Ingolstadt (DK) Ingolstadt feierte wieder zwei Tage lang eine bunte Welt mit Musik, Folklore, Kunst und Kultur sowie vielen kulinarischen Leckerbissen aus den verschiedensten Winkeln der Erde. Am Samstagabend ging im Klenzepark das Fest der Kulturen im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Die Welt ist bunt" zu Ende. Es war wie immer ein rauschendes Fest.
Man stelle sich vor, man macht eine Weltreise, und die dauert - wie bei Jules Verne - nicht 80 Tage, sondern sie lässt sich bequem in, sagen wir der Symbolik halber, 80 Schritten zurücklegen. Ein paar mehr werden es sicherlich gewesen sein, auf dem Weg durch das Festgelände und über die Wiese an der Donaubühne. Dennoch sind selbst diese paar Schritte ein Klacks im Vergleich zu den vielen multikulturellen Eindrücken, die sich bei der "Reise" um (fast) die ganze Welt auf nur einem Platz einfangen lassen. Bis in den späten Samstagabend hinein wurde an den Ständen vieler Ingolstädter Kulturvereine ausgiebig gefeiert: Die Griechen tanzten ausgelassen Sirtaki, die Polen und Rumänen versprühten gute Laune beim geselligen Zusammensein, die Kroaten fielen sich in die Arme und sangen lautstark aus voller Kehle heimatliche Lieder in den nächtlichen Himmel. Wer es etwas beschaulicher mochte, der wurde etwa am Stand der Slowenen vorzüglich bewirtet. Dort konnten bei einem guten Glas Wein oder Bier die letzten Cevapcici des Abends unterm Zeltdach verzehrt werden. Dazu klirrten in fröhlichen Runden die Schnapsgläser beim sich Zuprosten.
Zu dem Zeitpunkt war das Lamm am Spieß, das der serbische Kulturverein traditionell am Festsamstag zubereitet, längst aufgegessen. "Das Fest ist sehr gut, und es wird jedes Jahr besser", hieß es am Stand der Serben. Auf den zu erwartenden Ansturm habe man sich auch heuer wieder gut vorbereitet, vor allem mit einem großzügigen Vorrat an Hackfleisch. Die hausgemachten Gerichte sind bei den Besuchern immer begehrt. Da ist es in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass die Grills am Abend plötzlich ratzeputz leergeräumt waren. Auf den Rosten und Feuerstellen brutzelten und köchelten noch andere Spezialitäten vom Balkan wohlduftend vor sich hin, darunter Paprikasch, ein deftiges Hühnerragout und das sogenannte Hochzeitskraut, das im Tontopf zubereitet wird. Was den Ansturm angeht, gab es am Samstagabend kaum mehr ein Halten. War es tagsüber noch möglich, gemütlich übers Fest zu schlendern, so ging es zu späterer Stunde doch bedeutend enger zu auf den Wegen durchs Gelände. Wer vom deftigen Essen eine Abwechslung benötigte, konnte sich am Stand des italienischen Kulturvereins mit aromatischem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen versorgen. Die Frauen und Männer vom Verein kredenzten dazu Volkslieder - live gesungen und auf der Gitarre begleitet. Folklore gab es auch auf der großen Bühne, wo die Tanzgruppen der Vereine Kostproben ihres Könnens in originaler Tracht abgaben.
Können anderer Art war am Stand des Konfuzius Institutes gefragt, das den Besuchern gestalterische Kunst aus China zeigte. Hier konnten sich Jung und Alt im Scherenschnitt und in der Kalligrafie versuchen. "Wir haben Schriftzeichen ausgesucht, die für Anfänger einfach zu malen sind und dennoch sinnvolle Botschaften fürs Leben vermitteln", sagte Jing Chen, Geschäftsführerin der Kultureinrichtung. Mit dabei waren Lena und ihre Mutter Andrea aus Ingolstadt. "Wenn man auf etwas bewusst verzichtet, bekommt man etwas anderes zurück" - so lautet frei übersetzt die Botschaft aus chinesischen Schriftzeichen, die Lena mit Hilfe von Dozentin Yan Both auf das feine Pergamentpapier übertrug. Anschließend ging es für die Familie auf ihrer "Weltreise" weiter zum Stand von Marokko. "Ich möchte mir noch ein Henna-Tattoo malen lassen", verriet Lena. Für Chen ist der Sinn des Festes offensichtlich: "Man kann durch Essen, Musik und Kunst der Kultur anderer Länder näherkommen und sich gegenseitig kennen lernen, das ist der schönste Zweck", sagte sie.
Integrationsbeauftragte Ingrid Gumplinger und ihr Team waren mit dem Stand des Migrationsrates vertreten. "Interesse am Stand ist vorhanden", sagte sie. Die Besucher erkundigten sich oft nach den Aufgaben des Migrationsrates und fragten, wie man Mitglied werden könne. Auf bunten Zetteln konnten sie notieren, was Integration für sie bedeute. Zu lesen gab es Gedanken wie "offen aufeinander zugehen", "sich auf Augenhöhe begegnen", "Respekt" und "in Frieden leben".
Michael Brandl
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