Ingolstadt
Die ersten Roboter haben ausgedient

Abbau der SB-Terminals bei der Sparkasse: Der Zug zum Onlinebanking ist nicht mehr aufzuhalten

22.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr
Das Geschäftshaus Am Pulverl 3 ist von der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte erworben worden. Sie will hier im April ein Kompetenzcenter für den Ingolstädter Süden eröffnen. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Mit dem neuen Jahr müssen sich die Kunden der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt von den Serviceautomaten in den Niederlassungen des Instituts verabschieden. Sie werden aus Kostengründen abgebaut. Für Überweisungen bleiben dann nur noch der Weg zum Schalter oder das Onlinebanking.

"Die kommen weg? Wirklich?" Ein Mittvierziger, der eben an einem der Automaten im Vorraum der Sparkassenhauptstelle am Rathausplatz eine Überweisung auf den Weg gebracht hat, ist sichtlich überrascht, als ihn der DK auf den bevorstehenden Kahlschlag aufmerksam macht. Dass bereits rote Schilder an den Geräten auf ihr baldiges Ausscheiden aus dem Dienst hinweisen und dass das kommunale Institut vor Wochen sogar alle Kunden in einer Rundbriefaktion darauf aufmerksam gemacht hat, war dem Mann irgendwie entgangen. "Das ist noch so ein Schritt, das Bargeld abzuschaffen", sagt er noch - er glaubt offenbar an eine Verschwörung von Staat und Kreditwirtschaft. Das ist aber wohl doch ein wenig überzogen.

Immerhin aber zeugt die bevorstehende Veränderung an der Automatenfront von einem weiteren Paradigmenwechsel. Jahrelang wurde bei etlichen Geldhäusern - eben auch bei der Ingolstädter Sparkasse - in Maschinen investiert: Geldautomaten. Kontoauszugsdrucker. Überweisungsmonitore. In den Zentralen und größeren Filialen stehen ganze Batterien dieser elektronischen Hilfsmittel, die den persönlichen Kontakt mit dem Schalter- oder Kassenpersonal erübrigen.

Die Automaten haben mit Sicherheit dazu beigetragen, die Stellenpläne der Institute zu verschlanken. Allerdings kosten auch sie immer noch Geld - für Anschaffung, Betrieb und Wartung. Daher werden auch sie da und dort schon von noch kostengünstigeren Strukturen verdrängt. Seit das Onlinebanking aus den Kinderschuhen heraus ist, überlegen die Bankvorstände landauf, landab, wie sie ihre Kunden mehrheitlich auf diese Schiene bringen - oder alternativ für Schalterbesuche zur Kasse bitten können.

Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat diese Entwicklung zusätzlich befeuert. Wo Geldhäuser sich angesichts schwacher Zinseinnahmen immer schwerer tun, ihre Gewinnspannen auch nur halbwegs zu halten, wird zwangsläufig nach weiteren Einsparmöglichkeiten gesucht. Das Onlinebanking ist den Instituten inzwischen der liebste Weg, Kosten zu minimieren. Wo der Kunde daheim oder unterwegs am PC bzw. am Tablet oder am Handy alle beratungsfreien Geldgeschäfte selber abwickelt, fallen nur noch Kosten für Rechner, Programme und Strom an. Allenfalls muss die EDV-Abteilung etwas verstärkt werden.

Für den 20-jährigen Gaststudenten Thomas Thornley, der da gerade in der Sparkassenzentrale am Serviceautomaten hantiert hat, bedeutet die bevorstehende Umstellung im größten Kreditinstitut der Region denn auch keinen Beinbruch: Daheim in England läuft für ihn in Sachen Geld schon lange alles online, erklärt er. Da kann er sich in Deutschland bestimmt schnell umstellen.

Eine ältere Schanzerin, die mit einem ganzen Stoß Papiere an einem der Automaten gestanden und länger auf die Tasten gedrückt hat, sieht das ganz anders: Als Besitzerin mehrerer Mietshäuser, so sagt sie, hat sie häufig verschiedenste Buchungen vorzunehmen. Bislang hat sie sich die Arbeit am Automaten gemacht, künftig wird sie wohl ein für sie passendes kostenpflichtiges Kontomodell auswählen müssen. Das ärgert sie. Und Online? - "Kommt für mich nicht mehr infrage", sagt die Frau. An die Datenwelt will sie nicht mehr andocken.

