"Die Jungs haben festgestellt, dass auch wir kicken können"

20.11.2020 | Stand 19.01.2021, 3:33 Uhr
  −Foto: Picasa

Christine Mirlach (42) aus Geroldshausen: "Ich stamme aus einer fußballverrückten Familie.

 

Mein Papa und mein Bruder haben mich schon als kleines Kind mit zum Fußball gezogen", sagt Christine Mirlach (geb. Schlicht). Die heute 42-jährige Geroldshausenerin spielte als junges Mädchen zunächst bei den Jungs mit, musste mit zwölf Jahren aber drei Jahre pausieren, "weil es ab diesem Alter damals noch verboten war, dass Mädchen und Jungs zusammenspielen. " Erst 1993, als das damalige Frauenteam des MTV Pfaffenhofen geschlossen zum SV Geroldshausen wechselte, schloss sich Mirlach erstmals einer Frauen-Mannschaft an. "Ich bin damals super aufgenommen worden, wir hatten einen tollen Teamgeist und auch eine gemischte Altersstruktur. Ich war mit 15 die Jüngste, unsere Torhüterin war aber zum Beispiel schon 39." Auch gewann Mirlach schnell den Eindruck, dass der Frauenfußball gut im Dorf angenommen wurde. Gelegentlich seien sie zwar von einem männlichen Kollegen belächelt worden und es habe auch mal die eine odere andere abfällige Bemerkung gegeben, "doch einige Jungs haben dann selbst mal zugeschaut und festgestellt, dass auch wir kicken können. "

Mirlachs Team hatte sogar mehr Zuschauer als die meisten anderen Vereine in der Region, darüber hätten die Gästeteams durchaus das ein oder andere Mal gestaunt. Zum positiven Image des Teams beigetragen habe auch die "Sport regional", die Zeitschrift berichtete wöchentlich über die wichtigsten Mannschaften des damaligen Fußballkreises Donau/Ilm. "Auch wir waren dort immer mit einer Seite vertreten, oft auch mit Bildern, das war schon was Tolles", sagt Mirlach.

Im Vergleich zur damaligen Zeit - Mirlach absolvierte ihr letztes Spiel für den SV im Mai 2003 - habe sich aber einiges geändert. "Der Spielstil heute ist anders. Früher ging es mehr über lange Bälle, heute wird mehr Wert auf das Passspiel gelegt. " Auch die Entwicklung des Damenfußballs sei etwas voran gekommen. "Als Deutschland 2011 die WM gewonnen hat, hat das kurzzeitig viel Schwung hineingebracht. Immerhin werden heute auch schon Bundesligaspiele, wie zuletzt zum Beispiel FC Bayern gegen VfL Wolfsburg, im Fernsehen gezeigt. " Trotzdem sei die Kluft zu den Männern immer noch extrem groß. "Ich kenne eine Spielerin, die für den FC Ingolstadt in der 2. Bundesliga spielt und trotzdem in die Arbeit gehen muss, um über die Runden zu kommen. "

enc