: Da herrschte im damals noch unsanierten Freibad nicht immer echte Wohlfühlatmosphäre, Gäste sahen sich oft durch pöbelnde Horden Jugendlicher belästigt und sogar in ihrer Sicherheit bedroht. Bademeister Joe Waschbichler erinnert sich noch gut, wie er einmal selber zusammengeschlagen wurde. „Ich sah, wie ein Mann seine Tochter verprügelte, und ging dazwischen. Das würde ich heute auch noch machen, aber jetzt hätte ich Hilfe.“ Seit die Leute vom Sicherheitsdienst unterwegs sind, können sich Waschbichler und seine Kollegen auf ihre Aufgaben am Beckenrand konzentrieren. Wenn es im Wasser nur so wurlt vor Menschen so wie gestern, erfordert das schon alle Aufmerksamkeit.

Die Liegewiese hingegen ist das Revier der Sicherheitsleute wie Erkan Dikilitas. Wenn die bunten Badetücher fast Kante an Kante liegen, ähnelt der Kontrollgang fast einem Slalomlauf. Aufrechten Ganges schreitet der 25-Jährige durch die Menge, seine Augen wandern aufmerksam hin und her. Diesem Blick entgeht nichts – auch nicht, dass da gerade wieder ein paar Jugendliche mit einen Ball herumspielen. Prompt kullert der einer Besucherin knapp am Kopf vorbei. Dilikitas bückt sich, greift nach dem Ball und ermahnt einen jungen Burschen, der aufgesprungen ist, mit knappen Worten. „Das geht hier nicht.“ Ein strenger Blick – das war’s schon. „Wenn man denen etwas durchgehen lässt, dann hat man schon verloren. Dann spielen sie nur noch mit einem.“

Weiter geht es zum hinteren Bereich am Zaun, auf dessen anderer Seite der Künettegraben im Schatten dümpelt. „Hier verstecken sich gern Jugendlichen, um heimlich Alkohol zu trinken oder Drogen zu nehmen. Das war früher viel schlimmer als jetzt – weil wir da sind.“ Erst neulich jedoch hat Dikilitas ein paar Burschen erwischt, die Deospray schnüffelten. „Das ist gerade sehr in Mode. Denen nehm’ ich die Dosen weg und übergebe sie dem Bademeister. Wenn es Minderjährige sind, müssen wir auch die Polizei holen.“

Ein kurzer Blick in die Umkleidekabinen. Nichts los. Früher trieben sich hier manchmal Spanner oder Exhibitionisten in den Anlagen herum. Das war einmal. Erkan Dikilitas beendet seine Runde am Kassenhäuschen und nimmt einen tiefen Schluck aus der Wasserflasche. Ein paar Minuten im Schatten rasten, damit die Schweißperlen auf der Stirne trocknen und der Mann für den nächsten Rundgang wieder frisch und cool ausschaut.

Denn auch das gehört zum Geschäft. Immer wieder kommen junge Männer auf Erkan Dikilitas zu, sie kennen ihn, begrüßen mit Handschlag. Der Mann, der beim Onkel in der Kampfsportakademie Jeet San Do (übersetzt: die drei Wege der wahren Verteidigung) gelernt hat, genießt Respekt. Auch bei denen, die vielleicht manchmal Schwierigkeiten machen. „Die Leute haben begriffen. Es reicht schon, wenn sie uns sehen.“ Genauso sieht das auch Kathrin Ziegler von der städtischen Freizeitanlagen GmbH: „Es passiert kaum noch etwas im Freibad: Der Einsatz des Sicherheitsdienstes hat sich auf jeden Fall bewährt – zum Wohle unserer Badegäste.“

Nach sieben Stunden Fußstreife bei über 32 Grad im Schatten ist Erkan Dikilitas am Ende seiner Kräfte – selbst wenn es wieder ein ruhiger Tag war. „Ich bin so fertig, dass ich nicht mal Lust habe, ins Wasser zu springen.“ Aber er liebt seine Arbeit – ob im Freibad oder beim Eishockeyspiel: „Man ist immer unter Leuten und lernt auch ständig neue Menschen kennen. Das gefällt mir gut.“