Etting
Die Crux mit dem Karst

Neubauten in Etting und Schutz des Tiefenwassers: Einschränkungen verärgern so manchen Bauherrn

12.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:35 Uhr
Neubauprojekte in Etting - hier eine Großbaustelle beim Friedhof - sind inzwischen nur noch genehmigungsfähig, wenn die Bestimmungen der Wasserschutzzonenverordnung penibel eingehalten werden. Allerdings wird derzeit noch um eine Kompromissformel gerungen, die da und dort bei Erfüllung bestimmter Auflagen doch noch Unterkellerungen ermöglichen könnte. −Foto: Eberl

Etting - Bauen in Etting war bislang schon teuer - jetzt wird es an vielen Stellen im nördlichsten Ingolstädter Stadtteil auch noch kompliziert: Seit dem vergangenen Herbst schaut die Stadt bei Bodenaushub, der die Karstschicht ("Malmkarst") im Ettinger Untergrund bedroht, ganz genau hin.

 

Weil weite Teile des Ortes in der Wasserschutzzone III für den Tiefenbrunnen am Augraben liegen, wird die schon seit 2009 bestehende Verordnung zum Schutz des Tiefenwassers inzwischen bei Bauanträgen konsequent beachtet. Der Sachverhalt hat gute Chancen, in der Schlussphase des Kommunalwahlkampfes auch parteipolitisch instrumentalisiert zu werden.

Denn für Bauherren kann das im Einzelfall bedeuten, auf einen Keller und/oder auf eine Tiefgarage verzichten zu müssen - sehr zum Verdruss von Bauträgern, die teuer erworbene Grundstücke stets optimal ausnutzen wollen. Beim großen Ettinger Neubaugebiet "Steinbuckl", mit dessen Erschließung 2021 begonnen werden soll, hat das schon in der Konzeptionsphase zu deutlichen Einschränkungen geführt; für einige Flächen sind Keller und Tiefgaragen tabu. Schwierig ist und wird es aber auch überall dort im Ort, wo Neubauten auf schon zuvor bebauten Grundstücken oder Nachverdichtungen auf baureifen Freiflächen geplant sind.

Das städtische Umweltamt, dem als untere Wasserschutzbehörde neuerdings alle Bauanträge aus Etting vorgelegt werden, achtet darauf, dass bei Bodenaushub für Untergeschosse die in der Schutzzonenverordnung vorgeschriebene Mindeststärke der wasserundurchlässigen Schichten über dem Karstgestein von fünf Metern nicht unterschritten wird. Wer einen Keller haben will, muss sicher gehen, dass die Isolierschicht unter seinem Bauplatz stark genug ist. Die Erfahrung früherer Bauherren lehrt, dass das in Etting gar nicht so oft der Fall ist.

Weil die städtische Genehmigungspraxis über etliche Jahre moderater ausgefallen ist, sich nun aber recht penibel an den Satzungsvorgaben der Schutzzonenverordnung orientiert, birgt der Sachverhalt das Potenzial für Unzufriedenheit im Ort: Warum soll ein Bauwilliger heutzutage auf Wünsche verzichten, die sich sein Nachbar womöglich vor Jahr und Tag noch erfüllen konnte?

Einige betroffene Bauträger sind dem Vernehmen nach bereits in Harnisch. Gut möglich, dass ihr Protest nur wenige Wochen vor der Kommunalwahl im politischen Raum auf Resonanz stößt. Doch an einer gültigen Wasserschutzverordnung dürfte so schnell niemand vorbeikommen.

Einer, der die Brisanz des Themas früh erkannt hat, bislang aber auch keine Patentlösung liefern kann, ist Bürgermeister Albert Wittmann (CSU, kleines Foto). Als Ettinger hat er schnell von den Sorgen betroffener Bürger erfahren und in den vergangenen Wochen versucht, in Gesprächen mit Umweltamt, Wasserwirtschaftsamt und Kommunalbetrieben eine Kompromissformel zu finden.

 

Wittmanns Vorschlag, Bauherren auf fraglichen Grundstücken mit einer verbindlichen Erklärung zu einer wirksamen Versiegelung ihrer Flächen (besonders starke Grundplatte, wasserundurchlässiges Füllmaterial, Verzicht auf jegliche wassergefährdende Stoffe) zu verpflichten, ist jedenfalls bei den zuständigen Behörden nicht durchzusetzen gewesen. Weil sich die Dinge allmählich herumsprechen, sieht sich der Bürgermeister in anderen politischen Lagern zudem dem Verdacht ausgesetzt, kurz vor der Wahl in seinem Heimatort mit einer Sonderregelung für bauwillige Bürger besonders punkten zu wollen. Doch dieser Erfolg, so scheint es, ist ihm bislang nicht vergönnt.

Immerhin konnte sich Wittmann inzwischen der Unterstützung der Kommunalbetriebe versichern, was eine intensivere Beprobung des Ettinger Untergrunds auch im alten Siedlungsbereich angeht. Thomas Schwaiger, Chef des städtischen Ver- und Entsorgungsunternehmens, unterstreicht den Eigennutz der angekündigten verstärkten Bohrproben. Die Kommunalbetriebe, so Schwaiger, müssten ihre Tiefbaumaßnahmen rechtssicher auf Basis der gültigen Wasserschutzverordnung planen und durchführen. Nötigenfalls seien Schutzmaßnahmen (zum Beispiel durch doppelwandige Ummantelungen) zu ergreifen.

Als Nebeneffekt könnten Bohranalysen sicher auch Bauwilligen zur Verfügung gestellt werden, so der INKB-Chef. Das gelte übrigens nicht nur für Etting, sondern auch für jene Teile von Oberhaunstadt, die ebenfalls in der Schutzzone liegen.

Albert Wittmann ist es wichtig, bei einer vielleicht doch noch möglichen Einigung mit den Behörden zu einer Bestandssicherung für Ersatzbauten in bereits überbauten Bereichen zu gelangen. Wer einen Altbau durch ein neues Gebäude an derselben Stelle ersetze, dem müsse auch eine Unterkellerung im vorherigen Umfang möglich sein, so die Hoffnung des Bürgermeisters. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Der CSU-Mann hatte sich bislang vorgestellt, einen solchen Kompromiss in Kürze bei einer Sitzung des Ettinger Bezirksausschusses mit allen interessierten Bürgern erörtern zu können. Inzwischen scheint es aber auch gut möglich, dass die Crux mit dem Karst in der Endphase des Wahlkampfes als heißes Eisen parteipolitisch entdeckt und behandelt wird. Wer auch immer zu einer Infoveranstaltung einladen sollte - er könnte sich auf ein volles Haus einstellen.

DK

 

Bernd Heimerl