Solnhofen
Die Geburt eines weltberühmten Archipels

Das Bürgermeister-Müller-Museum blickt auf "20 Jahre Fossillagerstätte Brunn" zurück – Jahresausstellung

03.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:38 Uhr

„Fossilien der Sonderklasse“, so Winfried Werner von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie, gibt es in der Jahresausstellung im Bürgermeister-Müller-Museum in Solnhofen zu sehen. - Foto: lkm

Solnhofen (lkm) Inselähnliche Gebilde formen marine Säulen einer von üppiger Vegetation und tierischer Vielfalt geprägten Lagunenlandschaft, unter Wasser verzaubern prächtige Korallenriffe: So sah die Region Brunn im Landkreis Regensburg vor 153 Millionen Jahren aus. Heute befindet sich dort die älteste Fossillagerstätte des erdmittelalterlichen Solnhofener Archipels.

Ihre Geschichte erzählt eine nun eröffnete Jahresausstellung im neuzeitlichen Solnhofen.

Für die Forscher dabei besonders reizvoll: Die in der Brunner Fundstätte ans Tageslicht gebrachten Fossilien geben Zeugnis von den evolutionären Vorstufen der urzeitlichen Fauna, wie sie aus Grabungen in den Solnhofener Plattenkalken bekannt ist. Denn im Raum des heutigen Solnhofen hat das Paradies erst später Einzug gehalten: vor 150 Millionen Jahren.

In einem Zeitraum von drei Millionen Jahren also sind die Lagunen des Jura buchstäblich von Ost nach West gewandert, wie es der Leiter des Bürgermeister-Müller-Museums Solnhofen, Martin Röper, bei der Vernissage erklärt. Das urzeitliche Geschehen bei Brunn wird deswegen als „Geburtsstunde des Archipels“ bezeichnet. Besagte evolutionäre Vorstufen hatten es dabei aber ganz schön in sich: wie zum Beispiel ein „Knochenschmelzschupper“, ein echter Killer unter den Meeresräubern mit einem Gebiss, das jedes Opfer schon im Maul zermalmte. Als Fossil ist er „extrem selten zu finden“, so Röper. In Brunn aber wurde ein solches entdeckt – natürlich ist es ein umschwärmtes Exponat in der Jahresausstellung. Dort wimmelt es nur so von echten Hinguckern. Darunter auch der Raubdinosaurier mit dem Arbeitstitel „Xaveropterus“, der im vergangenen Jahr für weltweite Schlagzeilen sorgte. Nicht zu vergessen ein äußerst gut erhaltener Quastenflosser, das „Fossil des Jahres“. Es erhielt bei der Eröffnung großes Lob aus berufenem Munde.

„Ein tolles Exemplar“, betonte Professor Adolf Seilacher, Träger des alternativen Nobelpreises von 1992 und der international bekannteste deutsche Paläontologe. Auch Winfried Werner, stellvertretender Direktor der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie, brachte aus München lobende Worte mit. Hier seien „Fossilien der Sonderklasse“ zu sehen, so der Fachmann. Die Funde spielten eine große Rolle bei der Erforschung der Geschichte des Lebens auf der Erde. Deswegen werde die Staatssammlung sich auch weiterhin „für die Fortführungen der Grabungen einsetzen“, gelobte der Experte.

„Eine sehr wichtige Aussage“, unterstrich Solnhofens Bürgermeister Manfred Schneider beim Empfang in der Sola-Halle diese Zusage der Unterstützung. Denn das Museum ist auf eine solche angewiesen, vor allem bei den anstehenden Projekten. Im kommenden Winter soll es umgestaltet werden und ab März 2013 nicht nur in neuem Glanz erstrahlen, sondern auch strukturell und konzeptionell ein neues Gewand erhalten. So kündigte es Schneider nun an.

Dazu zählen auch die ideelle Unterstützung und ehrenamtliches Engagement. Die Mitarbeiter des Museums legten dabei erstaunlichen Einsatzwillen an den Tag, wie zur Ausstellungseröffnung Thomas Herrscher, Vorsitzender des Fördervereins des Bürgermeister-Müller-Museums, erklärte. Eine der rührigsten Mitstreiterinnen ist dabei unzweifelhaft Monika Rothgaenger, langjährige wissenschaftliche Unterstützerin des Museums. Ihre Verdienste würdigte Martin Röper, diesmal in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins „Bildungs- und Dokumentationszentrum Ostbayerische Erdgeschichte“. Rothgaenger sei es zu Beginn der 1990er Jahre gewesen, die die Fossillagerstätte Brunn erst für die Wissenschaft entdeckt, „das fossile Vorkommen der zuständigen staatlichen Forstbehörde zum Zwecke der wissenschaftlichen Sicherung gemeldet“ und der Fundstätte damit zum internationalen Durchbruch verholfen habe.