In der Sparkasse selbst hat man angeblich keinen Sturm der Entrüstung vernommen, als vor einigen Wochen - zunächst über einen Bericht im DK, dann per Rundschreiben an die Kunden - die Umstellung auf neue Kontomodelle und die Abschaffung der Serviceautomaten publik wurde. Das sei recht ruhig abgegangen, heißt es offiziell. Unternehmenssprecher Jörg Tiedt verweist darauf, dass der Hauptgrund für den Rückbau ein vollendeter Gerätelebenszyklus sei: Die SB-Terminals seien einfach technisch bedingt am Ende ihrer Verwendungszeit angekommen, eine gänzliche Neubestückung angesichts rückläufiger Nutzerzahlen (gut die Hälfte der Kunden nutzt Onlinebanking) sei betriebswirtschaftlich unsinnig gewesen.

Man gehe davon aus, dass sich die Demontagen in den Niederlassungen über einige Wochen hinziehen werden. Da und dort werde in den betroffenen 30 Filialen (siehe Grafik) sicher auch noch kosmetisch etwas nachgebessert werden müssen - schließlich wolle man ja keine hässlichen Löcher in den Automatenreihen hinterlassen. Betroffen sind übrigens nur die Zweigstellen im Geschäftsbereich der früheren Sparkasse Ingolstadt, also im Stadtgebiet und in einigen Nachbargemeinden. Die Sparkasse Eichstätt, mit der man vor einem Jahr fusioniert hat, war ihrer Serviceautomaten bereits vor längerer Zeit überdrüssig geworden.

Andere Institute hatten den Weg der SB-Terminals erst gar nicht beschritten. Die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte etwa, zweites regionales Geldhaus mit einem ebenfalls großen Filialnetz, hatte nie solche Automaten angeboten und bei den Kunden offenbar auch nicht den großen Bedarf gesehen: Inzwischen betrage der Anteil der Onlinekunden des Hauses bereits 53 Prozent, erklärt Sprecher Michael Miehling. Er weiß, wie eigentlich alle Branchenkenner, dass sich binnen weniger Jahre das komplette beratungsfreie Bankgeschäft ins Internet verlagern wird. Dass sein Haus für ein neues Kundenzentrum im Ingolstädter Süden (siehe Kasten) bereits weniger Schalter als separate Büros für individuelle Beratung bei komplizierteren Geschäften einplant, ist bezeichnend.

Miehling ("Wir erleben gerade eine Übergangsphase") glaubt, dass sich die Automatenbestückung der Banken beizeiten auf die reine Geldauszahlung oder gegebenenfalls Einzahlungen an den EC-Geräten beschränken dürfte. Kontoauszüge, prognostiziert er, werden die Onlinekunden mehr und mehr in ihren elektronischen Postfächern sammeln und gegebenenfalls daheim ausdrucken. Dann fallen auch die Drucker in den Filialen weg. Und die Banken sparen sogar noch das Papier.

Raiffeisenbank: Aus drei mach eins

Ingolstadt (hl) Die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte schafft im Ingolstädter Bahnhofsviertel eine neue, größere Filiale, in der die drei bisherigen kleineren Niederlassungen an der Münchener Straße, in Unsernherrn und an der Berliner Straße in Haunwöhr aufgehen werden. Zum 3. April nächsten Jahres ist die Eröffnung eines sogenannten Kompetenzcenters nahe der Bahnhofskreuzung im Hause Am Pulverl 3 geplant.

Hier sollen laut Unternehmen alle Mitarbeiter aus den drei bisherigen Filialen im Süden zusammengefasst werden. Es gehe bei dem Projekt auch um die Schaffung mehrerer Beratungsbüros, da die Bank einen erhöhten Bedarf an spezieller Kundenbetreuung erkenne, hieß es auf Anfrage. Das einfache Buchungsgeschäft verlagere sich hingegen zunehmend ins Onlinebanking, erklärte Unternehmenssprecher Michael Miehling. Das neu zusammengesetzte Team des Kompetenzcenters solle aus etwa 15 Mitarbeitern bestehen.

In einem Kundenbrief spricht die Bank von einem geplanten neuen Geldautomaten beim Edeka-Markt an der Berliner Straße, um die unmittelbare Geldversorgung in Haunwöhr sicherzustellen. Einen weiteren Automaten gibt es bereits im Kaufland an der Münchener Straße.