Ingolstadt
Die Große Dame der Schillerstraße

Die Lange Inga wirbt für einen Einkauf auf dem ehemaligen Schlachthof-Gelände

13.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:48 Uhr
vorm Donaucitycenter −Foto: Hammer, Cornelia, Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Unweit des Donau-City-Centers zieht eine schlanke Figur die Blicke auf sich. Fast sieht es so aus, als warte die Frau auf eine Verkehrslücke, um die dicht befahrene Schillerstraße überqueren zu können. Dazu bräuchte sie wohl gerade einmal zwei Schritte. Immerhin ist sie 8,5 Meter groß.

Allerdings denkt die Lange Inga, so heißt die Dame, nicht daran, die Straße zu überqueren. Sie sinniert über etwas anderes. „Ihr Einkauf war erfolgreich. Kurz hält sie inne und reflektiert das Erlebnis.“ So steht es in der Beschreibung der Figur, die sich an dieser Stelle seit 2005 Gedanken über ihr Konsumverhalten macht.

Errichtet wurde die Lange Inga zwei Wochen nach der Eröffnung des Donau-City-Centers, in dem vor allem Geschäfte, aber auch Praxen, Dienstleistungsbetriebe und die Redaktion von Radio IN untergebracht sind. „Es geht auch darum, einen Hingucker zu schaffen. Die Leute vielleicht ein bisschen neugierig zu machen, was da im Donau-City-Center passiert“, erklärt Petra Riechert von der Neuburger Immobilienholding VIB Vermögen. Schließlich hat das Areal rund um den ehemaligen Schlachthof mit dem Bau des Einkaufzentrums eine grundlegende Veränderung erfahren. Fast 100 Jahre lang sind nach 1897 auf dem Gelände zwischen Schiller- und Frühlingsstraße Tiere geschlachtet worden. Bis der Betrieb 1996 eingestellt wurde. Heute erinnern daran nur noch die beiden Ziegelbauten an der Frühlingsstraße, in denen einst die Verwaltung des Schlachthofs untergebracht war. Heute verlassen die Einkäufer zwischen den historischen Bauten hindurch den Parkplatz des Centers. Dort, wo früher die „Pferdeausspannstation“ war, befindet sich heute passenderweise die Zufahrt zum südlichen Parkhaus. An der Schillerstraße erinnert der markante Wasserturm noch an die einstige Nutzung. Er war Teil des Kühlungssystems im Schlachthof und ist noch heute ein markantes Wahrzeichen des Viertels. In seinem Schatten steht die Lange Inga. Die Figur ist eine künstlerische Auftragsarbeit, die für den Ansatz stehen soll, dass Konsum immer auch ein Erlebnis sein kann. „Nahversorgung darf nicht zum lästigen Primitivkauf verkommen. Gerade Produkte des täglichen Bedarfs sind mit einem sozial-kommunikativen Kleinerlebnis zu verbinden“, hieß es bei der Vorstellung der Figur im Jahr 2005. Dabei ist Inga durchaus als eine Werbefigur zu sehen. Mit künstlerischem Anspruch. „Kunst ist nicht nur Liebhaberei, die völlig losgelöst von finanziellen Aspekten das Herz der Kenner erfreut. Kunst ist heute auch ein Marketing-Instrument“, so die VIB.

Streng genommen ist Inga Schweizerin. Das italienisch-schweizerische Künstlerpaar Gabrielle Tundo und Andrea Corciulo aus St. Gallen hat sie nämlich erdacht. Eine mit Maschendraht überzogene Eisenkonstruktion gibt der Statue ihre Form. Schicht um Schicht wurde dann ein in Epoxid-Harz getränkter Glasfaserstoff aufgezogen. Am Schluss erhielt sie ein hellviolettes Kleid, blaue Haare und rote Schuhe. Die beiden Einkaufstaschen leuchten in Gelb.

So mancher Ingolstädter fremdelte anfangs ein bisschen mit Inga. Die gesamte Neubebauung des Schlachthofgeländes beschwor seinerzeit einige Diskussionen um Gestaltung und Farbgebung hervor. „Es kann sein, dass die Lange Inga nicht jedem gefällt, denn Kunst liegt immer im Auge des Betrachters und ist eine Geschmacksfrage. Eine Diskussion darum ist ja nicht verkehrt. Das hat auch etwas mit Toleranz zu tun. Es wäre schlimmer, wenn darüber gar nicht gesprochen würde“, findet Riechert.

Serie "Kunst am Bau"


Auch wenn Kunst am Bau für Kommunen in Deutschland nicht obligatorisch ist, gibt es auch in Ingolstadt zahlreiche gelungene Beispiele dafür. Sie setzen teilweise seit Jahrzehnten kulturelle Akzente im Stadtbild. Denn vor allem soll Kunst am Bau eine kulturelle Bereicherung des öffentlichen Raums sein.

Bekannt sind die Goldbilder von Heinrich Eichmann in und am Stadttheater, das Mosaik "Sommertag" von Werner Kapfer im neuen Sportbad oder das Steinboot von Ludwig Hauser in der sogenannten Schwinge an der Regensburger Straße. In einer losen Serie stellt der DK markante Beispiele für Kunst am Bau in Ingolstadt vor. Heute geht es um die Lange Inga vor dem Donau-City-Center.