Maria Beinberg
"Die Existenz der Christen im Nahen Osten steht auf dem Spiel"

Experte für Religionsfreiheit und Menschenrechte: Berthold Pelster war zu Gast beim Beinberger Gespräch

03.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:33 Uhr

Bertold Pelster (Mitte) ist aus München gekommen, um über das Thema Christenverfolgung. Pfarrer Michael Menzinger (l.) und Moderator Thomas Schwehr (r.) freuten sich über einen spannenden und nachdenklichen Vortrag. - Foto: Maria Beinberg

Maria Beinberg (oh) Die "Christenverfolgung weltweit" hat in den vergangenen Jahren eine besondere Dramatik erreicht. Im 32. Beinberger Gespräch wurden nun von Berthold Pelster, Referent und Experte für Fragen der Religionsfreiheit und Menschenrechte beim katholischen Hilfswerk Kirche in Not, Ursachen, Entwicklungen und Hintergründen erläutert.

Dabei machte Pelster deutlich, dass in Staaten wie China oder Nordkorea nicht nur Christen, sondern auch andere Religionsgemeinschaften zum Teil massiv unterdrückt würden. "In China geht die kommunistische Regierung rigoros gegen jede Bewegung und Gruppierung vor, die ihr Machtmonopol gefährden könnte", so Pelster. Im sozialistischen Nordkorea betreibe das diktatorische Regime einen ausgeprägten Personenkult um den Staatsgründer Kim Il-Sung und dessen Enkel und Machthaber Kim Jong-Un. "Der an diese Herrscherdynastie gebundene Personenkult ist sozusagen die einzig erlaubte Form von Religion in Nordkorea. Allen anderen - richtigen - Religionen werden brutal unterdrückt", erklärte Plster. Flüchtlinge aus Nordkorea berichteten von Straf- und Umerziehungslagern, in denen auch Tausende von Christen unter schlimmen Bedingungen Zwangsarbeit verrichten müssten. Während in den genannten Staaten die Staatsideologie ein klares Nein zu jeglicher Religion vorgebe, gebe es andere Länder, in denen ein klares Ja zur Religion gelte, aber nur zu einer ganz bestimmten Religion, oft auch nur zu einer ganz bestimmten Ausprägung einer Religion. Das habe mit religiös motivierten Ideologien zu tun.

"In Indien haben sich in den letzten Jahren hindu-nationalistische Vorstellungen immer stärker ausgebreitet", sagte Pelster. Es gebe politische Bewegungen, die aus Indien eine rein hinduistische Nation machen wollten. Die Indische Volkspartei, die solch ein hindu-nationalistisches Gedankengut vertrete, habe im Frühjahr 2014 die Parlamentswahlen gewonnen und stelle heute die Regierung des Landes. In diesem gesellschaftlichen Klima, erläuterte Pelster, komme es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen auf Christen und kirchliche Einrichtungen - manchmal auch mit Todesopfern. Ein Vormarsch intoleranter religiöser Ideologien sei seit etwa 30, 40 Jahren vor allem in Teilen der islamischen Welt zu beobachten.

"Geradezu verheerend sind dabei die Entwicklungen im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Umbrüchen im Nahen Osten, vor allem im Irak und in Syrien", so Pelster. Dort habe sich der sogenannte Islamische Staat (IS) ausbreiten können. Rein zahlenmäßig würden die Muslime selber weltweit am meisten unter dieser weit verbreiteten islamistischen Gewalt leiden - sie stellten schließlich die große Mehrheit der Bevölkerung in diesen Ländern dar. "Qualitativ aber bezahlen die Christen den höchsten Preis, denn ihre Existenz steht auf dem Spiel", zeigte sich Pelster überzeugt. Denn die Zahl der Christen, vor allem im Nahen Osten, sei durch Vertreibung und Flucht dramatisch geschrumpft, im Irak zum Beispiel innerhalb weniger Jahre um mehr als 80 Prozent.

Immerhin konnte Pelster einige Hoffnungszeichen setzen: Aus einigen Gebieten im Irak konnte der IS mit militärischen Mitteln inzwischen wieder vertrieben werden. Nun seien die ersten Christen bereit, in ihre angestammte Heimat zurückzukehren. Eine Hauptaufgabe von Kirche in Not sei es zurzeit, den Christen zu helfen, ihre zerstörten Häuser im Irak wieder instand zu setzen. Eine Bestandsaufnahme habe ein Kostenvolumen von geschätzten 250 Millionen US-Dollar ergeben. "Wenn aber jetzt nicht geholfen wird, besteht die Gefahr, dass auch die letzten irakischen Christen ihre Zukunft im Ausland suchen. Das wäre dann das Ende vieler christlicher Gemeinden im Irak, deren Wurzeln oft bis in die Zeit der Apostel zurückreichen", warnte Pelster. Wer mithelfen wolle, das Christentum im Nahen Osten vor dem Untergang zu bewahren, könne das über Hilfsorganisationen wie Kirche in Not tun, etwa über die Website www.spendenhut.de.

Thomas Schwehr, Moderator der Beinberger Gespräche, kündigte das nächste Beinberger Gespräch für Samstag, 16. September, an. Als Referent wird Pater Norbert Hofmann (Vatikan) zum Thema "Brauchen Christen Juden, um Christus zu verstehen" sprechen. Beginn ist um 19 Uhr mit der heiligen Messe in der Wallfahrtskirche. Das Beinberger Gespräch schließt sich an im Wallfahrtsstüberl.